Wallstreet Market
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Bildquelle: AJEL

Wallstreet Market: Anklage gegen drei Tatverdächtige erhoben

Im April 2019 nahm die Polizei drei Deutsche fest, die durch Wallstreet Market Drogenhandel ermöglichten. Nun wurde Anklage erhoben.

Im April 2019 nahmen Beamte der Sondereinheit GSG 9 drei Deutsche fest, die auf dem Darknet-Marketplace Wallstreet Market Drogenhandel und andere illegale Aktivitäten in großem Stil organisierten. Aktuell erhob die Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft Anklage gegen die drei Verdächtigen.

Anklage gegen die Betreiber der weltweit zweitgrößten illegalen Darknet-Plattform Wallstreet Market

wallstreet marketDie Generalstaatsanwaltschaft hat beim Landgericht (LG) Frankfurt am Main Anklage gegen drei Verdächtige erhoben, die zusammenwirkend gemeinsam das Darknet-Portal Wallstreet Market betrieben haben sollen. Den drei Männern wird vorgeworfen, die Plattform zwischen März 2016 und April 2019 aufgebaut und betrieben zu haben. Zudem müssen sie sich wegen des Verdachts des bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verantworten. Gegen zwei von ihnen besteht außerdem der Verdacht der Untreue. Die Verdächtigen befinden sich derzeit auf freiem Fuß. Der Verfahrenstermin ist bisher noch nicht bekannt.

Wallstreet Market galt, nach dem Ausscheiden vom Dream Market, mit seinen über 5.400 Händlern, die mehr als 63.0000 illegale Waren bzw. Dienstleistungen, wie Drogen, ausgespähte Daten, gefälschte Dokumente und Malware, an ca. 1.150.000 Kunden verkauften, als der weltweit zweitgrößte Darknet-Marketplace. So war es denn auch für einen Brasilianer und die drei deutschen Betreiber, einem 33-Jährigen aus Bad Vilbel (Hessen), einem 23-Jährigen aus Kleve (Nordrhein-Westfalen) und einem 30-Jährigen aus dem Landkreis Esslingen (Baden-Württemberg), ein lukratives Geschäft.

Der Vater des 23-jährigen Klever Beschuldigten gab im vergangenen Jahr dazu an: „zusammen hätten die drei wohl 4,5 Millionen Euro an Verkaufsprovisionen kassiert. Zusätzlich, was noch nicht bestätigt sei, wären wohl 30 Millionen Dollar dazu gekommen.“ Am 23. und 24. April 2019 verhafteten Beamte der Sondereinheit GSG 9 die drei deutschen mutmaßlichen Betreiber des illegalen Portals.

Mai 2019 läutete das Ende des Wallstreet Markets ein

monitor.gif animMit dem Fall waren über 100 Beamte, darunter FBI, Interpol, niederländische Behörden und das BKA, betraut. Nach insgesamt zwei Jahren intensiver Ermittlungsarbeit erzielten sie schließlich einen Erfolg. Es war ihnen möglich, die Betreiber zu identifizieren und noch kurz vor deren geplanten Exit Scam dingfest zu machen. Die Server des Darknet-Marktes wurden beschlagnahmt. Den Wallstreet Market nahmen die Beamten im Mai 2019 vom Netz. Wallstreet Market war gehostet auf einem Server des als „Cyberbunker“ bekannt gewordenen ehemaligen Nato-Stützpunktes in Traben-Trarbach.

Aus zwei vom US-Justizministerium veröffentlichten Strafanträgen geht hervor, dass die Ermittler einerseits der Spur des Geldes folgten und andererseits Unachtsamkeiten aufspürten und von technischem Versagen profitierten. Bitcoin-Transaktionen wurden über Jahre hinweg nachverfolgt. Man konnte dadurch den Nachweis erbringen, dass die Betreiber von Wall Street Market auch vorher schon den 2016 geschlossenen Darknet-Marktplatz „German Plaza Market“ administrierten. Die drei Deutschen, die unter den Pseudonymen „TheOne“, „coder420“ und „Kronos“ agierten, zogen bis Mitte 2016 über 3.000 Bitcoin (damals etwa 1,2 Millionen Euro) von da ab und verwendeten sie teilweise zur Gründung ihrer neuen Darknet-Plattform, dem Wall Street Market.

