Glosse, Tisch mit Papieren
Glosse, Tisch mit Papieren
Bildquelle: cottonbro

Glosse: kuriose Urteile, Schmuddelwitze und Raubbau an der Demokratie

Unser Monatsrückblick findet nun wieder mit unserer aktuellen Glosse statt. Diesmal wieder mit einem kuriosen Themenmix.

Nun ist es wieder so weit und die Glosse erscheint. Unser Monatsrückblick mit diversen kuriosen und wichtigen News, kurzgefasst und knackig wie immer.

Ein weiterer turbulenter Monat geht zuende und wir wollen ihn nochmal revue passieren lassen mit der aktuellen Ausgabe der Glosse.

Der Drachenlord vor Gericht

Lange erwartet und ursprünglich auf zwei Tage aufgeteilt war der Gerichtstermin vom Drachenlord aka Rainer Winkler. Der 32-Jährige musste sich bereits 2019 und im März 2021 vor Gericht wegen diverser Vergehen verantworten. Darunter auch gefährliche Körperverletzung und Beleidigung. Seit Jahren wird der nach eigenen Angaben hauptberufliche YouTuber von seinen sogenannten „Haidern“ (fränkisch-englisch für Hater) heimgesucht. Diese besuchen ihn regelmäßig und sorgen in dem kleinen Dörfchen Altschauerberg für reichlich Ärger. Nachdem der Drachenlord sie vor einigen Jahren dazu aufforderte, sich ihm zu stellen und er seine Adresse öffentlich in einem Video bekanntgab, ist er Ziel von Angriffen und Mobbing geworden. An seiner Situation ist er zwar selbst nicht unschuldig, wie er dazu behauptet, aber beide Seiten übertreiben regelmäßig, was in Gewalt- und Wutausbrüchen endet.

Unverständnis und Enttäuschung der Justiz

Für seine (meist auf Video aufgezeichneten) Taten musste er sich mehrfach vor Gericht verantworten und bekam zweimal eine Bewährungsstrafe, was an sich schon ungewöhnlich ist. Bei seinem aktuellsten Gerichtstermin kam er allerdings nicht mehr mit Bewährung davon und die Richterin verurteilte ihn zu zwei Jahren Gefängnis ohne Bewährung. Offenbar war der Richterin sein Treiben zuviel des guten; so bemängelte sie sein mangelndes Mitwirken bei seiner Bewährung. Auch zeigte sie sich enttäuscht, dass er nach der kurzen Zeit von März bis Oktober bereits wieder gewalttätig wurde trotz Bewährungsstrafe. Das Urteil wird als Zeichen gesehen, dass die Justiz genug von der Causa Drachenlord hat und ihn loswerden möchte. Aktuell legten sowohl die Staatsanwaltschaft als auch Winklers Verteidiger Berufung ein. Während die Staatsanwaltschaft eine höhere Strafe fordert, hofft die Verteidigung auf eine weitere Bewährungsstrafe. Allerdings dürfte Winklers Wunsch eher unwahrscheinlich in Erfüllung gehen, doch das wird die Zukunft zeigen.

Indes streamt der Drachenlord fröhlich weiter. Auf sein Urteil angesprochen, zeigt er sich zuversichtlich, dass er nicht ins Gefängnis muss. Sein Haus werde er an die Gemeinde verkaufen, diese bot ihm 70.000 € und wird das Anwesen vermutlich abreißen. Er selber wolle die Monate nach dem Hausverkauf als „Vagabund“ Deutschland bereisen, selbstverständlich in Absprache mit Richterin und Justiz. Die Realität hat ihn also noch nicht eingeholt.

Rentnerin als Filesharing-Missetäter?

Immer wieder gab es Urteile im Filesharing-Bereich, bei denen man nur den Kopf schütteln konnte. Dieses ist wieder so eins. Eine über 70 Jahre alte Frau, die Mutter eines Freifunkers ist, wurde zu über 2000 € Schadensersatz verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Dame, die wohlgemerkt keinen PC besitzt, über ihren Anschluss Filesharing betrieb. Hier wurde ihr ein von ihrem Sohn eingerichteter Freifunk-Knoten zum Verhängnis. Selber besäße sie keine Kenntnisse von Computern oder von Filesharing-Software und wisse auch nicht, wie diese funktionieren. Das Gericht ignorierte ihre Aussagen und wies darauf hin, dass sie als Beklagte eine sekundäre Darlegungslast habe. Sie müsse also, falls sie die Taten nicht selber begangen habe, benennen, wer dafür verantwortlich war. Könne sie das nicht, werde sie als Anschlussinhaberin dafür verantwortlich gemacht.

