Corsight will mit KI-basierter Gesichtserkennung gegen Sweethearting, einer Form von Ladendiebstahl im Einzelhandel, vorgehen.
Corsight bekämpft mittels Gesichtserkennung und künstlicher Intelligenz (KI) Sweethearting im Einzelhandel. Dies ist eine Form des internen Diebstahls. Mitarbeiter lassen dabei einem Freund, Familienmitglied oder Kollegen gängige Artikel vergünstigt oder kostenlos zukommen. Der Einsatz von Gesichtserkennung wirft allerdings Bedenken hinsichtlich der Privatsphäre und Überwachung auf.
Mit neuartigem Überwachungsansatz bekämpft Corsight Sweethearting
Das in Israel ansässige Unternehmen Corsight AI bietet seinen Kunden weltweit ein Modul an, das helfen soll, Insider-Betrug im Einzelhandel, auch bekannt als Sweethearting, einzudämmen. Dazu nutzt es seine Technologie, um die Interaktionen zwischen Mitarbeitern und Kunden zu analysieren. KI-basierte Gesichtserkennung stellt ungewöhnliche Muster fest und markiert diese für eine Überprüfung durch das Sicherheitsteam des Einzelhändlers.
Sweethearting kann auf völlig verschiedene Arten vonstattengehen. So können Mitarbeiter ihren Zugriff auf die Kassen-Systeme ausnutzen, indem sie Artikelscans umgehen, den Preis eines Produkts ändern, falsche Rückerstattungen ausstellen oder Mitarbeiterrabatte missbrauchen. Diese Art von Betrug bleibt jedoch oft unentdeckt.
Corsight preist Gesichtserkennungs-Einsatz als praktikables Instrument für den Einzelhandel
Um dieser Betrugsform entgegenzuwirken, hat Corsight AI ein auf Gesichtserkennung basierendem Sweethearting-Modul entwickelt, das solche Vorfälle erkennen und verhindern soll. Das Modul ist Teil von Corsights umfangreicherer KI-gestützter Sicherheitssuite für den Einzelhandel. Es soll auch Personen auf Beobachtungslisten, unbefugten Zugang zu Sperrbereichen und Herumlungern erkennen, das mit Diebstahl in Verbindung gebracht werden könnte.
Gemäß Gizmodo geht das neue Sweethearting-Erkennungssystem bei der Überwachung allerdings noch einen Schritt weiter als herkömmliche Gesichtserkennungssysteme. Es verfolgt über lange Zeiträume, wie jeder Kunde mit verschiedenen Mitarbeitern interagiert. Anomalien lösen dann Alarme beim Sicherheitspersonal aus, das dann entscheidet, wie weiter vorgegangen wird.
Systeme setzen auf Überwachung, Interaktion und Verhalten von Kunden und Personal
Dror Simsolo, Marketingdirektor des Unternehmens, setzte in Kenntnis, Sweethearting-Erkennung sei nur der Anfang. Künftig wolle man sich nicht nur auf Überwachung und Interaktion beschränken, sondern zudem herausfinden, wie sich die Personen verhalten. Dies sei eine andere Art der Identifizierung. Shai Toren, CEO von Corsight, erklärte das bisherige System gegenüber Gizmodo:
„Wenn Sie in ein Geschäft gehen und ein paar Lebensmittel kaufen, gehen Sie normalerweise zu einer der Kassiererinnen in der Nähe und scannen Ihre Waren. Wenn jemand einen Diebstahl plant, geht er immer zur gleichen Kassiererin, die meistens eine Verwandte ist. Das ist eine Anomalie im Verhalten der Kunden im Vergleich zu den anderen. Unser System kann diese Anomalie erkennen und darauf hinweisen.“
Vertreter von Einzelhandelsmitarbeitern setzen dagegen, das „System beruhe auf der falschen Annahme, die Loyalität eines Kunden gegenüber einem bestimmten Verkäufer sei ein Zeichen für ein Fehlverhalten“. Chelsea Connor, Kommunikationsdirektorin der Retail, Wholesale, and Department Store Union (RWDSU) führt dazu aus:
„Wir haben große Bedenken hinsichtlich dieser Art von Technologie, da viele unserer Mitglieder auf Provisionsbasis arbeiten. Die Idee ist also, dass man ein Auftragsbuch auf der Grundlage von Kundenbeziehungen aufbaut. Ob sie nun auf Provisionsbasis arbeiten oder nicht, [Geschäfte] drängen ihre Verkäufer dazu, diese Beziehungen aufzubauen, denn das ist es, was die Leute zurück in die stationären Geschäfte bringt, anstatt online einzukaufen.“
Fight for the Future hat Einzelhändler dazu aufgefordert, auf Gesichtserkennungseinsatz zu verzichten. Caitlin Seeley George, Geschäftsführerin der gemeinnützigen Organisation, befürchtet, die Unternehmen könnten „Angst vor Diebstahl schüren, um die Installation von Überwachungssystemen zu rechtfertigen“. Vielmehr könne das Kundenverhalten zu Marketingzwecken missbraucht werden:
„Die Informationen, die die Einzelhandelsverbände teilen, sind nur ausgewählte Argumente für den Einsatz dieser Technologie, die sie aus verschiedenen Gründen nutzen möchten. Das öffnet nur die Tür für eine Ausweitung ihrer Missionen, die über das hinausgeht, worauf sie sich angeblich konzentrieren.“
Aber auch Bundesaufsichtsbehörden warnten Arbeitgeber vor einem Missbrauch algorithmischer Überwachungssysteme am Arbeitsplatz, die das Verhalten von Mitarbeitern vorhersagen und Dossiers darüber erstellen. Im vergangenen Jahr verbot die Federal Trade Commission der Apothekenkette Rite Aid die Verwendung von Gesichtserkennung. Das System des Unternehmens kennzeichnete Kunden, insbesondere Frauen und Farbige, fälschlicherweise als Ladendiebe.