Holger Poppenhäger sieht in der vom Bundestag beschlossenen Ausweitung der Videoüberwachung keinen Freifahrtschein für mehr Kameras im öffentlichen Raum.
Auch in Thüringen soll es künftig unkomplizierter werden, Überwachungskameras einzusetzen. Thüringens Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) beruhigt: Es gäbe keine Generalerlaubnis. Die Datenschützer sind dennoch beunruhigt.
Nach Aussage von Thüringens Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) wird: „kein pauschales Mehr an Videoüberwachung erlaubt. Es bleibt bei einer Einzelfallentscheidung.» Der Minister sieht in der vom Bundestag beschlossenen Ausweitung der Videoüberwachung keinen Freifahrtschein für mehr Kameras im öffentlichen Raum: «Auf keinen Fall soll es mit dem neuen Gesetz eine Generalerlaubnis zum Einsatz von Kameras geben», gab Poppenhäger der Deutschen Presse-Agentur bekannt. Mit der Änderung verdeutliche der Bundesgesetzgeber lediglich, dass er der Sicherheit von Bürgern einen höheren Stellenwert als bislang einräume. Das sei zu begrüßen.
Bisher wurde dem Datenschutz nach Ansicht des Ministers «eine überragende Bedeutung» eingeräumt. Nur messe der Bund aktuell dem Schutz von Leben, Gesundheit und Freiheit «ein besonders wichtiges Interesse» zu. «Dieser Grundansatz des Gesetzes ist völlig richtig.» Thüringens Datenschutzbeauftragter Lutz Hasse befürchtet jedoch, dass das Sicherheitsinteresse künftig stärker als der Datenschutz ins Gewicht fallen könnte, wenn es beispielsweise darum geht, Überwachungskameras in Einkaufszentren oder Fußballstadien anzubringen.
Einer entsprechenden Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes muss der Bundesrat noch in zweiter Lesung zustimmen. «Ich gehe davon aus, dass das Gesetz so kommen wird», sagte Poppenhäger. Obwohl auch in Zukunft noch Anlagen zur Videoüberwachung bei den Landesbeauftragten für den Datenschutz angezeigt werden müssen und deren rechtmäßiger Einsatz dann von ihnen ordnungsgemäß überprüft wird, räumte der Minister dennoch ein, dass es künftig einfacher sein werde, die Videoüberwachung auszuweiten. Allerdings sei er: „kein Verfechter von flächendeckender Videoüberwachung.»
Nach eigenen Angaben führte der Innenminister bereits Gespräche mit dem Gemeinde- und Städtebund und der Industrie- und Handelskammer. «Sie wollen nun prüfen, welche Objekte für eine erweiterte Videoüberwachung geeignet sind», berichtete Poppenhäger. Laut dem Datenschutzbeauftragten Lutz Hasse soll es künftig möglich sein, dass in Einkaufszentren auch auf den Fluren Kameras angebracht werden und nicht nur in den Geschäften. Die Neuregelung sieht ebenso eine Ausweitung in Bussen und Bahnen vor.
Hasse fordert deshalb, dass es in Zügen und Linienbussen «videofreie Zonen» gibt. Dort könnten sich Menschen aufhalten, die nicht gefilmt werden wollten. «Man sollte nicht überall videoüberwacht werden.» Um dem Sicherheitsbedürfnis der Fahrgäste dennoch gerecht zu werden, könnte etwa mehr Zugpersonal eingesetzt werden, schlug Hasse vor. In der Vergangenheit äußerte sich Hasse mehrfach skeptisch, dass mehr Kameras in der Öffentlichkeit Terroristen abschrecken könnten und forderte eine Studie darüber, ob die Zahl der Straftaten zurückgeht, wenn Plätze oder Einrichtungen überwacht werden. Dazu wolle er sich nun auch mit der Polizei in Verbindung setzen, kündigte Hasse an. «Bislang habe ich solche Daten nicht.»
Bildquelle: Photo-Mix, thx! (CC0 Public Domain)