Die Vorratsdatenspeicherung ist vorerst ausgesetzt: Die Bundesnetzagentur wird nicht auf einer Speicherung der Telekommunikationsfirmen bestehen.
Die Vorratsdatenspeicherung sollte eigentlich ab dem 01.07.2017 umgesetzt werden. Weil jedoch der Provider Spacenet mit einem Eilantrag dagegen Erfolg hatte, will die Bundesnetzagentur die Speicherpflicht vorerst aussetzen – bis die Richter im Hauptverfahren entscheiden.
Vorratsdatenspeicherung ist vorerst Geschichte
Das Gesetz sah vor, dass ab 01.07.2017 eine flächendeckende Vorratsdatenspeicherung betrieben wird. Damit sollte nachvollziehbar sein, welche Telefonanschlüsse miteinander verbunden waren, an welchem Tag und zu welcher Zeit, zudem sollte die IP-Adresse vermerkt werden: Kommunikationsunternehmen müssen massenhaft Daten für die deutschen Ermittler speichern und sie gegebenenfalls für Abfragen bereithalten. Standortdaten sollen dabei für vier Wochen aufbewahrt werden, andere Informationen für zehn Wochen.
Jedoch ist die Vorratsdatenspeicherung nun – kurz vor dem Stichtag – ausgesetzt. Fakt ist in dem Fall: Ab kommenden Sonnabend kann gespeichert werden, muss aber nicht. Die Niederlassung der Bundesnetzagentur in Mainz, die für die technische Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen zuständig ist, teilte mit, dass sie nicht darauf bestehen wird, dass ab Samstag alle Telefonfirmen und Provider Vorratsdaten auch wirklich speichern: „Bis dahin werden auch keine Bußgeldverfahren wegen einer nicht erfolgten Umsetzung gegen die verpflichteten Unternehmen eingeleitet.“, so die Bundesnetzagentur.
Behörde wartet Ausgang der Klage ab
Die Behörde reagierte damit auf einen wegweisenden Beschluss des Oberverwaltungsgerichts (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen aus der vergangenen Woche und will nun erst einmal abwarten, wie das Klageverfahren des Münchner Providers Spacenet vor Gericht in der Hauptsache ausgeht. Spacenet hatte im Frühjahr einen Eilantrag gestellt und das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster entschied daraufhin: Spacenet muss erst einmal nicht speichern. Nach Auffassung des OVG in Münster verstößt die deutsche Rechtslage nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom Dezember 2016 gegen europäische Datenschutzrichtlinien.
Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg urteilte im vergangenen Dezember: Eine Speicherung ohne jeden Anlass sei nicht zulässig. Es müsse vielmehr einen Grund geben, die Informationen über die Telefonate aufzubewahren, wie im Zusammenhang mit einer schweren Straftat. Da das deutsche Gesetz aber Speicherung ohne jeden Anlass verlangt, müsse Spacenet dem nicht folgen. Das heißt konkret, die Daten der Kunden des Münchner Providers sind von der neuen Speicherung ausgenommen.
Oberverwaltungsgericht Münster zweifelt Rechtmäßigkeit der VDS an
Nun zieht die Bundesnetzagentur nach, weil das Oberverwaltungsgericht Münster grundsätzliche Zweifel an der deutschen Vorratsdatenspeicherung hat und es darum nicht nur um den Einzelfall Spacenet geht, soll die Sache generell geklärt werden und das nicht nur in einem Eilverfahren, sondern in einem regulären Hauptsacheverfahren. Wann ein rechtskräftiges Urteil im Hauptsacheverfahren vorliegt, ist derzeit nicht abzusehen.
Sebastian von Bomhard, Gründer und Vorstand vom Provider Spacenet, äußerte: „Am Ende würden die Kunden die Kosten der Vorratsdatenspeicherung bezahlen. […] Für uns sind die Prozesse viel teurer als die eigentliche Hardware. Wir speichern nämlich unsere Daten bereits auf sicheren Servern und haben so viele Vorschriften sowieso schon erfüllt. Allerdings müssten wir mit der VDS unter anderem einen Juristen auf Bereitschaft bezahlen.“ Zudem müssten Mitarbeiter mehr Überstunden leisten. Das Geld wäre besser in neue Mitarbeiter für den Kundendienst investiert, so Bomhard weiter.
Der IT-Branchenverband eco begrüßte die Entscheidung der Bundesnetzagentur als „absolut konsequent“. Das OVG habe mit seinem Urteil den ersten Schritt in die richtige Richtung gemacht. „Jetzt aber brauchen wir endlich die Grundsatzentscheidung, um die Vorratsdatenspeicherung endgültig zu stoppen. Die Unternehmen brauchen endlich Rechtssicherheit, um nicht erneut ein europarechts- und verfassungswidriges Gesetz umsetzen zu müssen und damit beachtliche Gelder zu verschwenden“, sagte Oliver Süme, eco-Vorstand Politik und Recht. Nach Angaben der großen Mobilfunkprovider kostet die Infrastruktur für die Speicherung der Daten bis zu 15 Millionen Euro.
Kritik kam sogar von der CSU
Scharfe Kritik kam hingegen von der Union. Der CSU-Politiker Volker Ullrich twitterte: „Die Aussetzung der VDS durch die Bundesnetzagentur ist anmaßend. Ein solcher Schritt stünde nur dem Gesetzgeber selbst zu!“ Der Schritt sei „ist sachlich nicht geboten, verfassungsrechtlich bedenklich und innenpolitisch falsch!“
Tarnkappe.info