Indien plant ein nationales System zur Gesichtserkennung, bestehende Gesichtsdatenbanken sollen infolge dessen zusammengeführt werden.
Wartete eine Pressemitteilung Anfang des letzten Jahres noch damit auf, CCTV-Überwachungskameras in Klassenräumen einsetzen zu wollen, so geht die Überwachungskampagne der indischen Regierung aktuell noch einen großen, allumfassenden Schritt weiter. Aus einem Ausschreibungsdokument (PDF), der öffentlichen Ausschreibung der Nationalen Archivierungsstelle für Verbrechen (NCRB), geht hervor, dass Indien ein nationales System zur Gesichtserkennung errichten will. Das Vorhaben stößt auf heftige Kritik bei Nichtregierungsorganisation. Projektverantwortlicher Prasun Gupta vom Innenministerium betont, sich mehrerer sensibler Fragen bewusst zu sein.
Aufbau einer zentralen, umfassenden Datenbank in Indien geplant
Demgemäß will man eine zentrale Datenbank aufbauen, die sämtliche Daten aus allen vorhandenen Gesichtsdatenbanken in Indien vereinen wird. Auf 15 Millionen Bilder soll man bereits bei Inbetriebnahme zugreifen können. Zudem will man Informationen aus „Zeitungen, Razzien, durch Personen eingesandte Bilder oder Skizzen“. Auch Aufnahmen von Überwachungskameras werden künftig mit diesen Datenbanken abgeglichen zum Aufspüren von Verbrechern, zum Suchen von verschwundenen Personen, zur Identifikation von Leichen zu identifizieren und last but not least, um Verbrechen zu verhindern.
Verdacht auf Integration biometrischer Daten besteht
Datenschützer Gupta ist von der Möglichkeit überzeugt, bereits bestehende biometrische Datenbanken mit in das geplante System integrieren zu können. Theoretisch ließe sich dann neben Fingerabdrücken noch auf Daten, wie Steuerinformationen oder Online-Käufe, zugreifen, die bereits mit diesen zu integrierenden Datenbanken verknüpft sind. Diese Tatsache wird zwar negiert, jedoch lassen sich Kritiker nicht davon überzeugen. Um Bürgerproesten rechtzeitig entgegenzuwirken, sperrt die Regierung regelmäßig das Internet.
Indien: Fehlende Kontrolle gewährt freien Datenzugriff
Wie aus der Ausschreibung hervorgeht, wird es wenig bis keine Zugriffs-Kontrollen auf die Datenbank geben. So haben bereits alle daran Interessierte im System die Berechtigung, Fotografien zu erstellen und zu bearbeiten. Ebenso sind bei Straßenkontrollen über ein mobiles Interface für Android und iOS Anfragen zugelassen. Für mobile Datenterminals zur Ausstattung von Polizeistationen sind durch die Regierungsbehörde NCRB umgerechnet knapp 40 Millionen Euro vorgesehen.
Warnungen kommen von indischen Datenschutzaktivisten und Menschenrechtsorganisationen
Indische Datenschutzaktivisten und Menschenrechtsorganisationen, wie Amnesty International und Human Rights Watch, weisen darauf hin, dass das geplante Projekt ausufern könnte. Dadurch liefe Indien in Gefahr, sich zu einem totalitären Überwachungsstaat zu entwickeln. Apar Gupta, Chef der indischen Organisation Internet Freedom Foundation, zeigt auf: „Es ist ein System, das an öffentlichen Plätzen massenweise Daten sammelt ohne einen spezifischen Verdacht“. So wäre auch die Datenspeicherung und -nutzung weitgehend unklar.
Nazia Erum, Amnesty-International-Sprecherin, verdeutlicht, dass es in Indien weder ein robustes Datenschutzgesetz, noch einen rechtlichen Rahmen für ein solches System gebe. Folglich ist das Recht auf Privatsphäre beeinträchtigt. Unlängst gebrauchten indische Polizisten Gesichtserkennungstechnologie bei Protesten. Kritiker vermuten, dass man die Technologie dazu benutzt, um Profile von Demonstranten zu erstellten.
Grafik geralt, thx!
Tarnkappe.info