Buchmarkt 2021: Ein Umsatzplus und ein boomendes Online-Geschäft der Buchhandlungen weist die Buchmarkt-Bilanz vom Vorjahr auf.
Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels veröffentlichte aktuell die Buchmarkt-Bilanz vom Vorjahr bis zum ersten Halbjahr 2022. Der Corona-Krise begegnete man währenddessen mit „großem Einsatz, Innovationsgeist und Kund*innennähe“. Ansonsten bewege sich der Buchmarkt in „unruhigen Zeiten“, gekennezichnet durch „Pandemie, Papierkrise sowie Konsumflaute“. Neue Herausforderungen bestehen in „Beschaffungsengpässen, steigendem Kostendruck und der Auswirkungen des russischen Angriffs auf die Ukraine“. Diese Faktoren spiegeln sich indessen besonders in der Halbjahresbilanz 2022 wider.
Buchmarkt 2021: Umsatzplus und boomender Internetbuchhandel
Der Branchen-Gesamtumsatz stieg mit einem Gesamtumsatz von insgesamt 9,63 Milliarden Euro im Jahr 2021 um 3,5 Prozent. Der Umsatz vor Ort hingegen fiel um 3,6 Prozent gegenüber 2020 zurück. Mit 3,76 Milliarden Euro Umsatz und einem Anteil von 39,1 Prozent blieb der stationäre Buchhandel der größte Vertriebsweg für Bücher.
Ein dickes Umsatzplus verzeichnet auch der Internetbuchhandel. 2021 stieg hier der Umsatz um 16,2 Prozent, von 2,24 auf 2,61 Milliarden Euro. Der Umsatzanteil des Internetbuchhandels am Gesamtmarkt lag damit 2021 bei 27,1 Prozent. Im Jahr 2020 waren es hier noch lediglich 24,1 Prozent. Mit Blick auf den Publikumsmarkt (ohne Schul- und Fachbücher) erfuhr der Buchhandel vor Ort mit 43,7 Prozent Zuwachsrate beim Online-Geschäft den deutlichsten Anstieg. Damit lag die „Zuwachsrate bei den buchhändlerischen Webshops 2021 im Vergleich zum Vor-Corona-Niveau mehr als doppelt so hoch wie bei Amazon mit 18,4 Prozent“.
Belletristik verzeichnet größten Zuwachs
Im Vergleich zum Vorjahr punktet die Belletristik mit dem größten Zuwachs von 5,7 Prozent und bleibt mit einem Umsatzanteil von 31,9 Prozent auch die wichtigste Warengruppe. Aber auch die anderen Veröffentlichungen, außer den Reisebüchern mit einem Minus von 0,4 Prozent, liegen im Plus. Kinder- und Jugendbücher verzeichneten einen Zuwachs von 4,4 Prozent, Sachbücher legten um 3,0 Prozent zu und Ratgeber um 0,5 Prozent.
Kauf-Fokus liegt auf Bestsellern
Zwar gingen die Gesamtabsätze um 3,0 Prozent zurück, dafür verbuchte jedoch der Absatz der Top-Titel auf der Bestsellerliste einen deutlichen Anstieg. Demgemäß nahm der Absatz der Top-10-Titel um 23,6 Prozent zu. In der Belletristik waren es sogar fast 40 Prozent.
Hörbücher sind gefragter als E-Books
Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels hob in seiner Buchmarkt-Bilanz 2021 das besonders deutliche Wachstum des Hörbuch-Download-Marktes mit einem Plus von 20,4 Prozent hervor. Aber auch die Zahl der Abonnements, also Flatrate-Angebote für E-Books und Hörbücher, erzielten mit 24,1 Prozent ebenso einen großen Zuwachs. Der Umsatz der E-Book-Downloads am Publikumsmarkt stieg 2021 nur noch leicht um 3,2 Prozent an, ihr Umsatzanteil am Publikumsmarkt lag bei 5,7 Prozent (2020: +16,2 Prozent auf 5,8 Prozent).
Anzahl der Buchkäufer im Vorjahr rückläufig, Kaufintensität ansteigend
Im Jahr 2021 kauften ca. 27,0 Millionen Menschen Bücher. Damit sind das 5,1 Prozent weniger als noch im Vorjahr. Dafür gaben die Käufer aber mehr aus und griffen zudem zu mehr Titeln. Der deutlichste Anstieg ist bei 10- bis 19-Jährigen auszumachen. Zwischen 2019 und 2021 steigerten diese ihre Ausgaben um satte 26,9 Prozent. Die durchschnittliche Kaufintensität stieg zudem bei dieser Käufergruppe von im Schnitt 6,8 Büchern im Jahr 2019 auf 8,0 Bücher 2021.
Zahl der Verlags-Erstauflagen stark rückläufig
Die Zahl der Verlags-Erstauflagen gingen 2021 von 69.180 im Jahr 2020 auf nunmehr 63.992 Titel zurück. Dies entspricht einem Minus von 7,5 Prozent. Einen besonders starken Rückgang verzeichnen einige Wissenschaftsbereiche. Zudem sanken überdurchschnittlich die Kinder- und Jugendbücher mit einem Minus von 9,2 Prozent, weniger stark Belletristik-Titel mit einem Minus von 3,1 Prozent.
Buchmarkt im ersten Halbjahr 2022 mit Allzeittief im Juni 2022
Das erste Halbjahr 2022 ist geprägt von „Wirtschaftskrise, Kostensteigerungen und Papierengpass“. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels weist hier auf einen darauf zurückzuführenden Umsatzrückstand hin:
„Nach den ersten sechs Monaten beläuft sich der Umsatzrückstand im Buchhandel vor Ort auf 11,1 Prozent und über alle Absatzwege (u.a. inkl. Online-Handel) auf 3,0 Prozent gegenüber 2019, dem Jahr vor Ausbruch der Pandemie“.