Der Gesetzgeber schaffte die Problematik mit der Novellierung des Telemediengesetzes 2017 eigentlich ab. Jedoch zeigen Urteile wie dieses, dass die Regelung immer wieder missbräuchlich ausgelegt und schlicht gegen die Interessen bzw. den Zweck der Novellierung geurteilt wird.

Facebook und das Metaverse

Facebook-Gründer Mark Zuckerberg gab unlängst bekannt, dass der Dachkonzern über Facebook, Instagram, WhatsApp etc. künftig Meta heißen wird. Damit werden sich auch Börsenkürzel von „FB“ zu „MVRS“ geändert, die VR-Brillen von Oculus werden zukünftig unter „Meta“ vertrieben, beispielsweise „Meta Quest“. Selbstverständlich reagierte das Netz mit Spott auf die Namensänderung. Während der meiste Unfug mit dem neuen Namen des Dachkonzerns getrieben wurde, blieb auch das Logo nicht verschont. Einige User merkten an, dass das Logo durchaus als Hoden betrachtet werden könne. Eine mögliche (und natürlich völlig realitätsferne) Fusion mit Amazon könnte einen stattlichen Penis hervorbringen, wenn man beide Logos kombiniert.

Metadata Mark Zuckerberg

Zuckerberg, selber Ziel von Spott, muss sich also wieder einiges anhören. Er selbst wird häufig als „Zuckerbot“ wegen seines glasigen Blicks und blasser Hautfarbe bezeichnet. Auch ein Echsenmensch soll er sein, oder doch ein Außerirdischer? Man weiß es nicht. Ein neuer Vergleich zeigt ihn neben der beliebten Figur „Data“ aus Star Trek, denn er sei die logische Fortführung der Figur, nämlich „Metadata“.

Amazon Meta

Online-Werbung als Datenleck Nummer eins

Dass Online-Werbung ein Graus ist, wissen wir nicht erst seit gestern. Evidenz von AV-Herstellern zeigen, dass die Werbung im Browser einer der Haupteinfallpunkte für Schadsoftware ist. Auch das ist bekannt. Wer etwas dagegen tun möchte, dem seien Plugins wie uBlock Origin, ScriptSafe und NoScript ans Herz gelegt. Auch pi-hole macht relativ zuverlässig Schluss mit Werbung aller Art. Eine neue Studie von Duncan McCann, Will Stronge und Phil Jones zeigt nun, dass die ungeliebte Werbung zudem ein massives Datenleck ist, gegen das unbedingt vorgegangen werden muss.

Die Autoren klären darüber auf, dass allein bereits ein Klick zu einer Website dafür ausreicht, um zwischen dem Klick und dem Laden der Seite zahlreiche sensible persönliche Informationen über die Person zu sammeln und zu verschicken. Adressaten sind hierbei die Werbetreibenden, bzw. deren Adtech-Partner, die in ihrem Namen arbeiten. Hinsichtlich der Informationen sind sie dann in der Lage, Angebotsanfragen zu erstellen. Diese wiederum schließen Hunderte von Datenpunkten mit ein, darunter auch sehr heikle Informationen. Beispielsweise können sie darauf hindeuten, ob „eine Person an Depressionen leidet, Eltern Kinder mit Behinderungen haben oder Unterstützung wegen Inzest oder Missbrauch benötigen“.

