Junge Käufer kurbeln als "Wachstumstreiber" den Umsatz an. Sie bescheren dem Buchmarkt in Deutschland im Berichtszeitraum ein Umsatzplus.
Mit höheren Ausgaben für Bücher sorgt die junge Zielgruppe für ein Umsatzplus im vergangenen Jahr sowie im ersten Halbjahr 2024. Belletristik wird stark nachgefragt. Aber auch Kinder- und Jugendbücher erfreuen sich bei der jungen Altersgruppe mit vielen Käufen von Young- und New-Adult-Titeln eines starken Interesses. Ansonsten spricht die Buchbranche von „einer schwierigen Gesamtwirtschaftslage“ für den Buchmarkt in Deutschland.
Konkret erzielt der Buchmarkt in Deutschland ein Umsatzwachstum in 2023 von 2,8 Prozent. Im 1. Halbjahr 2024 stieg der Umsatz um 1,2 Prozent. Dennoch machen sich Konsumflaute, Inflation und anhaltend hohe Kosten bereits auch bei Verlagen und Buchhandel bemerkbar. Der von der Branche erwirtschaftete Gesamtumsatz für 2023 beträgt 9,71 Milliarden Euro (2022: 9,44 Milliarden Euro).
Online-Geschäft im Aufwind
Als größter Vertriebsweg für Bücher gilt immer noch der stationäre Buchhandel mit einem Umsatzanstieg im Vergleich zum Vorjahr von 2,6 Prozent auf 4,05 Milliarden Euro. Damit punktet der Sortimentsbuchhandel (ohne E-Commerce) mit einen Anteil von 41,8 Prozent am gesamten Branchenumsatz. Aber auch der Online-Buchhandel legte im Vergleich zum Vorjahr zu.
Beim Online-Geschäft mit Büchern entfällt ca. immer noch die Hälfte auf die Shops der stationären Buchhandlungen. Das Geschäft legte nach einem Rückgang in 2022 im Jahr 2023 wieder um 5,5 Prozent auf 2,40 Milliarden Euro zu. Der Internetbuchhandel konnte einen Umsatzanteil am Gesamtmarkt in 2023 von 24,8 Prozent erreichen.
Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels führt die positive Entwicklung der Online-Käufe von Büchern darauf zurück, dass das Geschäft im Fünfjahresvergleich immer noch „deutlich vom Anschub aus der Pandemie-Zeit“ profitiere. Demgemäß gelang es, im vergangenen Jahr online 29,5 Prozent mehr umzusetzen im Vergleich zu 2019. Im Sortimentsbuchhandel ging der Umsatz hingegen im selben Zeitraum um 5,5 Prozent zurück.
E-Book-Geschäft läuft stabil auf niedrigem Niveau
Das E-Book-Geschäft bewegt sich insgesamt gesehen auf stabilem, aber eher niedrigem Niveau. 3,0 Millionen Käufern erwirtschafteten im Jahr 2023 einen Umsatzanteil von 6,1 Prozent. 2022 waren es 6,0 Prozent bei gleicher Käuferzahl. Der Umsatz erholte sich nach leichten Rückgang im Vorjahr mit einem Umsatzplus von 5,2 Prozent.
Hörbuchmarkt boomt – CD-Käufe sind stark rückläufig
Ein großes Umsatzplus verzeichnet der Hörbuchmarkt im Fünf-Jahres-Zeitraum. Im Vergleich zu 2019 stiegen die Umsätze um satte 39,4 Prozent an. Von 2022 zu 2023 waren es 3,1 Prozent Umsatzwachstum. Konkret kauften 3,4 Millionen Menschen in 2023 digitale Hörbücher. Hingegen waren es in 2019 noch 1,8 Millionen Käufer.
Nur 9,8 Prozent des Audio-Umsatzes entfallen auf Hörbücher-CDs. 48,8 Prozent erzielen indes Downloads, 41,4 Prozent werden gestreamt. Bei Streaming sind seit 2019 die Umsätze am stärksten angewachsen, nämlich um 190,6 Prozent. Downloads legten im selben Zeitraum um 64,6 Prozent zu, Hörbuch-CDs haben 64,9 Prozent verloren.
Belletristik stärkstes Umsatzsegment für Buchmarkt in Deutschland
Mit 35,5 Prozent Umsatzanteil punktet die Belletristik als größtes Segment mit einem Umsatzzuwachs von 7,7 Prozent in 2023 im Vergleich zum Vorjahr. Als zweitstärksten Bereich führt der Börsenverein des Deutschen Buchhandels Kinder- und Jugendbücher an. Diese erzielten eine Umsatzsteigerung von 2,5 Prozent. Es folgen der Sektor Schule und Lernen mit jeweiligem Umsatzplus von 5,0 Prozent und das Sachbuch mit 2,7 Prozent.
