Datenschützer haben große Bedenken gegen den flächendeckenden Einsatz von Software zur Gesichtserkennung in Bahnhöfen. Erste Tests laufen an.
Zwar haben deutsche Datenschützer große Bedenken gegen einen flächendeckenden Einsatz von Software zur Gesichtserkennung in den Bahnhöfen. Erste Tests jedoch haben sie schon akzeptiert.
Grünes Licht für Gesichtserkennung in Berlin
Vorraussichtlich im Herbst beginnt am Bahnhof Südkreuz in Berlin ein Test mit modernster Videotechnik. In einem Pilotversuch sollen dabei zwei Techniken erprobt werden, zum einen die automatische Gesichtserkennung sowie eine automatische Alarmierung bei Gefährdungssituationen. Das Südkreuz war für den bundesweiten Test ausgewählt worden, weil die 2006 eröffnete Station modern und mit 100 000 Fahrgästen am Tag nicht zu sehr frequentiert wird. Beteiligt an dem Probelauf sind Bahn, Bundespolizei, Innenministerium und Bundeskriminalamt. Der Test soll bis zu sechs Monate dauern. Die Behörden wollen mit diesem Probelauf die technischen Möglichkeiten unter realen Bedingungen auszuloten.
Ende März haben sich die Datenschützer von Bund und Ländern kritisch geäußert. Sie hielten den Einsatz biometrischer Gesichtserkennungssoftware in Überwachungskameras für rechtswidrig. Zudem würde er einen schweren Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung bedeuten. Weiter hieß es: „Der Einsatz von Videokameras mit biometrischer Gesichtserkennung kann die Freiheit, sich in der Öffentlichkeit anonym zu bewegen, gänzlich zerstören“. Außerdem bestehe das Risiko der falschen Identifizierung.
Erheblicher Grundrechtseingriff
Nun hat sich die dafür zuständige Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff zu dem geplanten Test geäußert: Das Projekt sei „für sich genommen noch nicht als schwerwiegender Eingriff zu sehen“. Das ändere allerdings nichts an „grundsätzlichen Bedenken“ gegen diese Technik. „Sollten derartige Systeme später einmal in den Echtbetrieb gehen, wäre dies ein erheblicher Grundrechtseingriff“, meinte Andrea Voßhoff auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa.
Ein Datenschutzkonzept sieht bei dem Test einige Einschränkungen vor. Ein Datenabgleich der Gesichtserkennung werde „zunächst nur mit einer begrenzten Zahl von Personen durchgeführt, die sich als Testpersonen freiwillig zur Verfügung gestellt haben“, sagte Voßhoff. Laut BMI sollen Menschen geworben werden, die bereit sind, dass Fotos von ihnen in einer Datenbank zum Abgleich hinterlegt werden. Für Bahnreisende sind laut Angaben „leichte Ausweichmöglichkeiten“ vorgesehen. Zudem gebe es „umfassende Hinweise auf den Test“ und „umfassende Löschpflichten“.
DB plant Ausbau der Anlagen
Die Deutsche Bahn baut nach eigenen Angaben in Zusammenarbeit mit dem BMI und der Bundespolizei ihre Videoanlagen „kontinuierlich aus“. So überwachen rund 6.000 Kameras bundesweit bereits mehr als 80 Prozent der Fahrgäste in den Bahnhöfen. Die Bundespolizei hat nach Regierungsangaben Zugriff auf 6.400 Überwachungskameras der Bahn. Allein am Bahnhof Südkreuz sollen 80 Kameras mit Gesichtserkennung installiert sein. Auch die Berliner S-Bahn hat gerade erst ein Millionen-Programm zum Ausbau der Videoüberwachung angekündigt. Vorgesehen sind unter anderem 360-Grad-Kameras in neuen Zügen.
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