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Unter dem Radar: Der satirische Monatsrückblick (Juni/2016)

Der satirische Monatsrückblick der Tarnkappe, diesmal unter anderem mit Game of Thrones, Hans-Georg Maaßen, Edward Snowden und den Panama Papers.

Der Juni erfreute uns in diesem Jahr weniger mit sonnigem Wetter und saftigen Erdbeeren als vielmehr mit sintflutartigen Regenfällen, Gewitter, Sturm und Hagel. Auch sonst lief in den letzten Wochen nicht alles nach Plan, und das nicht nur für David „Hochmut kommt vor dem Fall“ Cameron. Unser Monatsrückblick deckt einige der Pannen, Missgeschicke und unerwartet peinlichen Wendungen des Mittsommer-Monats auf.

Erigiert auf dem Eisenthron? Wichsen in Westeros? Nicht mit Pornhub!

Dumm gelaufen für die Fans deftiger Sex-Szenen mit und ohne Drachen: Pornhub wurde dazu verpflichtet, Sexszenen aus der beliebten HBO-Serie „Game of Thrones“ und sogar Parodien dieser aus Urheberrechts-Gründen zu löschen.

Game of Thrones, pornhub, glosseBöse Zungen behaupten ja schon lange, um das Fernseh-Erlebnis von Game of Thrones zu reproduzieren, müsse man lediglich eine beliebige Fantasy-Serie schauen und alle fünf Minuten unvermittelt für kurze Zeit auf einen Porno umschalten. Was läge da näher, als die beiden für eher Sparten-interessierte Zuschauer auch zu trennen.

Aber wie so oft machte das Urheberrecht der Kreativität einen Strich durch die Rechnung und so gibt es auf Pornhub mal wieder nur langweilige Standard-Kost, ganz ohne Drachen, Dolche und Twincest. Ob das jetzt tatsächlich Grund zur Enttäuschung ist, lassen wir aber mal dahin gestellt. Immerhin hat GoT es damit in den Monatsrückblick geschafft.

Der (coole) Spion, der aus dem Hirngespinst kam

Schlechte Laune hatte im Juni Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen. Aber nicht, weil ihm der Keller vollgelaufen war oder die Grillparty ins Wasser fiel. Nein, Maaßen war genervt, weil er vor dem NSAUntersuchungsausschuss über die Aktivitäten (und möglichen Verfehlungen) seiner Behörde aussagen sollte. Ist ja auch blöd, sowas. Da überwacht man so friedlich vor sich hin und ist kurz davor, sämtliche Mitmenschen vom fünfjährigen Mohammed über den netten Dönerverkäufer und jugendlichen Computerfreak bis hin zum etwas zu neugierigen Soziologen als mutmaßliche Terroristen einzustufen (dabei aber um sich schießende und bombenden Neonazis geflissentlich zu übersehen), und dann wird man so rüde dabei gestört wegen Kleinigkeiten wie Demokratie und Transparenz.

I'm so sick of the government reading but never liking my statusesMonatsrückblick Juni 2016

Maaßen machte aus seinem Unmut kein Geheimnis. Seitdem wissen wir: wenn die sieben Siegel der Apokalypse geöffnet werden, Dämonen die Erde bevölkern und extremistische Cybers uns alle versklaven, ist der NSA-Untersuchungsausschuss schuld. Musste ja mal gesagt werden.

Ebenfalls ein Ziel von Maaßens Rundumschlag: NSA-Whistleblower Edward Snowden. Der nämlich, so die Experten-Meinung des Chef-Schlapphuts, ist wahrscheinlich ein russischer Agent. Geschenkt, dass das in etwa die dümmste Geheimdienst-Aktion seit Tom Clancys „Das Kartell“ wäre – Maaßen ist von seiner Sache überzeugt. Alle Spione außer Mama. Musste ja mal gesagt werden.

Bevor sich jetzt jemand Sorgen um Edward Snowden macht: Der bewies wieder einmal, dass er nicht nur verdammt mutig und ein cleverer Alpha-Nerd ist, sondern auch in Diskussionen stets mehr austeilen kann, als er einsteckt. Auf Twitter spekulierte er kurzerhand darüber, ob Maaßen ein russischer Agent ist, und hatte dabei die Lacher auf seiner Seite. Nebenbei bewies er, dass er besser Deutsch kann als Maaßen Demokratie. Chapeau, Monsieur Snowden, Sie gewinnen das Internet! Für Maaßen bleiben dagegen nur Frust und eine Nebenrolle als garantiert kompetenter und unabhängiger Sachverständiger in der Tragikomödie um das neue Anti-Terror-Gesetz.

