Emre Ates
Emre Ates
Bildquelle: ARDmediathek

Emre Ates aka BesureAtes zeigt interessante Einblicke beim WDR

In der neuen Doku-Reihe Money Maker des WDR geht es um den früheren Cyberkriminellen Emre Ates, der mit DB-Fahrkarten sehr viel verdient hat.

Wir hatten Emre Ates als Interviewpartner, als sein Hafttagebuch erschienen ist Weil er bei der Einrichtung eines Online-Dienstes damals seine E-Mail-Adresse inklusive seines echten Vor- und Zunamens angegeben hatte, konnte ihn die Polizei überführen. Das S in seinem Nachnamen wird übrigens wie SCH ausgesprochen.

Emre Ates: „Gier frisst Hirn“

Emre Ates erzählt ganz offen und selbstreflektiert beim WDR, wie er zu seiner Vergangenheit steht. „Gier frisst Hirn“ wird Emre gleich mehrfach zitiert. Es war wohl einfach zu simpel mit wenig Aufwand viel Geld in kurzer Zeit zu verdienen. Alles, was er brauchte, waren vertrauenswürdige geklaute Kreditkarten, ein Konto unter falschem Namen, ein verlassenes Haus für einen Briefkasten und eine Online-Mitfahrzentrale, über die er die Tickets der Deutschen Bahn zu Schleuderpreisen zum Kauf angeboten hat. Abgebucht hat man die Fahrkarten über die Kreditkarten der Opfer (Victims).


Emre Ates – Schnelles Geld mit der Bahn

Emre Ates

Trotz Razzia nicht aufgehört

Man führte bei ihm eine Hausdurchsuchung durch. Die Polizei nimmt alles an technischen Geräten mit. Trotzdem steigt er zusammen mit seinem Bruder noch intensiver ins Biz ein. Anfangs glaubten sie, das wäre nur bis zur Summe X, um sein Studium der Wirtschaftsinformatik zu finanzieren. Doch sie hörten nicht auf, bis man sie beim Auscashen in einer Bank-Filiale festnahm. Die Aktion der Polizei wird in Emres Hafttagebuch eindringlich beschrieben.

Über moralische Aspekte mag man nicht nachdenken

Der Übergang von der Benutzung einer Suchmaschine, der Registrierung in mehreren Fraud-Foren bis hin zu illegalen Umsätzen von bis zu mehreren 10.000 Euro, war schleichend. Und Hand auf’s Herz. Früher hat man sich über die Opfer auch ungerne Gedanken gemacht.

Ob ich und meinesgleichen vor 30 Jahren auf Kosten Dritter telefoniert oder Arbeitsplätze vernichtet haben, darüber hat man sich besser einfach keine Gedanken gemacht. Dabei gibt es dort wie in der Warez-Szene keinen schleichenden Übergang zur illegalen Handlung. Als ich damals mein erstes Spiel beim Großhändler besorgt und dann illegal unter meiner eigenen Gruppe in Umlauf gebracht habe, wusste ich, dass es jetzt kein zurück mehr gab. Doch wer will schon zurück, wenn man so etwas Aufregendes tut? Niemand.


Früheres Video-Interview von 26mintv

Wer hat den Längsten?

Ein anderer Anbieter.

Wir haben mit unseren Raubkopien damals nur Miese erwirtschaftet. Doch die digitalen Kriminellen können sich und ihr Leben damit finanzieren, wenn sie clever genug sind und genug Wissen angehäuft haben. Doch es gibt vielleicht mehr Parallelen, als man zunächst sieht. Damals wie heute geht’s darum, der Erste zu sein. Etwas Besonderes zu tun, sich hervorzuheben von der Masse. Und ja, irgendwie auch den Längsten zu haben. Nur fahren wir dafür keinen Porsche wie der Mann von der Straße, sondern beherrschten einige Male den Wettbewerb. Unser Crack war überall als erstes drin, wenn wir Glück hatten. Und um Konkurrenzkampf geht es im Fraud-Bereich auch.

Trotzdem wussten wir damals, was wir tun bzw. was wir damit angerichtet haben. Und die Kids von heute, die wissen das auch. Aber warum etwas abbrechen, was den Puls in die Höhe treibt. Was sonst kaum jemand versteht, weil es so außergewöhnlich ist?

Emre Ates hat nochmal ganz neu angefangen

Die Dokumentation über BesureAtes aka Emre Ates kommt auch im Untergrund recht gut an. Wie schon im Buch äußert er sich im Film sehr selbstkritisch. Und auch dieses hochnäsige Gehabe, was man von Mr. Shiny Flakes und anderen Ex-Tätern kennt, lässt er weg.

Emre Ates sei es vor allem darum gegangen, endlich die Anerkennung seines Vaters zu bekommen, die er sich so sehnlich gewünscht hat, erzählt er. Doch der wird ihn bei dem Lebenslauf sicher noch mehr ablehnen. Außerdem braucht man als Vater keinen Grund, um seinen Sohn zu lieben und zu akzeptieren, so wie er ist.

In der zweiten Folge der Dokumentation „Money Maker“ geht es um einen Online-Pokerspieler, der viel Geld beim Zocken verdient hat. Und im dritten Teil um einen Schweizer Millionär, der aufgrund des früheren Krypto-Hypes seinen Luxus in vollen Zügen ausleben kann.

Einzelne Kapitel vom Hafttagebuch, was im Selbstverlag aufgelegt wird, kann man kostenlos online hier nachlesen.

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.