Das EU-Parlament hat am 04.04.2019 wenig überraschend eine Speicherpflicht zweier digitaler Fingerabdrücke im Personalausweis beschlossen.
In der Verordnung „zur Erhöhung der Sicherheit der Personalausweise von Unionsbürgern“ hat das EU-Parlament am 04.04.2019 eine Speicherpflicht zweier digitaler Fingerabdrücke auf einem intergrierten RFID-Chip im Personalausweis beschlossen. Neben dem digitalen Gesichtsbild wird somit künftig für EU-Länder in neu ausgestellte Ausweispapieren auch die Erfassung der Fingerabdrücke zur Pflicht.
Gab es bisher noch ca. 86 verschiedene Personalausweise in den EU-Mitgliedstaaten, so sprachen sich in der Abstimmung für das Gesetzespaket zur Vereinheitlichung der Ausweise von EU-Staaten 335 Abgeordnete aus. Es gab 269 Nein-Stimmen und 21 Stimmenthaltungen. In Deutschland konnte bisher noch jeder Bürger selbst darüber entscheiden, ob er seine Fingerabdrücke im Personalausweis hinterlegen möchte. Nun wird es verpflichtend vorgeschrieben. Das gilt zugleich für 370 Millionen EU-Bürger.
Die Verordnung tritt nach zwei Jahren in allen EU-Mitgliedsstaaten in Kraft, sobald auch der Ministerrat formal noch seine Zustimmung gegeben hat. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) erachtete in einem Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung die Einführung der verpflichtenden Speicherung der Fingerabdrücke als „zwingend erforderlich“. Die Maßnahme ergebe sich aus einem „zunehmenden Missbrauch echter Dokumente durch ähnlich aussehende Personen“. Somit hat auch Deutschland federführend an dem Entwurf mitgearbeitet.
Keine Löschung der Daten mehr nach 90 Tagen
Um Konflikte auszuschließen, sind jedoch noch obligatorisch Anpassungen der Verordnung an bestehende Gesetze im Einklang mit den neuen Regelungen vorzunehmen, wie den Umgang erfasster Daten bei den Meldebehörden. Bisher war vorgeschrieben, diese nach 90 Tagen zu löschen. Auch erfolgte die Aufbewahrung unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen. In der neuen Regelung ist hingegen eine dauerhafte Speicherung in zentralen Datenbanken für biometrische Merkmale vorgesehen, auch der Fingerabdrücke. Dies ist ein Kritikpunkt für die Datenschützer. Der Zugriff auf die Daten wird unter anderem Polizei, Zoll, Steuerfahndung und Meldebehörden gestattet.
Ausgegeben werden die Personalausweise künftig im Kreditkartenformat mit maschinenlesbarer Zone und europäischer Flagge. Wobei auch die Mindeststandards für Sicherheit der Internationalen Zivilen Luftfahrtorganisation (ICAO) eingehalten werden müssen. 2021 sollen alle neu ausgestellten Ausweise diesen aktuellen Anforderungen entsprechen. Ältere Dokumente sollen, insofern sie nicht eher ablaufen, noch 10 Jahre gültig bleiben, für Senioren über 70 Jahre werden längere Übergangsfristen greifen. Kinderausweise mit Fingerabdrücken sollen unter fünf Jahre gelten.
Speicherpflicht der Fingerabdrücke unverhältnismäßig
Kritik an der Verordnung kam aus den Reihen der FDP, der Grünen und der Sozialdemokraten im Europaparlament. SPD-Innenpolitikerin Sylvia-Yvonne Kaufmann äußerte, zwar unterstütze sie europaweit höhere Sicherheitsstandards für Personalausweise. „Die verpflichtende Speicherung der Fingerabdrücke ist jedoch nicht verhältnismäßig und nicht notwendig. Schließlich ist es für die Innenminister letztlich bequemer, über die EU-Ebene Entscheidungen herbeizuführen, statt sich zu Hause in den Mitgliedstaaten der öffentlichen Diskussion zu stellen.“
Ähnlich äußerten sich die Abgeordneten der Grünen und der Linken. Konstantin von Notz, Vize-Fraktionsvorsitzender, äußerte seine Zweifel. Denn eine solche Verpflichtung wäre „eine drastische Überbietung der nationalen Rechtslage, die im Gesetzgebungsverfahren auch schon hochumstritten und verfassungsrechtlich bedenklich war“. Der Grünen-Abgeordnete Sven Giegold meint: „Massenhafter Identitätsklau ist schon mit neuen Ausweisen kein ernstzunehmendes Problem mehr. Fingerabdrücke im Ausweisen sind ein Placebo, das Sicherheit vorgaukelt und die Datensammelwut befeuert.“
Konstantin Kuhle sieht eine Gefahr darin, dass die gespeicherten biometrischen Daten in die Hände Krimineller fallen könnten. Kuhle ist innenpolitischen Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag. Zudem befürchtet er „Die Ausweitung staatlicher Datensammlungen öffnet Tür und Tor für immer weitere Begehrlichkeiten bei den Sicherheitsbehörden.“
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