Von 2019 bis 2023 erzielte die Belletristik mit einem Plus von 17,0 Prozent, gefolgt von Kinder- und Jugendbüchern mit +8,6 Prozent die größten Steigerungen. Darunter zählen auch die Young- und New-Adult-Titel, die sich bei der jungen Zielgruppe einer großen Nachfrage erfreuen. Bei Belletristik ist als einziger Warengruppe auch der Absatz gestiegen. Im Vergleich zu 2022 um 1,1 Prozent, zu 2019 um 2,9 Prozent.
Die Zahl der Buchkäufer war 2023 insgesamt rückläufig. Hier erwarben rund 25,0 Millionen Menschen Bücher. Das sind 2,8 Prozent weniger als im Vorjahr. Allein bei der jungen Zielgruppe zeigt sich ein Aufwärtstrend. Bei den 10- bis 15-Jährigen nimmt die Zahl der Käufer von 2022 auf 2023 um 3,9 Prozent zu. Aber auch schon die Vorjahre zeichnete sich die gleiche Entwicklung ab.
Bei der Zielgruppe bis 19 Jahren sind die Kauf-Zuwächse noch größer. Hier steigen „die Ausgaben innerhalb von fünf Jahren um 32 Prozent, bei den 13- bis 15-jährigen sogar um 65 Prozent und bei den 16- bis 19-jährigen um 77 Prozent“.
Social-Media-Kanäle geben Buch-Trends vor
Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels stellt fest, dass „rund ein Drittel der jungen Lesenden über Social-Media-Kanäle auf neue Bücher aufmerksam“ werden.
Zugleich deute sich eine Veränderung „bei der Lesesozialisation an: Während das Vorleseritual durch die Eltern oder Großeltern für 77 Prozent der heute 20- bis 29-jährigen Lesenden dazu beigetragen hat, sie fürs Lesen zu begeistern, sind es bei den heute 10- bis 15-jährigen Lesenden nur noch 67 Prozent. Parallel nimmt die Bedeutung des Lesens in der Schule für die Buchbegeisterung zu. Unter den heute 10- bis 15-Jährigen ist die Schule bei 70 Prozent ein Auslöser, unter den heute 20- bis 29-Jährigen war dies bei 60 Prozent der Fall“.
Die Zahl der Erstauflagen der Verlage nahmen von 64.278 (2022) auf 60.230 (2023) ab. Ebenso sank die Anzahl der Übersetzungen von 9.403 Titeln auf 8.760 Titel. Übersetzte Titel an allen Neuerscheinungen blieben mit einem Anteil von 14,5 Prozent in etwa auf Vorjahresniveau (2022: 14,6 Prozent).
Der Lizenzverkauf verbuchte 2022 einen deutlichen Rückgang mit -14,4 Prozent. Auch die Zahl der ins Ausland verkauften Buchrechte deutscher Verlage gingen mit -1,9 Prozent in 2023 weiter leicht auf 6.527 Verträge zurück. Diese Entwicklung sei der weltpolitische Lage geschuldet:
„Russland, an das 2019 noch 608 Lizenzen verkauft wurden, liegt 2023 nur noch bei 368. China ist zwar nach wie vor größter Abnehmer deutscher Buchrechte, die Zahl der verkauften Lizenzen nahm aber in den vergangenen fünf Jahren von 1.363 auf 754 ab. Einen deutlichen Anstieg verzeichnen hingegen Lizenzverkäufe in die Ukraine: von 91 im Jahr 2022 auf 317 im Jahr 2023. Im Mittelpunkt steht hier das Kinder- und Jugendbuch mit 256 Lizenzen.“
Buchmarkt in Deutschland – Halbjahresbilanz 2024
Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels berichtet:
„Nach den ersten sechs Monaten verzeichnet der Buchmarkt in den zentralen Vertriebswegen ein Umsatzplus von 1,2 Prozent gegenüber demselben Zeitraum 2023. Der Absatz liegt mit 1,6 Prozent im Rückstand, die von den Käufer*innen bezahlten Preise stiegen um 2,8 Prozent. Die Zuwächse in der Belletristik und bei den Kinder- und Jugendbüchern setzen sich auch im laufenden Jahr fort: Belletristische Titel erzielten im ersten Halbjahr 2024 4,2 Prozent, Kinder- und Jugendbücher 4,8 Prozent mehr Umsatz als im selben Zeitraum des Vorjahres.“
Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins, hebt einerseits die positiven Ansätze hervor. Allerdings sieht sie auch Nachholebedarf bezüglich einer Förderung der Lesekompetenz:
„Der Buchmarkt steht in wirtschaftlich schwierigen Zeiten im Ganzen gut da. Bücher sind nach wie vor relevant und gefragt – als Kompass in einer komplexen Welt, Grundlage für die eigene Meinungsbildung und als kreative Freizeitbeschäftigung. Während bislang eher die ältere Zielgruppe als die sichere Bank des Buchmarkts galt, beflügeln aktuell die jungen Leserinnen das Buchgeschäft. Auch angeregt durch Buchempfehlungen in Social Media wie #BookTok sind Bücher bei jungen Menschen hoch im Kurs. Buchhandlungen und Verlage stellen sich bei Programm, Sortimentsplanung und -präsentation auf die Bedürfnisse der jungen Leserinnen ein. Viele sind selbst auf Social Media aktiv und nutzen diese Kanäle.
