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Bildquelle: Ryan Van Etten (CC BY-SA 2.0 DEED)

Mit bitmagnet.io einen dezentralen Torrent-Indexer betreiben

Bitmagnet ist ein selbst gehosteter BitTorrent-Indexer, DHT-Crawler mit Suchmaschine mit Web-UI & GraphQL-API, die man lokal aufsetzen kann.

Das Projekt Bitmagnet könnte die Nutzung der BitTorrent-Technologie nachhaltig verändern. BitTorrent wird oft als dezentralisierte Filesharing-Technologie bezeichnet. Als Bram Cohen im Jahr 2002 die erste Version von BitTorrent veröffentlichte, löste er damit im Internet eine regelrechte Revolution aus. Damals war die Bandbreite eine knappe Ressource, die es unmöglich machte, große Dateien gleichzeitig mit Millionen von Menschen online zu teilen. BitTorrent gedieh nicht nur in dieser Umgebung, das Protokoll ist auch heute noch aktiv.

Das Maximum aus dem BitTorrent-Protokoll holen

Bei BitTorrent-Übertragungen übertragen die Teilnehmer die Dateien direkt untereinander. Im Gegensatz zum Usenet oder einem Share– oder Streaming-Hoster gibt es dabei keinen zentralen Speicherort. Mit aktualisierten Ergänzungen des Protokolls, wie der BitTorrent Distributed Hash Table (DHT), benötigen Torrent-Dateien auch keinen Tracker-Server mehr, weswegen sie heutzutage komplett dezentral arbeiten.

Bisher gelang es den Anwälten der Content-Industrie auch noch nicht, etwas gegen dieses Protokoll zu unternehmen. Doch zentral und für Rechtinhaber angreifbar sind und bleiben die BitTorrent-Indexer. Das ist die Website, von wo sich die Nutzer die Torrent-Dateien oder Magnet-Links herunterladen. Weil ohne ist kein Transfer möglich. Wenn es gelingen sollte, die zentralen Portale offline zu nehmen, gehen damit auch die von ihnen angebotenen .torrent-Dateien offline.

Im Laufe der Jahre haben Unbekannte mehrere „unzerstörbare“ Alternativen entwickelt. Dazu gehört die relativ neue Software Bitmagnet. Mit Bitmagnet kann jeder seinen eigenen privaten BitTorrent-Index betreiben, der sich auf DHT und das BEP51-Protokoll stützt. Es gibt noch andere Alternativen wie I2P, RetroShare oder Tribler, deren Übertragungsraten aber allesamt zu langsam sind. Außerdem mangelt es dort an deutschsprachigen Werken. Es auch noch die BitTorrent-Protokoll-Erweiterung (BEP51), die von „The 8472“ entwickelt wurde, die ebenfalls dazu beiträgt, zentrale Anlaufstellen abzuschaffen.

DHT
Wie funktioniert ein Distributed Hash Table?

BEP51 ermöglicht es, Infohashes über DHT zu entdecken und zu sammeln, ohne dass ein zentraler Tracker erforderlich ist. Diese Infohashes können in Magnet-Links umgewandelt werden. Und wenn sie mit relevanten Metadaten gepaart werden, ist es möglich, einen vollständigen BitTorrent-Index zu erstellen, der es mit den meisten zentralen Torrent-Sites aufnehmen kann.

Einige zentralisierte Torrent-Sites, wie BTDigg, haben genau das bereits getan. Mit dem richtigen Code kann jeder seinen eigenen personalisierten und privaten DHT-Crawler, Torrent-Index und eine Suchmaschine einrichten. Das Ganze hat sich aber bisher nicht durchsetzen können.

Bitmagnet: Ein privater dezentraler Torrent-Index

Bitmagnet ist ein relativ neues, selbst gehostetes Tool, das genau das tut. Die Software, die sich noch in einem frühen Entwicklungsstadium befindet, hat man erstmals vor ein paar Monaten öffentlich vorgestellt. „Das Projekt zielt darauf ab, die Abhängigkeit von öffentlichen Torrent-Websites zu verringern, die anfällig für Takedowns sind und die Nutzer mit Werbung und Malware konfrontieren„, erklärte Mike, der leitende Entwickler, den Kollegen von TorrentFreak.

Diejenigen, die wissen, wie man einen Docker-Container erstellt, können eine Instanz in wenigen Minuten zum Laufen bringen. Und für die Datenschutzbewussten unterstützt die Docker-Compose-Datei auf GitHub VPNs* via Gluetun. Sobald Bitmagnet läuft, beginnt es mit dem Sammeln von Torrent-Daten aus dem DHT, klassifiziert sauber, was es findet, und macht alles durch seine eigene Suchmaschine auffindbar. Trotzdem ist die Software nichts, was man mal eben nebenher installieren oder anwenden könnte. Ein wenig technisches Wissen ist auf jeden Fall notwendig.

Bitmagnet

Die Benutzeroberfläche von Bitmagnet

Die Dezentralisierung ist nur einer der genannten Vorteile. Der Entwickler war auch positiv überrascht von der schieren Menge an Inhalten, die durch Bitmagnet entdeckt und kategorisiert werden kann. Die Menge übersteigt bei weitem die Bibliotheken der meisten traditionellen Torrent-Websites. „Wenn man die Software einen Monat lang betreibt, erhält man einen persönlichen Index und eine Suchmaschine, die die populären Torrent-Websites in den Schatten stellt und viele Inhalte enthält, die oft nur auf schwer zugänglichen privaten Trackern zu finden sind“, erklärt Mike.

