Eine Flatrate, die sich auf ein Genre beschränkt ist, wäre für einzelne Musikgattungen und auch für E-Books eine Überlegung wert.
Ich möchte in diesem Beitrag noch auf eine Frage von LouisGriffin eingehen. Es ist die wichtigste Frage: Kann es einen E-Book-Markt geben, der für Verlage und ihre Autoren profitabel ist?
Dazu: E-Books und Musik haben wenig mit Filmen und Spielen gemein. Es sind zwei völlig verschiedene Bereiche. E-Books und Musik haben gemein, dass sie ohne große Kosten, ohne großen Aufwand in großer Breite produziert werden. Es wird sicherlich Ausnahmen geben, aber Filme und Games haben eine kleine Indie-Szene, weil ihre Produktion mit enormen Kosten und Aufwand verbunden ist. Beim E-Book und in der Musik haben wir sehr wenig bekannte und sehr viele unbekannte Künstler.
Musik & E-Books sind sich sehr ähnlich
Dies hält man den Verlagen oft in apokalyptischer Manier vor (was nicht zur Beruhigung der Nerven beiträgt). Dennoch ist es für die E-Books ein großer Vorteil, dass die Musik eine Entwicklung durchgemacht hat, die den E-Books ziemlich exakt bevorsteht. Wir haben die drei Stufen: physischer Datenträger – Download – Stream. Dann gibt es eine Verlags- und eine Indieszene. Wir können in Amerika und an den Musikflats beobachten, was den Verlagen in Europa bei den E-Books bevorsteht.
Warum tun wir das nicht?
Wir müssten dann feststellen, dass die schlimmsten Befürchtungen der Autoren wahr geworden sind. Ganz wenige Künstler verdienen viel, die große Masse verdient nichts. Die Musik konsumiert man endlos, aber nicht zum Leben ausreichend bezahlt. Wir stehen bei der Musik an einem Endpunkt: Die Musiker beklagen, dass sie trotz einer großen Zahl an Downloads ihre Musik aufgeben müssen. Damit stehen ganze Genres wie Jazz und Klassik vor dem Aus. Sie beklagen interessanterweise auch, dass ihre Sichtbarkeit verloren geht: Ein Johann Sebastian Bach ist eben kein Justin Bieber.
Nicht Streams entziehen Künstlern die Lebensgrundlage
Es sind die Flats. Dabei ist es egal, ob sie gestreamt werden oder nicht. Es ließen sich auch Flats vorstellen, die wie ein Abo funktionieren. Ein frei verfügbares Archiv von 50.000 Epubs wäre eine solche Flat, die nicht vom fremden Server gestreamt würde, sondern von der eigenen Platte käme. Nur mal als ein Beispiel aus dem virtuellen Leben, dass nicht Streams an allem schuld sind.
Wenn wir die Klassische Musik mit der Literatur vergleichen, dann haben wir zwei sehr ähnliche Genres. Es gibt zwar wenige Interessenten, diese sind aber bereit und in der Lage, deutlich mehr für ihr Vergnügen zu bezahlen als andere. Es läge also nahe, ihnen eine Flatrate anzubieten, die:
1) auf ein Genre beschränkt ist
2) ohne Spotify auftritt
3) um Durchlässigkeit bemüht ist.
In einem Forum des Dunkelgraubereichs sammelt man im Moment für die komplette Longlist 2014 – 20 Titel gebündelt, jeder einzelne völlig überteuert. Das Interesse – medial angefacht – ist sehr groß. Die Longlist zeigt illegal-exemplarisch, dass sich 20 Titel kompakt und per Flat besser anbieten lassen als 20 Titel einzeln portioniert. Im Prinzip funktioniert diese Longlist wie eine Flat im Kleinen.
E-Books als eine für alle Seiten attraktive ‘Genre’flat
Kommt hinzu, dass die Nutzer ihr Genre auch unterstützen wollen, weil ihnen dessen Schutzbedürftigkeit bewusst ist. Im Moment kostet die legale Longlist geschätzte € 400,00. Deshalb ist das Piratenangebot konkurrenzlos und findet breite moralische Unterstützung. Würde die Longlist € 19,90 kosten, dann würden viele Literaturfreunde nicht zögern, die Titel zu kaufen.
Meine Frau – eine ausgesprochene Vielleserin – will die ganze Longlist lesen. Sie will nicht jeden Titel zu Ende lesen, aber sie will aus der viel gelobten Auswahl ihre eigene Auswahl treffen. Wenn ich die Zeichen richtig deute, dann steht sie der Buchpiraterie punktuell kritisch gegenüber. Und selbstverständlich würde sie € 19,90 für ein solches Literaturangebot zahlen (fürchte ich).
Denkt euch ein Spotify für Literatur, für Sachbücher, für Fantasy – alles schön getrennt, jede Qualität für sich. Ein Markt für E-Books setzt modernes Marketing voraus, denn er fußt auf einer neuen Art zu lesen.
Tarnkappe.info