Panama Papers: Hauptsache, irgendwer sitzt im Knast

Die Panama Papers deckten Korruption, Lobbyismus und fragwürdige Geschäftspraktiken der Reichen und Mächtigen auf. Viele fragten sich damals bei der Veröffentlichung, ob diese Enthüllung wohl ein reines Strohfeuer sein würde, oder ob sie tatsächlich Konsequenzen haben würde. Nun können wir erfreut Vollzug melden: Es gab tatsächlich eine Festnahme und die Schweizer Behörden ermitteln fleißig.

logo-panama-papersDie schlechte Nachricht: bei dem Festgenommenen handelt es sich um den mutmaßlichen Whistleblower. Ihr hattet ja nicht ernsthaft angenommen, dass soziopathische Geschäftsleute und korrupte Politiker zur Rechenschaft gezogen werden, oder? Ich meine, wenigstens tun die Behörden was. Wir können doch froh sein, in einem Rechtsstaat zu leben, wo irgendwer für Verbrechen bestraft wird. Und sei es derjenige, der diese Verbrechen öffentlich macht.

Das hat schließlich schon bei Chelsea Manning hervorragend funktioniert – nicht unbedingt für die Allgemeinheit, aber die fragt ja auch keiner, und für Manning auch nicht, aber die fragt erst recht keiner. Die US-Regierung ist bestimmt ganz zufrieden. Und nach diesem Vorbild wird es wohl auch bei den Panama Papers laufen. Frei nach dem Motto: Wenn dir schon die Botschaft nicht passt, mach wenigstens eine große Show daraus, den Boten zu erschießen. Zumindest weiß dann jeder, dass du die größte Kanone hast. Glosse go!

Der Feind meines Feindes… ist manchmal ein Trottel

nothing_is_written_in_stone, MonatsrückblickIn der Kritik stand wieder einmal die Vorratsdatenspeicherung. Diesmal war es der Verband der Internet-Wirtschaft eco, der in deutlichen Worten die Überwachungsmaßnahme kritisierte. Das ist doch eigentlich keine Panne, sondern ein Grund zur Freude, werden jetzt viele Datenschützer denken. Allerdings steckt der Teufel wie so oft im Detail.

Eco stört sich nämlich keineswegs an der massenhaften, verdachtsunabhängigen Überwachung von Millionen Menschen. Allein die wirtschaftlichen Auswirkungen sind es, die den Verband beunruhigen. Nun, auch das wäre ja noch halbwegs legitim, immerhin ist das als Industrie-Vertreter ihre Aufgabe, und als Aktivistin oder Aktivist weiß man ja schon lange, dass es mitunter von Vorteil ist, mit Angriffen auf das heilige Kapital zu argumentieren und so auch die vermeintliche Gegenseite zu erreichen.

Allein, die Schlussfolgerungen von eco sind ebenso abenteuerlich wie gefährlich (eine Beschreibung, die zwar ein gutes Wochenende, aber meistens eine eher mäßige politische Entscheidung bedeutet). So kritisiert eco, dass die Regulierungsbehörde einen „unrealistisch hohen Sicherheitsstandard“ vorgebe. Das sei für kleine Provider schlichtweg nicht bezahlbar. Im Klartext: „Wenn ihr uns schon total überwachen müsst, speichert die Daten wenigstens etwas unsicherer, sonst wird’s zu teuer.“ Tausend Online-Kriminellen gefällt das. Wer solche Verbündeten hat, braucht keine Feinde mehr.

Die Vorhersage für den nächsten Monatsrückblick: Kühl, nass, die Deppenquote hält

Angesichts dieser vorzüglichen Pannenshow wage ich die Prognose, dass auch der Juli noch mit so manchen spektakulären Aktionen von Versagern, Verbohrten und Verwirrten aufwarten wird. Da helfen leider weder Gummistiefel noch Regenschirm, sondern nur eine gehörige Portion Humor. Damit uns allen dieser nicht ausgeht, gibt es natürlich auch demnächst an dieser Stelle wieder einen satirischen Monatsrückblick. Bis dahin macht es gut und sauft nicht ab!

Tarnkappe.info