Mit dem Minus von 11,1 Prozent zeigt sich der Rückstand im Sortimentsbuchhandel besonders deutlich. Zwar sieht das Ergebnis im Vergleich zum Halbjahr 2021 besser aus. Jedoch ist der Juni 2022 schon der zweite Monat infolge mit einem deutlichen Minus. Buchhandlungen in den Innenstädten sind weniger frequentiert, als noch in Vor-Corona-Zeiten. Unternehmen der Buchbranche registrieren „signifikante Preisanstiege bei Energie, Rohstoffen und Personal“. Gemäß Statistischem Bundesamt „sind die Druckkosten für Bücher im Mai 2022 um 21,1 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat gestiegen. Im Dezember 2021 waren es noch 3,8 Prozent. Der Preis für grafische Papiere und Pappen steigt ebenfalls und lag im Mai 2022 58,2 Prozent über dem Vorjahresmonat“.
Umsatzrückstand im Buchhandel im ersten Halbjahr 2022 auf ungünstige Rahmenbedingungen zurückzuführen
› In Bezug auf den Markt:
– Frequenz in den Innenstädten längst nicht auf Vor-Corona-Niveau (HDE: Kund*innen-Frequenz in Innenstädten im Mai 2022 in den Non-Food-Läden 20 Prozent unter dem VorCorona-Mai 2019)
– Verbraucherstimmung auf Tiefpunkt aufgrund des Ukraine-Kriegs und wirtschaftlich
unsicherer Lage, insb. Inflation (GfK: neues Allzeittief beim Konsumklima im Juni 2022)
› In Bezug auf die Herstellung:
– Signifikante Preisanstiege sowohl bei Energie, als auch bei Kraftstoffen, Rohstoffen sowie Personal
– Papier ist derzeit knapp, infolge kommt es zu Beschaffungsengpässen
– Kontinuierlich steigende Druckkosten für Bücher
– Steigende Papierpreise
Veränderungen im Konsumverhalten gehen zulasten der Buchmarkt-Vielfalt
Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins, weist auf positive Aspekte hin, zeigt aber auch Probleme auf:
„Die Buchbranche hat sich in der Corona-Krise bewährt. Buchhandlungen und Verlagen ist es dank hoher Resilienz, kreativer Lösungen und ausgeprägter Digitalkompetenz gelungen, Menschen für das Lesen zu begeistern und sie, auch dank stabiler Logistik, trotz langer Lockdowns mit Büchern zu versorgen. Es stimmt mich zuversichtlich, dass gerade bei jungen Leserinnen die Nachfrage nach Büchern groß war. […]
Die wachsenden Online-Umsätze der Buchhandlungen sind durch hohe Kosten für die logistische Abwicklung erkauft; das verringerte bei vielen die Erträge, was in einer ohnehin margenschwachen Branche stark ins Gewicht fällt. Menschen kauften zudem gezielter und griffen häufiger zu Bestsellern und bekannten Autorinnen. Die Inspiration, die Kund*innen auch neue, unbekannte Titel entdecken lässt, fehlte aufgrund monatelang geschlossener Buchhandlungen. Das ist beunruhigend für die große Vielfalt, die den deutschen Buchmarkt auszeichnet. In Zeiten knapper Budgets setzen auch Verlage eher auf ,sichere‘ Titel – das Abseitige, Mutige, Innovative kommt dann manchmal zu kurz. Die Wiederkehr von Präsenzveranstaltungen wie der Frankfurter Buchmesse ist für die Branche essenziell; sie steigern die öffentliche Aufmerksamkeit für Bücher und sind für die Geschäfte und Netzwerke in der Branche unersetzbar.“
Peter Kraus vom Cleff, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, bezieht sich auf konkret vorhandene Schwierigkeiten. Daher solle die Politik regulierend eingreifen:
„Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und seine Folgen erschüttern die Menschen und führen zu einer drastischen Verunsicherung und Konsumeinschränkung. Es zeichnet sich mehr und mehr ab, dass sich die allgemeine Kaufzurückhaltung auch im Buchhandel niederschlägt. Daneben setzen steigende Kosten und Beschaffungsengpässe etwa beim Papier Verlage und Buchhandlungen unter Druck. […]
Angesichts einer Wirtschaftskrise von diesem historischen Ausmaß ist die Politik gefragt, betroffene Branchen zu unterstützen. Für die Buchbranche wäre etwa die Reduzierung der Mehrwertsteuer für Bücher auf null Prozent bei vollem Vorsteuerabzug, wie sie durch die EU-Gesetzgebung jetzt möglich ist, eine große Hilfe. Um die Vielfalt auf dem Buchmarkt aufrechtzuerhalten, sind auch strukturelle Förderungen vonnöten. Darüber hinaus brauchen wir durchdachte und finanziell gut ausgestattete Programme für die Belebung der Innenstädte, wie sie etwa der Deutsche Kulturrat zusammen mit einer Verbändeallianz aktuell fordert. Als kulturelle Anziehungspunkte und Dritte Orte par excellence können Buchhandlungen bei der Revitalisierung der Stadtzentren eine wichtige Funktion übernehmen.“
„Die Zahlen zu den Anteilen und Umsatzveränderungen der Warengruppen sowie zur Absatzentwicklung 2021 und zur Umsatzentwicklung 2022 stammen aus dem Handelspanel von Media Control. Die Käuferinnenzahlen, die Daten zur Entwicklung der Online-Shops, E-Books und Hörbücher basieren auf dem GfK Consumer Panel MediaScope Buch“.
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