Die EU als Gefahr für die Online-Sicherheit

Befremdlich und gefährlich sind auch die neueren Bestrebungen der EU, den angeblichen Kampf gegen die Verbreitung von Kinderpornografie voranzutreiben. So wird seit längerer Zeit versucht, die E2E-Verschlüsselung (Ende-zu-Ende) aufzuweichen oder schlicht zu umgehen. Wie genau das funktionieren soll, da sind sich die EU-Abgeordneten der Arbeitsgruppe LIBE nicht einig. Jedoch sollen zukünftig, wenn es nach der EU gehen soll, Diensteanbieter wie beispielsweise E-Mail-Provider, soziale Netzwerke oder Messenger wie WhatsApp oder Telegram dazu verpflichtet werden, sämtliche Nachrichten und Inhalte automatisiert auf Kindesmissbrauch zu durchsuchen. Die Provider sollen die Ergebnisse, sollten sie strafrechtlich relevant sein, vollautomatisch an Strafverfolgungsbehörden melden.

Dass dieses Vorhaben äußerst gefährlich für sämtliche Internetnutzer ist, muss betont werden. Durch die (zwar nicht neuen, aber brandgefährlichen) Vorhaben würde die E2E-Verschlüsselung, wie sie beispielsweise bei WhatsApp und (teilweise) bei Telegram und anderen Messengern benutzt wird, illegal. Seit Juni diesen Jahres ist es privaten Anbietern erlaubt, ihre Inhalte auf Kinderpornos zu durchsuchen. Ab Dezember soll dies zur Pflicht werden. Die Folgen für Demokratie und Redefreiheit wären erheblich, denn private Kommunikation wäre über das Internet nicht mehr legal. Auch Journalisten, Rechtsanwälte oder Ärzte sind von dieser Regelung nicht ausgenommen.

Klarnamenspflicht durch NIS2-Richtlinie

Des Weiteren möchte die EU auch anonyme Websites abschaffen. Mit der neuen NIS2-Richtlinie soll eine Klarnamenspflicht für Domaininhaber eingeführt werden. Mit diesen Schritten würde die Sicherheit von Aktivisten und Whistleblowern bedroht und würde Domaininhaber unnötig Gefahren aussetzen. Einige Seitenbetreiber können davon ein Lied singen. Nicht nur Identitätsdiebstahl und anderer Datenklau ist problematisch, sondern auch tätliche Angriffe.

Kommentieren möchten offizielle Stellen der EU diese Vorhaben jedoch nicht – man fühlt sich nicht zuständig und die Dokumente seien ja intern, damit könne man den Inhalt nicht bestätigen oder darauf eingehen. Auch einzelne EU-Abgeordnete wollten sich dazu nicht äußern. Insgesamt zeigt die EU hier ein äußerst fragliches Demokratieverständnis.

Freedom of Speech, pr0gramm

Drogendealer aus Langeweile

Corona brachte den Menschen der westlichen Welt nicht nur viel Unglück, sondern für einen großen Teil auch erhebliche Langeweile. Dass diese sich nicht immer kreativ vertreiben lässt sondern mitunter auch Menschen in die Kriminalität treibt, zeigt dieser Fall. In Oberösterreich gelang es Ermittlern nach monatelanger Arbeit, einen Drogendealer-Ring auszuheben. Zehn Verhaftungen und acht Anzeigen waren die Folge. Gefragt nach den Gründen ihres Handelns antwortete man, dass sie zu Beginn der Coronazeit aus Langeweile gehandelt hätten. Mit der Zeit sei ihnen das Unrechtsbewusstsein verloren gegangen.

Verkauft haben sie ihre Waren von den heimischen Kinderzimmern aus. Die Eltern der Beschuldigten gaben größtenteils an, nichts von den Aktivitäten ihrer Kinder mitbekommen zu haben. Lediglich eine Mutter habe etwas bemerkt und versenkte kurzerhand die gefundenen Drogen in der Donau. Die Fische dürften sich darüber nicht besonders gefreut haben. Das gefundene Geld spendete sie eigenen Angaben nach an karitative Einrichtungen.

„Unter dem Radar“ – der Podcast von Tarnkappe.info

Unter dem Radar - der Podcast von Tarnkappe.info
In eigener Sache konnten wir Anfang Oktober vermelden, dass unser Podcast „Unter dem Radar“ premiert hat. In der ersten Folge sprechen Lars Sobiraj und Sunny über Online-Werbung und Tracking. Zudem sprechen die zwei über den Schutz der eigenen Privatsphäre im Internet. Wer also diesen äußerst hörenswerten Podcast anhören will, kann dies beispielsweise hier tun. Auch auf Spotify sind wir vertreten.
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