WhatsApp warnt vor einer Abschaltung noch im August dieses Jahres in Indien, falls die Chat-Verschlüsselung dort aufgehoben werden muss.
Gemäß eigenen Angaben wird WhatsApp von Meta aktuell von über 2 Milliarden Menschen in mehr als 180 Ländern genutzt. Nun kündigte das Unternehmen ein mögliches Aus für die App in Indien bereits im August an.
Nach Informationen von Stern will die indische Regierung mit einem bereits im Februar 2021 verabschieden Gesetz über IT-Regeln mehr Kontrolle in den sozialen Medien erwirken. Es bezieht sich auf alle soziale Netzwerke und fordert von ihnen eine engere Zusammenarbeit. Von verschlüsselten Messenger wie WhatsApp verlangt das Gesetz bei jeder Nachricht den ursprünglichen Versender und den Empfänger zu speichern, selbst, wenn es sich dabei um eine weitergeleitete Message handelt.
Dieser Anspruch ist allerdings nicht mit der Funktionsweise der App vereinbar. WhatsApp kann aufgrund der Verschlüsselung nur verfolgen, wann die User miteinander in Kontakt sind. Der Inhalt der Nachrichten bleibt auch für sie nicht einsehbar.
WhatsApp-Chats sind Ende-zu-Ende-verschlüsselt. Dies gewährleistet die Privatsphäre der Benutzer. Gemäß Dr. Datenschutz „funktioniert die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung nach einem sog. Schlüssel-Schloss-Prinzip. Der Absender verschickt die Nachrichten mit einem Schloss und nur der Schlüssel des gewünschten Empfängers kann ihn öffnen. Dritten, wie z.B. dem Anbieter des Messengers, wird somit der Zugriff verwehrt und der Nachrichteninhalt wird über alle Übertragungsstationen zum Empfänger verschlüsselt versendet. Demzufolge ist das Sicherheitsniveau dieser Verschlüsselungsmethode sehr hoch.“
Daraus resultiert ein Problem, dass Polizei und Geheimdienste seit Bestehen der Verschlüsselung beklagen. Sie führen diesbezüglich aus, die Strafverfolgung wäre dadurch erschwert. Der Nachrichteninhalt wäre nicht im Klartext mitzulesen, weil den Strafverfolgungsbehörden der dazu notwendige Schlüssel fehle. Allerdings ließe sich das in Deutschland umgehen mittels Quellen-Telekommunikationsüberwachung wie durch einen Staatstrojaner-Einsatz.
Drohung mit WhatsApp-Abschaltung in Indien
WhatsApp hat beim Obersten Gerichtshof von Delhi Klage gegen das Gesetz eingereicht. Gemäß Medienberichten wurde der Fall am Donnerstag verhandelt. Der Rechtsberater von WhatsApp bekräftigte die Haltung des Unternehmens, dem Druck der Regierung nicht nachzugeben. Dabei warnte das Unternehmen davor, dass sie ihre Dienste in Indien einstellen, wenn sie gezwungen sind, die Chat-Verschlüsselung in naher Zukunft aufzuheben.
Der Anwalt Tejas Karia argumentierte, dass WhatsApp verpflichtet sei, über Jahre hinweg Millionen von Nachrichten zu speichern, wenn es die IT-Regeln einhalten würde.
„Wir müssen eine vollständige Kette aufrechterhalten und wissen nicht, welche Nachrichten entschlüsselt werden sollen. Das bedeutet, dass Millionen und Abermillionen von Nachrichten mehrere Jahre lang gespeichert werden müssen.“
Tejas Karia bekräftigt vor Gericht:
„Als Plattform sagen wir, dass WhatsApp verschwindet, wenn uns gesagt wird, wir sollen die Verschlüsselung brechen“.
In seiner Petition aus dem Jahr 2021 führte WhatsApp aus, dass die Anordnung der indischen Regierung, den Urheber der Informationen zu identifizieren, eine Bedrohung für ihre „End-to-End-Verschlüsselung“ und „die Privatsphäre der Benutzer“ darstelle. Es hieß, die Rückverfolgbarkeitsbestimmung verstoße gegen das „Grundrecht auf Privatsphäre“.
Kirtiman Singh, der für die Zentralregierung auftrat, verteidigte jedoch die Vorschriften. Er betonte die Notwendigkeit, die Absender der Nachrichten zurückzuverfolgen. Singh argumentierte, dass ein solcher Mechanismus in der heutigen Zeit unerlässlich sei. Das Gericht führte an, dass die Rechte auf Privatsphäre nicht absolut seien und „irgendwo ein Gleichgewicht hergestellt werden muss“.
Die nächste Anhörung in dem Fall findet am 14. August statt. Es bleibt abzuwarten, ob es WhatsApp gelingt, eine Einigung bezüglich der Aufhebung der Verschlüsselung von Nachrichten zu erreichen. Ein Ausstieg aus einem Markt wie Indien wäre ein schwerer Schlag für die Messaging-Plattform.
Wie wir erst kürzlich berichteten, hat auch China aufgrund einer verstärkten Überwachung digitaler Plattformen beliebte Messaging-Apps wie WhatsApp, Signal und Telegram verboten. Dazu haben sie Apple aufgefordert, die betreffenden Apps aus dem App Store zu entfernen.