DiDW, Lucky, Gefängnis
DiDW, Lucky, Gefängnis

DiDW: Betreiber Lucky muss für sechs Jahre ins Gefängnis

DiDW: Das Landgericht Karlsruhe verurteilte den ehemaligen Betreiber Lucky wegen fahrlässiger Körperverletzung zu sechs Jahren Haft.

Forderte die Staatsanwaltschaft noch am Mittwoch neun Jahre und fünf Monate Haft für den Betreiber der Darknet-Plattform „Deutschland im Deep Web“ (DiDW), den 31-Jährigen Karlsruher Informatikstudent Alexander U., so blieb das Urteil vom Landgericht Karlsruhe mit einer Gefängnisstrafe von sechs Jahren doch deutlich darunter.

In seinem Forum wurde eine Waffe verkauft

Das Gericht befand, U. aka Lucky habe sich der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Körperverletzung schuldig gemacht. Die Staatsanwaltschaft Mannheim erhob Anklage gegen ihn beim Landgericht Karlsruhe u.a. wegen dem Verdacht der fahrlässigen Tötung in neun Fällen und der fahrlässigen Körperverletzung in fünf Fällen im Zusammenhang mit dem Amoklauf im Münchner Olympia-Einkaufszentrum im Juli 2016.

Unter dem Namen „luckyspax“ oder „Lucky“ trat Alexander U. als alleiniger Betreiber der größten, deutschsprachigen Darknet-Plattform „Deutschland im DeepWeb“ auf. Das Forum war seit März 2013 unter der URL germanyhusicaysx.onion des Tor-Netzwerkes erreichbar. DiDW stand primär für einen unkontrollierten Meinungsaustausch, aber sekundär eben auch für einen Handel mit illegalen Gütern. Das fand am 8. Juni 2017 mit der Verhaftung des Betreibers ein Ende, das Portal wurde für immer vom Netz genommen.

Lucky befand sich seit dem 09.08.2018 erneut wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft. Ihm wurde vorgeworfen, dass er in seinem Forum Tausende Geschäfte, angefangen von Waffenhandel, wie auch jenes mit dem Münchner Amokläufer, über Drogenhandel, Handel mit gestohlenen Kreditkartendaten und Falschgeld, ermöglicht haben soll. Zuletzt verfügte der Darknet-Marketplace, als eines der größten Underground-Economy-Foren im deutschsprachigen Raum, über 23.028 registrierte Besucher.

DiDW war auf maximale Abschottung ausgerichtet

DiDW Zwei Mauer Deutschland im DeepwebDie Staatsanwaltschaft ging bei dem Vorwurf der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Körperverletzung davon aus, “dass der Angeschuldigte hätte erkennen können und müssen, dass sich außerhalb des legalen, kontrollierten Waffenmarktes unzuverlässige und labile Personen eine Waffe verschaffen können und dass die Erwerber diese auch zur Tötung oder Verletzung von Menschen – wie in dem Münchner Amoklauf geschehen – nutzen könnte.”

Zudem sehen die Ermittler Alexander U. als „alleinigen Administrator“ von „Deutschland im Deep Web“, er habe die Plattform erstellt und „fortlaufend weiterentwickelt“, sie sei auf „größtmögliche Abschottung ausgerichtet“ gewesen. Des weiteren musste sich Lucky wegen dem Vorwurf der Beihilfe zu Verstößen gegen das Waffengesetz verantworten, zudem bezogen sich Anklagevorwürfe auf Beihilfe zum vorsätzlichen unerlaubten Handel mit einer Schusswaffe in 17 Fällen, zum vorsätzlichen unerlaubten Erwerb einer halbautomatischen Kurzwaffe in acht Fällen und zum vorsätzlichen unerlaubten Erwerb einer Schusswaffe in neun Fällen. Zur Last gelegt wurden ihm ferner 29 Beihilfehandlungen im Zusammenhang mit vorsätzlichem unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln sowie vier Fälle des Erwerbs von Betäubungsmitteln.

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Foto Kaur Kristjan @ Unsplash, thx! (CC0 1.0)

Urteil blieb unter den Forderungen der Staatsanwaltschaft

Das Gericht folgte mit einem wesentlich milderen Urteil den Forderungen der Staatsanwaltschaft nicht völlig. Laut Gericht machte sich Alexander U. nicht der Beihilfe an Drogengeschäften schuldig, sondern lediglich der „Werbung“ für Drogenschäfte. Zudem wertete das Gericht nur diejenigen Waffengeschäfte aus, bei denen der Nachweis auf Waffenhandel konkret erbracht wurde, wobei die Einträge im Forum ignoriert wurden, für die es keine solchen Beweise gab.

Für den Hauptanklagepunkt, der fahrlässigen Tötung in neun und Körperverletzung in fünf Fällen im Zusammenhang mit dem Amoklauf im Münchner Olympia-Einkaufszentrum, legte das Gericht vier Jahre Haft fest und blieb auch darin unter dem von der Staatsanwaltschaft gefordertem Strafmaß von 4 Jahren und 10 Monaten. Der Vorsitzende Richter Holger Radke begründete dies damit, dass die Strafe für den unmittelbaren Waffenlieferanten, dem Waffenhändler Philipp K., auf sieben Jahre festgesetzt wurde, wobei dessen unmittelbare Schuld für die Schüsse am Olympia Einkaufszentrum mit vier Jahren und acht Monaten bewertet wurden: „Wir meinen, dass die Schuld des direkten Verkäufers höher zu bewerten ist“, so Radke.

Fall nicht frei von Tragik

Abschließend zum Fall meinte Richter Holger Radke zu dem Angeklagten, der Fall wäre nicht frei von Tragik. Auf der einen Seite würden Männer mit dem Wissen von Alexander U. „händeringend gesucht“. Mit solchen Kenntnissen ließe sich so vieles Sinnvolle anstellen und vielleicht könne er das ja in der Zukunft auch noch nachholen. Andererseits sei es bedauerlich, dass er „so abgekommen“ sei. Gemäß der Aussage des Richters habe sich die Justiz bei dem Verfahren „auf juristischem Neuland“ bewegt. So wären die „Antworten mit Normen aus der Kaiserzeit“ längst überholt und für die neuzeitlichen Anforderungen völlig unzeitgemäß. Immer noch gibt es keinen eigenständigen Straftatbestand für Plattformbetreiber dieser Art. Dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig, eine Revision wurde zugelassen.

DiDW 2 schon wieder offline

DiDW ZweiZwar ist nun Lucky verurteilt, das Original-Forum DiDW vom Netz genommen, dafür gab es schon mit „DiDW 2“ eine Neuauflage. Einige von Luckys Moderatoren hatten zwischenzeitlich für Ersatz gesorgt. Sie beschlossen, die Lücke zu füllen, die mit der Schließung von DiDW entstanden war. Erst kürzlich führten wir mit mehreren Betreibern ein Community-Interview.

Doch auch „DiDW 2“ ist schon wieder offline. Wir hörten, dass sich mehrere Mitglieder des Teams momentan um eine eigene Alternative bemühen. Korrektur: Das neue Forum ist schon unter der Adresse erreichbar.

Foto von ulleo, thx! (CC0 1.0 PD)

Tarnkappe.info

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.