Bundesverwaltungsgericht: Der BND darf wegen mangelnder Rechtsgrundlage keine Metadaten aus Telefongesprächen von Reporter ohne Grenzen nutzen.
Laut einem Urteil (Az. BVerwG 6 A 6.16 und BVerwG 6 A 7.16) des Bundesverwaltungsgerichts Leipzig vom Mittwoch (13.12.2017) darf der Bundesnachrichtendienst (BND) wegen mangelnder Rechtsgrundlage keine Metadaten aus Telefongesprächen der Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen (ROG) speichern. Das Urteil könnte zudem auch über den Gerichtsfall hinaus Bedeutung haben.
BND darf laut Bundesverwaltungsgericht keine Metadaten speichern
Der Bundesnachrichtendienst (BND) betreibt eine Datenbank mit dem Namen “VerAS”, was soviel heißt wie “Verkehrsanalysesystem”. Die Datenbank hat insgesamt fünf Ebenen, Terrorverdächtige werden in die “erste Ebene” aufgenommen. Ferner werden Personen in weiteren Ebenen erfasst, die mit den Verdächtigen Kontakt hatten – per Telefon, E-Mail oder auf anderen “leitungsgebunden” Wegen. Damit betreibt der BND eine eigene Vorratsdatenspeicherung.
Nun hat die Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen (ROG), vertreten durch den Anwalt Niko Härting, mit dem Vorwurf, Kommunikation mit ausländischen Partnern und Journalisten widerrechtlich zu erfassen, im Juni 2015 gegen die strategische Fernmeldeaufklärung des BND geklagt, die dem Geheimdienst u.a. die Durchsuchung von Internet-Traffic nach bestimmten Stichworten sowie die Überwachung von leitungsgebundenem Fernmeldeverkehr erlaubt. Vor einem Jahr war die Klage bezüglich eines Ausspähens des E-Mail-Verkehrs gescheitert. Offen war dabei noch die Frage geblieben, ob der BND anonymisierte Metadaten im Verkehrsanalysesystem (VerAS) speichern darf.
Die Antwort darauf gab mit dem aktuellen Urteil das Bundesverwaltungsgericht Leipzig. Demnach greifen die Erhebung, Speicherung und Nutzung von Telefonie-Metadaten „ungeachtet der vor der Speicherung durch den BND vorgenommenen Anonymisierung in das Fernmeldegeheimnis nach Art. 10 Abs. 1 GG ein. Daher sind diese Eingriffe nur zulässig, wenn die Erhebung der Daten und ihre weitere Verwendung auf eine gesetzliche Grundlage gestützt werden kann. An einer solchen gesetzlichen Regelung fehlt es gegenwärtig.“
BND darf nicht mehr anlasslos Daten analysieren
Das Bundesverwaltungsgericht verfügte nun, dass die Klage nur in Bezug auf die Telefonie-Metadaten zulässig sei, nicht aber hinsichtlich der Metadaten aus Internet- und E-Mail-Verkehren. Die vorgenommene Anonymisierung sei nicht mit der verfassungsrechtlich gebotenen Löschung gleichzusetzen, da VerAS zwar gespeicherte Telefonnummern und die Identifikationsnummer auf der SIM-Karte zur Anonymisierung unkenntlich machen könne, das sich aber nur auf die von VerAS selbst erstellte Netzwerk-Datenbank beziehe. Der BND könne die deutschen Inhaber der Nummern jederzeit wieder identifizieren.
Ein guter Tag für unsere Grundrechte
Für Reporter ohne Grenzen bedeutet das ein „wegweisendes Urteil“ gegen den BND. „Das Urteil zeigt, dass es sich lohnt, wenn sich Menschenrechtsorganisationen über Gerichte gegen die massenhafte Speicherung von Daten durch den BND zu Wehr setzen. Durch das Urteil könnten nun auch andere Personen und Organisationen mit demselben Anliegen an den BND herantreten“. Dies sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr.
Auch Grünen-Netzpolitiker Konstantin von Notz begrüßte das Urteil vom Bundesverwaltungsgericht mit den Worten. „Heute ist ein guter Tag für unsere Grundrechte. […] Das Urteil zur Speicherung anonymisierter Verbindungsdaten in der BND-Datei „VerAS“ wird absehbar weitreichende Auswirkungen auch auf andere Datensammlungen haben. Es stellt die technische Aufklärung der Nachrichtendienste und die Anlasslosigkeit der Maßnahmen insgesamt in Frage.“
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