Während ein Teil der jungen Menschen mehr liest, wächst der Anteil derer, die gar nicht erst den Zugang zu Büchern finden, weil sie nicht sinnentnehmend lesen können. Politik und Zivilgesellschaft müssen hier dringend gemeinsam nach Strategien suchen, um die Bildungssituation in Deutschland zu verbessern. Initiativen wie der KulturPass für 18-Jährige, den die Kulturstaatsministerin im vergangenen Jahr an den Start gebracht hat, haben sich als effektiv erwiesen. Bücher sind mit Abstand das beliebteste Angebot für die jungen Erwachsenen. Der KulturPass sollte trotz angespannter Haushaltslage unbedingt im kommenden Jahr erhalten bleiben und das Budget nach der Halbierung auf 100 Euro in diesem Jahr wieder auf 200 Euro aufgestockt werden.“
Peter Kraus vom Cleff, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, geht auch auf negative Aspekte ein. Zugleich weist er auf eine Gefährdung der Vielfalt auf dem Buchmarkt hin:
„Trotz der positiven Gesamtbilanz macht die allgemeine Wirtschaftslage Buchhandlungen, Verlagen und Branchenlogistik zu schaffen. Wie der gesamte Einzelhandel bemerkt auch der Buchhandel das schwächelnde Konsumklima. Die Absätze sind insgesamt rückläufig und weiterhin auch die Zahl der Käuferinnen. Nach wie vor kommen weniger Passantinnen in die Innenstädte und damit in die Läden als vor einigen Jahren. Eine gewisse Vorsicht sieht man auch in der Titelproduktion. Verlage planen angesichts nicht abreißender Krisen ihre Programme verhaltener.
Vom Young- und New-Adult-Boom profitieren nicht alle Verlage und Buchhandlungen gleichermaßen. Gerade die kleinen, unabhängigen Verlage mit ihren Programmen abseits des Mainstreams haben wirtschaftlich stark zu kämpfen. Sie benötigen dringend eine strukturelle Förderung, wie sie bereits im Koalitionsvertrag angedacht ist. Zudem beobachten wir, dass der Bürokratieaufwand durch Verordnungen und andere gesetzgeberische Eingriffe weiter zunimmt, was auch alle Unternehmen in unserer Branche vor große Herausforderungen stellt. Wie sollen Buchhandlungen und Verlage weiter ihre wichtige Rolle für Kultur und Gesellschaft übernehmen, wenn sie mit Nachweis- und Berichtspflichten, z.B. zu Lieferketten, Produktsicherheit und Verpackungswegen, blockiert werden? Darüber hinaus benötigen Bücher öffentliche Präsenz in den Medien, um in der großen Medienkonkurrenz nicht unterzugehen. Das kontinuierliche Verschwinden von Literatursendungen gerade im öffentlich-rechtlichen Rundfunk gefährdet die Sichtbarkeit der Vielfalt der Buchlandschaft. Unser dringender Appell an die Rundfunkverantwortlichen: Lassen Sie die Literatur bei den anstehenden Reformen nicht unter den Tisch fallen!“
Die Statistiken stammen aus dem Handelspanel von Media Control. Die Hörbuchentwicklung basiert auf dem Hörbuch Kompass von Media Control in Zusammenarbeit mit der Interessengruppe Hörbuch des Börsenvereins. Die Käuferzahlen (gesamter Publikumsmarkt und junge Zielgruppe sowie E-Books und digitale Hörbücher) sowie die Daten zur Marktentwicklung der E-Books gründen sich auf Umfragen von Consumer Panel Services GfK (MediaScope Buch). Alle anderen Zahlen beruhen auf Erhebungen und Berechnungen des Börsenvereins.
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