Wegen des Coronavirus ist Streaming auf dem Vormarsch. Es profiteren Disney, Netflix - und Anbieter von Raubkopien. Das zeigt eine MUSO-Studie
Aufgrund der anhaltenden Corona-Pandemie verzeichnet das illegale Streaming von Filmen und TV-Serien einen unglaublichen Zuwachs. Die Zahlen dazu liefert die Londoner Analysefirma MUSO in einer aktuellen Studie.
Illegales Streaming befindet sich auf dem Höhenflug
Während die derzeitige Lage wegen der Corona-Krise von strengen Kontaktauflagen und stark begrenzten Freizeitangeboten geprägt ist, vertreiben sich die Menschen vermehrt die Zeit mit Streaming. Eine MUSO-Studie gibt über Gewinner und Verlierer der derzeitigen Situation Aufschluss. Sie informiert zugleich darüber, dass die Online-Piraterie gerade einen beispiellosen Anstieg verzeichnet, wie der P2P-Blog TorrentFreak berichtet.
Das britische Piraterie-Tracking-Unternehmen MUSO beleuchtet regelmäßig die Besucher-Anzahl auf Piraterieseiten, um Unterhaltungsunternehmen und Rechteinhabern ein genaues Bild darüber zu vermitteln. Ihre aktuellen Zahlen belegen, dass sich in einigen Ländern aufgrund der Covid-19-Maßnahmen, die Besuche von Filmpiraterie-Sites um mehr als 50 Prozent gesteigert haben. Bei der Auswertung hat man die letzte Woche im März 2020 zugrunde gelegt. Zu diesem Zeitpunkt haben in vielen Ländern die Ausgangsbeschränkungen begonnen. Anschließend hat MUSO die Daten mit denen der letzten Februar-Woche 2020 verglichen. In allen in die Analyse einbezogenen Ländern gab es einen erhöhten prozentualen Anstieg illegaler Videonutzung im Internet. Auffällig ist, dass die Zunahme besonders extrem in den Ländern auftritt, wo die Bevölkerung mit besonders strengen Auflagen umgehen muss.
Zuwachs bis zu 66 Prozent
Konkret stieg die Filmpiraterie in Spanien um 50 Prozent, in den USA um 41 Prozent, in Großbritannien um 43 Prozent, in Indien um 62 Prozent und in Italien sogar um satte 66 Prozent an. In Deutschland ist mit einer Steigerung von 36 Prozent auch ein deutliches Wachstum zu verzeichnen. MUSO teilte TorrentFreak einige zusätzliche Daten mit, die zeigen, dass auch vermehrt Softwarepiraterie auftritt. Der Effekt ist weniger ausgeprägt als bei der Filmpiraterie, aber für Italien und Spanien sind es immer noch beachtliche 41 Prozent bzw. 32 Prozent. MUSO kommentiert:
„Diese Zahlen scheinen zu bestätigen, dass es nie einfacher war, Inhalte illegal anzuzeigen, und dass die Leute diesbezüglich nie entspannter waren“.
MUSO meldet die TV-Piraterie-Streaming-Daten zwar nicht separat, stellte jedoch fest, dass der Anstieg dort weniger ausgeprägt ist. Dies ist teilweise auf den Effekt zurückzuführen, dass dies Besuche von Live-Sport-Streaming-Sites einschließt. Diese Zahlen sind gesunken, weil es praktisch keine Live-Events gibt.
Andy Chatterley, CEO von MUSO, wertet die Ergebnisse aus:
„MUSO verzeichnete einen Rückgang der weltweiten Besuche in Live-Sportpiraterie-Domänen um 49,10 Prozent. Wenn man sich die täglichen Trends von Februar bis März ansieht, sieht man einen deutlichen Rückgang der Besuche über die Wochenendspitzen, da der Live-Sport weltweit ausgesetzt wurde.
Wenn wir einzelne Pirateriedomänen verfolgen, die aufgezeichnete Inhalte verbreiten, sehen wir einen Aufwärtstrend bei den Besuchen. Wir gehen davon aus, dass sich dieser bis in den April hinein fortsetzt. Die Trends der Piraterie oder des unlizenzierten Konsums stehen in engem Zusammenhang mit bezahlten oder lizenzierten Inhalten. So wie Netflix große Abonnentengewinne verzeichnet hat, so haben wir auch einen signifikanten Anstieg der Besuche auf Filmpiraterie-Websites beobachtet.“
Streaming: Netflix gewinnt – Sportsender verlieren
Tatsächlich fährt Netflix gerade die größten Gewinne seit seiner Gründung ein. Satte 16 Millionen neue Abonnenten haben sie zu ihrer Plattform hinzugefügt. MUSO schätzt es als ermutigend ein, da das Beispiel zeigt, dass die Verbraucher für qualitativ hochwertige Inhalte bezahlen möchten. Jedoch die Mehrheit der User möchten den Kontent kostenlos nutzen. Neben den Gewinnern gibt es aber auch Verlierer, nämlich die Sportsender. MUSO wertet auch hier aus.
„Wie können es die Sender rechtfertigen, für etwas Geld zu fordern, wenn es absolut keine neuen Inhalte gibt? So wie führende Fußballligen auf Rundfunkzahlungen angewiesen sind, um zu überleben, sind die Sender selbst inhaltlich auf die Mannschaften angewiesen.
Es ist ein Teufelskreis und wenn die Ereignisse nicht bald wieder aufgenommen werden, könnte dies für alle Beteiligten in einer Katastrophe enden. In Großbritannien rechnen sowohl Sky, als auch BT mit geschätzten Umsatzverlusten von 1 Mrd. GBP, insofern die englische Premier League nicht bis August zurückkehrt.“
Haben Kinos eine Überlebenschance?
Hinsichtlich des Filmangebots in Kinos schätzt MUSO ein:
„Es ist unklar, ob das Kino, wie wir es kennen, überleben wird. Wenn diese Pandemie uns etwas gelehrt hat, ist es so, dass nur sehr wenige Dinge tatsächlich wesentlich sind. Um den Folgen der Massenarbeitslosigkeit und der Unsicherheit am Arbeitsplatz zu begegnen, werden Luxusgüter, wie Kinokarten und Unterhaltungsabonnements, zu den ersten Ausgaben gehören, die geopfert werden.“
TorrentFreak fasst die Entwicklung auswertend zusammen:
„Es wird besonders interessant sein zu sehen, ob sich das Piraterieverhalten nachhaltig ändert oder ob sich irgendwann alles wieder normalisiert.„
Tarnkappe.info
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