Mit Fax und Aktenordner in die digitale Zukunft? Deutschlands Rückstand bei der Digitalisierung ist nicht nur peinlich, sondern erschreckend.
Die Digitalisierung der Verwaltung hinkt hier bei uns in Deutschland digitalen Standards hinterher. Das zeigt die aktuelle Digimeter-Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM). Forscher sind sich sicher: „Wenn die Politik in diesem Tempo weitermacht, werden die Ziele erst in zehn Jahren erreicht sein„.
Digitalisierung in Deutschland: Mit Fax und Aktenordner in die digitale Zukunft?
Die an sich so wichtige Digitalisierung in Deutschland will nicht gelingen. Denn ursprünglich sollten bis Ende letzten Jahres 575 öffentliche Dienstleistungen online verfügbar sein. Sie sollen Bürgern und Unternehmen lästige Behördengänge zu ersparen. Neun Monate nach Ablauf der Frist sind bundesweit jedoch erst 145 dieser Angebote im Netz zugänglich. Das sind nur neun mehr als im Vorquartal. Damit wurde gerade einmal ein Viertel der bis 2022 geplanten Vorhaben umgesetzt.
Kritisch äußert sich IW-Forscher Klaus-Heiner Röhl: „Wenn die Politik in diesem Tempo weitermacht, werden die Ziele erst in zehn Jahren erreicht.“
Die Bundesländer sind bei der Digitalisierung unterschiedlich weit fortgeschritten. Spitzenreiter ist Bayern mit 246 online verfügbaren Dienstleistungen, gefolgt von Hamburg (229) und Hessen (222). Bayern hat seit Jahresbeginn 68 neue Angebote eingeführt, nur übertroffen von Hamburg (+70).
Aber auch hier ist der Nachholbedarf alarmierend. Ende des Jahres steht die Einführung der EU-weiten „Single Digital Gateway-Verordnung“ (SDGVO) an, die einen EU-weit einheitlichen digitalen Zugang zu Verwaltungsdienstleistungen vorsieht. Auch hier schneidet Deutschland bisher schlecht ab.
Der Rückstand ist peinlich
Thorsten Alsleben, Geschäftsführer der INSM, betont: „Der Rückstand bei der Digitalisierung ist peinlich und schreckt Investoren ab. Wir brauchen jetzt deutsches Tempo auch bei der Modernisierung der Verwaltung. Mit Faxgeräten und Aktenordnern machen wir Deutschland nicht fit.„
Ein Blick nach Österreich zeigt, dass eine zentrale Steuerung durch eine Digitalagentur zu erfolgreichen, bundesweit einheitlichen Online-Lösungen führen kann. In Deutschland hingegen fehlt eine vergleichbare Institution. Österreich treibt die Umsetzung der DSGVO voran, integriert Angebote in das EU-Portal „Your Europe“ und ist Deutschland bei der Nutzung der elektronischen Identität (eID) weit voraus.
Die Zeit drängt und die Politik muss die Weichen für eine moderne und effiziente Verwaltung stellen. Der peinliche Digitalisierungsrückstand darf nicht länger ignoriert werden, wenn Deutschland im internationalen Wettbewerb mithalten will.