Nachdem die Software vier Monate lang in Betrieb war, hat der Entwickler jetzt mehr als 12 Millionen Torrents im Index. Andere Nutzer mit mehr Bandbreite und besseren Verbindungen haben jedoch schon viel mehr. Das bringt uns auch zu einem der Hauptnachteile: die fehlende Überprüfung der ganzen Einträge.

Falsche Inhalte, Malware und andere Probleme

Im Gegensatz zu gut moderierten Torrent-Websites fügt Bitmagnet fast jeden Torrent, den es findet, ungeprüft in seine Datenbank ein. Dazu gehören falsch gekennzeichnete Dateien, mit Malware verseuchte Veröffentlichungen und potenziell illegale Inhalte. Die Software versucht jedoch, den Missbrauch einzuschränken, indem sie die Metadaten für CSAM-Inhalte filtert. Solche Torrents, mit denen man Kindesmissbrauchsmaterial verbreiten könnte, löscht Bitmagnet automatisch.

Bitmagnet

Es ist geplant, die Kuratierung weiter zu verbessern, indem manuelle Einträge und Zusammenschlüsse unterstützt werden. Dies würde es Menschen mit ähnlichen Interessen ermöglichen, sich zu vernetzen und mehr wie eine vertrauenswürdige Gemeinschaft zu handeln. Dieses Feature ist jedoch noch in Arbeit.

Ein weiterer Nachteil ist, dass es abhängig von der Internetanbindung länger dauert, seltene Inhalte zu indizieren, da sie erst entdeckt werden müssen. Weit verbreitete Torrents verbreiten sich in der Regel schnell über DHT. Aber seltene Veröffentlichungen brauchen viel länger, um entdeckt zu werden. Außerdem kann es vorkommen, dass Nutzer auf tote oder unvollständige Torrents stoßen. Auch das kann Bitmagnet noch nicht für seine Nutzer überprüfen.

Bisher 25.000 Downloads von Bitmagnet

Obwohl Bitmagnet bisher nur als „Alpha“-Version verfügbar ist, stößt es auf großes Interesse. Das Docker-Image wurde fast 25.000 Mal heruntergeladen. Auch das Repository bei Github wurde bisher von mehr als 1.200 anderen Entwicklern mit einem Sternchen versehen.

Vorsicht ist geboten!

Niemans weiß, wie viele Personen eine Instanz betreiben oder wie sie sie nutzen. Bitmagnet ist für den Betrieb auf dem eigenen Computer und im eigenen Netzwerk gedacht, aber man kann es auch zu einer öffentlichen Suchmaschine machen. Letzteres wäre natürlich mit einigen rechtlichen Risiken verbunden. Sollte die Suchmaschine häufiger genutzt werden, trudelt sicher kurze Zeit später der erste Brief von einer der Anti-Piraterie-Gruppen oder beauftragten Anwälte ein.

Selbst wer die Software privat zum Herunterladen rechtmäßiger Inhalte nutzt, könnte eine Abmahnung erhalten. Durch das Crawlen des DHT agiert die Software wie ein regulärer Torrent-Client. Obwohl die Software keine Inhalte automatisch transferiert, könnten einige rudimentäre Anti-Piraterie-Tools bei dieser Aktivität fälschlicherweise anschlagen. Zwar ist noch nicht bekannt geworden, dass jemand Ärger bei der Nutzung von Bitmagnet erhalten hat. Dennoch rät man allen Anwendern zum VPN-Routing*, um allen Problemen systematisch aus dem Weg zu gehen.

Kreativwirtschaft ist dagegen machtlos

Alles in allem ist Bitmagnet ein interessantes Tool, das einige der ansonsten wenig genutzten Fähigkeiten von BitTorrent nutzt, die in den letzten Jahren immer seltener geworden sind. Die Idee hinter Bitmagnet ist ähnlich wie bei Magnetico, das erstmals 2017 auf den Markt kam. Obwohl es nicht mehr aktiv gepflegt zu werden scheint, ist es weiterhin auf GitHub verfügbar. In diesen Jahren haben wir keine Takedown-Notizen gesehen, die auf die Software abzielten.

Mike hofft, dass auch sein Projekt von Urheberrechtsklagen verschont bleibt. Der Entwickler sieht es einfach als ein inhaltsneutrales Tool. Es verhält sich ganz ähnlich wie ein Webbrowser. Es bleibt alleine den Nutzern überlassen, welche Inhalte sie damit suchen. Das können legale als auch illegale Inhalte sein.

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Bild nrkbeta – (CC BY-SA 2.0)

Bitmagnet kann niemand löschen. Selbst wenn das GitHub-Repository von einer unrechtmäßigen Takedown-Anfrage bedroht wäre, würde der Entwickler den Code einfach bei einem anderen Dienst hosten, der nicht so schnell auf DMCA-Anfragen reagiert. Wer mag, kann mit dem Entwickler via Discord in Kontakt treten.

Der Programmierer bittet alle Interessenten, ihm nach einem erfolgreichen Test eine positive Bewertung bei GitHub zu geben, um das Projekt bekannter zu machen. Von dort kann man Bitmagnet kostenlos beziehen. Englischsprachige Anleitungen für alle möglichen Fragestellungen gibt es hier.

Etwas Vergleichbares gab es übrigens schon einmal. Magnetico von Bora M. Alper hat bei Github über 3.000 Sterne und zahlreiche Forks eingeheimst, doch den Quellcode hat seit zwei Jahren niemand mehr angerührt. Schade.

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Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.