Bitcoin-Zahlung, fehlerhaftes VPN und Honeypot führte die Ermittler auf die Spur der Verdächtigen

Screenshot Wallstreet Market

Der Fehler von „TheOne“ bestand darin, dass er mit den nachverfolgten Bitcoin ein Konto bei einer Gaming-Plattform bezahlte. Er hinterlegte dort seine reale E-Mail-Adresse mit seinem bürgerlichen Namen. Bei „coder420“ fiel streckenweise die VPN-Software aus, sodass man auch seine Identität ermitteln konnte. „Kronos“ kam man ebenfalls durch eine unzureichende VPN-Verbindung bei.

Der für die drei unterstützend tätig gewesene Brasilianer Med3lin war den Ermittlern bereits vorher bekannt. Er tappte in eine Honeypot-Falle, die die Beamten im Zuge der Schließung von Hansa Market aufgestellt hatten. Med3lin wollte nach dem Aus von AlphaBay bei Hansa Market tätig werden. Die Beamten baten ihn um eine Postanschrift, um ihm eine Art digitalen Sicherheitsschlüssel zu senden. Er schickte seine reale Wohnadresse an die Beamten.

Bei den anberaumten Wohnungsdurchsuchungen stellten die Ermittler im vergangenen Jahr Rechner sicher, über die die Plattform betrieben wurde. Zudem konfiszierten sie über 550 000 Euro in bar, digitale Währungen in sechsstelliger Höhe und teure Fahrzeuge. Desweiteren durchsuchte man Rechenzentren in Rheinland-Pfalz, den Niederlanden und Rumänien.

Betreiben einer Darknet-Plattform: Gesetzeslücke mit Paragraf 126a im Strafgesetzbuch geschlossen

Da in Deutschland der Betrieb eines Darknet Marketplaces damals wegen fehlender gesetzlicher Vorgaben noch nicht strafbar war, billigte der Bundesrat Mitte März 2019 einen neuen Gesetzentwurf. Diesen hat das Land Nordrhein-Westfalen eingebracht. Mit dem § 126a im Strafgesetzbuch soll ein neuer Straftatbestand der Computerkriminalität aufgenommen werden. Dieser stellt nun schon das Betreiben illegaler Marktplätze im Internet, und somit auch auch das “Zugänglichmachen” von illegalen Leistungen im Darknet, künftig unter Strafe. Quasi wäre bereits vor der Schwelle der Beihilfe schon das Betreiben einer Onlinehandelsplattform im Darknet eine strafbare Handlung, unter der Vorraussetzung, dass auch verbotene Aktivitäten damit gefördert werden. Dies wäre beispielsweise gegeben mit dem Anbieten von Betäubungsmitteln, Waffen oder Kinderpornografie.


Video: Dokumentation über den Cyberbunker & Wallstreet Market.

Somit müssten nach derzeitigem Stand „Kronos“, „coder420“ und „TheOne“ noch für Beihilfe zu den auf der Plattform getätigten Drogengeschäften verurteilt werden. Im Hinblick darauf lässt sich dieser Fall in etwa mit dem Urteil über den DiDW-Betreiber Lucky vergleichen. Er wurde im Dezember 2018 zu einer Strafe von sechs Jahren Gefängnis verurteilt.

In einem Interview kurz vor der Anklage, das ein Rechercheteam des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ und des Norddeutschen Rundfunks (NDR) durchführte, legte einer der drei Angeklagten dar:

″Der Unterschied ist, dass wir nicht selbst Drogen verkaufen. Wir haben die Plattform angeboten. Natürlich ist das auch nicht in Ordnung, ich will das nicht schönreden. Aber ich finde, das ist schon noch ein Unterschied. Es ist ja nicht so, dass wir mit Kokain oder Gras durch die Gegend gefahren sind. Ich hatte so was nie in der Hand.″

Tarnkappe.info

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.