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Wallpart: Posterversand lockt mit 10 Millarden Motiven

Wallpart.com: Anstatt die Nutzer eigene Motive hochladen zu lassen, kann man dort einfach auf alle im Web verfügbaren Fotos und Grafiken zugreifen.

Wallpart.com: Anstatt die Nutzer eigene Motive hochladen zu lassen, kann man dort einfach auf alle im Web verfügbaren Werke zugreifen. Der Druck-Dienstleister verschickt die Poster weltweit mithilfe der Paketdienste DHL und China Post. Die Bezahlung wird mittels VISA, MasterCard und American Express abgewickelt. Die Konsumenten lockt man mit niedrigen Preisen. Die Fotografen und Künstler gehen dabei stets leer aus.

Im Internet gibt es wirklich nichts, was es nicht gibt. Die schräge Geschäftsidee dieses Poster Shops hat mittlerweile einige Menschen gegen sich aufgebracht. Bei der Online-Petitionsseite Change.org gibt es wegen Wallpart.com schon zwei unterschiedliche Petitionen. Dort beklagen unzählige digitale Künstler und Fotografen, dass man sie beim Prozedere übergangen hat. Ihre Werke wurden ohne Einholung einer Erlaubnis, ohne Information der Urheber und (wen wundert es noch!?) ohne jede Kompensation ausgedruckt und verschickt. Die vielen Unterschriften der beiden Petitionen bei Change.org haben bislang nichts bewegen können, sie werden wohl auch in Zukunft nichts an der Situation ändern.

Wie funktioniert Wallpart.com?

Ganz einfach. Wallpart greift auf das Material von Suchmaschinen zurück, wahrscheinlich auf das der Google Bildersuche. Als Nutzer sucht man sich nach Eingabe des Suchbegriffs einfach ein Bild aus dem Bestand von über 10 Milliarden Werken aus. Alles, was im Internet verfügbar ist, kann man bei Wallpart.com als Poster bestellen. Die Abbildungen wurden nicht auf gemeinfreie oder CC-lizenzierte Werke etc. eingeschränkt, womit der Shop auf einen Großteil der Motive und somit auf die Aufrechterhaltung des eigenen Geschäftsmodells verzichtet hätte. Da man die Erschaffer der Fotos oder Grafiken nicht am Umsatz beteiligt, kann der Poster-Vertrieb seinen Kunden günstige Festpreise anbieten. Die Konditionen sind lediglich von der Anschrift der Kunden und der Wahl des Paketdienstes abhängig.

In den Nutzungsbedingungen versuchen sich die Betreiber damit herauszureden, dass sie die Fotos nicht auf ihren eigenen Servern speichern. Den schwarzen Peter überlassen sie lieber Bing, Google oder Yahoo! Man helfe den Nutzern lediglich dabei, die Fotos zu finden, für die sie sich interessieren. In den Terms of Service heißt es weiter, die Suche finde ausschließlich im Browser des Surfers statt. Die Datenbestände kämen von außen, weswegen die Betreiber jede Verantwortung für die Nutzung ihres Shops ablehnen. Die Kunden seien diejenigen, die dem Dienstleister die Fotos für den gewünschten Druck übermitteln würden. Man muss kein Anwalt sein um erahnen zu können, dass diese Dienstleistung bei zehn Milliarden Fotos nichts mit einer Privatkopie zu tun haben kann. Damit wäre der Versand offensichtlich rechtswidrig und somit auch die Nutzung strafbar.

Bestellung von Postern strafbar?

Bislang wurde die Rechtslage noch nicht von einem deutschen Gericht geklärt, dafür ist der Anbieter Wallpart hierzulande noch zu unbekannt. Innerhalb der letzten Monate konnte das Online-Angebot monatlich immerhin 440.000 Seitenzugriffe generieren, noch im Mai dieses Jahres dümpelte die Webseite bei wenigen Tausend Page Impression herum. Fast 40 Prozent der Besucher stammen aus den USA, gefolgt von Frankreich, Spanien, UK und Kanada. Wer die Poster bestellt, könnte sich nach Meinung mehrerer Medienanwälte strafbar machen. Für den Mainzer Medienanwalt Tobias Röttger ist dies – ähnlich wie music.163.com – eine offensichtliche rechtswidrige Quelle. Wahrscheinlich bleibt dies aber wegen der fehlenden Möglichkeit, bei der Poster-Bestellung erwischt zu werden, eine theoretische Fragestellung. Der entscheidende Punkt ist nämlich, wie die Behörden an die Daten der Nutzer gelangen wollen. Diverse Beobachter ohne juristische Ausbildung werden sich zudem fragen, ob sich die Staatsanwälte überhaupt dafür interessieren würden.

Wovon sollen Grafikdesigner, Cartoonzeichner & Fotografen leben?

Die Möglichkeit auf der Webseite, die Verletzung von Urheberrechten laut DMCA zu melden, ist echt ein Witz. Da auf das Material von Suchmaschinen zugegriffen wird, hat man auf deren Angebot sowieso keinen Einfluss. Kris LaLonde aus Toledo (Ohio) beschwert sich, all seine negativen Kommentare, die er auf der Facebook-Seite von Wallpart gepostet hat, habe man gelöscht. Diese Webseite müsse man so schnell wie möglich dicht machen, findet er.

Bei Fstoppers wird im Kommentarbereich behauptet, dass über die Webseite von Wallpart Schadsoftware verbreitet wird. Einer der Fotografen stellt allerdings die treffende Frage, wer zum Teufel Ausdrucke in Posterqualität von Bildern in der oftmals geringen Webqualität haben will!? Man stelle sich den Ausdruck eines Posters auf Basis von 300 x 400 Pixeln vor, dafür möchte kein normaler Mensch auch noch Geld bezahlen, oder? Außerdem kann man problemlos offline den gleichen Ausdruck in jedem Geschäft in Auftrag geben. Der Mitarbeiter wird einem kaum die Frage stellen, ob man die Rechte am Motiv besitzt.

Update: Fünf Jahre später gibt es den illegalen Anbieter noch immer! Wallpart.com hat noch niemand beschlagnahmt oder geschlossen.

Tarnkappe.info

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.