Die umstrittene Gesichtserkennung am Bahnhof Südkreuz Berlin hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière nun um weitere sechs Monate verlängert.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat am Freitag (15.12.2017) bekannt gegeben, dass der Test zur umstrittene Gesichtserkennung am Bahnhof Südkreuz um weitere sechs Monate verlängert wird, wie Reuters berichtet. Eigentlich sollte das Pilotprojekt bereits im Januar enden.
Bahnhof Südkreuz
Mit einer bisher positiven Bilanz wurde das Projekt der Gesichtserkennung am Bahnhof Südkreuz verlängert. So lobte Bundesinnenminister Thomas de Maizière die Zwischenergebnisse: „Bei 70 Prozent und mehr haben wir eine positive Erkennung der Gesuchten – das ist ein sehr guter Wert […] Das ist besser als ich erwartet habe und die meisten Kritiker auch“, sagte de Maiziere am Freitag bei einem Vor-Ort-Besuch. Nun solle der Test modifiziert und noch praxisnaher gestaltet werden, nämlich mit Vergleichsbildern schlechterer Qualität für den Abgleich mit der Datenbank. „Erst dann kann man wirklich präzise einschätzen, wie wirksam ein solches Fahndungsinstrument ist“, meinte de Maizière.
Pilotprojekt verlängert
Seit dem 1. August 2017 sind mehrere Kameras in drei Bereichen des Umsteigebahnhofs Südkreuz – je eine an einem Ein- und Ausgang sowie an einer Rolltreppe im Einsatz – für Computerprogramme zur Gesichtserkennung. 300 Testpersonen beteiligen sich freiwillig an dem Projekt. Die Sicherheitsbehörden begründen ihr Vorhaben auch damit, dass mögliche Gefährder vor einem Anschlag erkannt werden könnten.
Kritik an Südkreuz von vielen Seiten
Datenschützer kritisieren hingegen eine solche Überwachung mit Argumenten, wie. Durch diese Technik verletzt man die Persönlichkeitsrechte von Menschen. Der Überwachungsstaat weite sich aus. Der Deutsche Anwaltverein bemängelte am Freitag erneut das Fehlen einer Rechtsgrundlage. „Wenn man massenhaft Gesichter von unbescholtenen Bürgerinnen und Bürgern an Bahnhöfen scannt, dann greift der Staat schwerwiegend in Grundrechte ein“, kritisierte der Verein. Zum Start des Testlaufs hatte sich auch Deutschlands oberste Datenschützerin Andrea Voßhoff ablehnend geäußert „Sollten derartige Systeme einmal in Echtbetrieb gehen, wäre dies ein erheblicher Grundrechtseingriff.“
Mehrwert bei Fahndung nach Kriminellen und Terroristen?
Die Zwischenergebnisse versprechen nach Ansicht des Bundesinnenministers: „einen erheblichen Mehrwert für die Fahndung nach Terroristen und Schwerverbrechern“. Im Polizeialltag seien die Fahndungsfotos aber in der Regel deutlich unschärfer als diese Porträts, gibt de Maizière zu bedenken. Deswegen werde nun in der zweiten Phase getestet, wie gut das automatisierte Verfahren mit qualitativ minderwertigen Fotos funktioniert. Hat man bisher die Gesichter der Bahnhofsbesucher, die sich zuvor für den Test angemeldet hatten, mit qualitativ hochwertigen Fotos der Testpersonen abgeglichen. So sollen in dem nun zusätzlichen halben Jahr ab Februar schlechtere Fotos als Grundlage des Abgleichs dienen.
Gesichtserkennung soll bundesweit eingesetzt werden
De Maiziere erklärtes Ziel ist es, abhängig von den Ergebnissen beim Berliner Pilotprojekt am Südkreuz, das System flächendeckend einzuführen: „mindestens im Bereich des Innenministeriums – also bei Bahnhöfen und Flughäfen.“ Er sei aber zudem bereit, mit den Ländern über die Einführung im Personennahverkehr zu sprechen. Datenschutzrechtliche Bedenken sind nach seiner Überzeugung „ausgeräumt“. Verfassungsrechtliche Bedenken könne er sich schlecht vorstellen, wenn man nach Terroristen und Schwerverbrechern fahnde. „Die Bedenken würden dann höher, wenn man nach jedem Ladendieb fahndet.“ Die Verhältnismäßigkeit müsse man bei der Überwachung stets prüfen.
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