WinBoat
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Bildquelle: ChatGPT

WinBoat – Windows unter Linux ohne Umwege

WinBoat bringt echte Windows-Anwendungen direkt in den Linux-Desktop. Wir zeigen, wie das funktioniert und wie alltagstauglich das Ganze ist.

Das Open-Source-Projekt WinBoat kombiniert Docker, Kernel-based Virtual Machine (KVM) und FreeRDP zu einem nahtlosen Subsystem Das Ganze läuft mit experimenteller USB-Unterstützung und einer klaren Roadmap für die GPU-Beschleunigung.

Bisherige Lösungen funktionierten ab und zu

Linux-Nutzer kennen das Problem seit Jahren. Manche Anwendungen gibt es nur unter Windows, und sie laufen unter Wine oder Proton (von Steam) nur mit Glück. Zwar existieren Virtualisierungen und Remote-Lösungen, doch keine davon war wirklich elegant. Mit WinBoat tritt nun ein Projekt an, das Windows-Programme direkt in den Linux-Desktop bringt, ohne dass man das System wechseln oder neu starten muss.

Ein neues Konzept für mehr Integration

WinBoat stammt von dem Entwickler TibixDev und ist auf GitHub unter einer freien MIT-Lizenz verfügbar. Der Quellcode zeigt, dass es sich um eine Kombination aus KVM und Docker-Technik handelt. Zur Verwaltung der Container nutzt das Projekt Docker Compose, was die Einrichtung zusätzlich vereinfacht. Das Besondere ist, dass die Windows-Installation vollständig in einem Container läuft, während die Darstellung über das RemoteApp-Protokoll auf Basis von FreeRDP erfolgt. So erscheinen einzelne Windows-Fenster im Linux-Desktop, als gehörten sie dorthin. Auf GNUlinux.ch bezeichnete man diesen Ansatz bereits als „Linux Subsystem for Windows“, weil er das genaue Gegenteil des bekannten WSL-Systems darstellt.

Während Wine versucht, Windows-Bibliotheken zu simulieren, nutzt WinBoat ein echtes Windows. Dadurch ist es möglich, unter Linux Anwendungen zu starten, die bisher nur mit nativer Windows-Umgebung arbeiteten. Im Vergleich zu klassischen virtuellen Maschinen fällt dabei auf, dass der Desktop des Gastsystems unsichtbar bleibt. Nur die Programme selbst erscheinen als Fenster, was für ein natürliches Arbeiten sorgt.

WinBoat

Technische Grundlage und Funktionsweise von WinBoat

Im Hintergrund läuft eine vollständig automatisierte Installation. Nach dem ersten Start prüft WinBoat, ob KVM und Docker aktiv sind, und startet dann den Windows-Container. Das Setup lädt bei Bedarf eine Windows-ISO, richtet Speicher und Prozessorleistung ein und erstellt eine interne Netzwerkverbindung über FreeRDP. Die eigentliche Bedienung erfolgt über eine moderne grafische Oberfläche, die alle laufenden Instanzen verwaltet.

Mit den aktuellen Versionen hat sich die Funktionalität deutlich erweitert. Besonders nützlich sind die neue Multi-Monitor-Unterstützung und die experimentelle USB-Anbindung, die derzeit noch nicht mit allen Geräten zuverlässig funktioniert. In ersten Tests arbeitet sie jedoch bereits mit gängigen Geräten wie USB-Sticks oder einfachen Eingabegeräten stabil. Nutzer berichten auf Reddit und in den GitHub-Diskussionen, dass auch Drucker und Webcams erkannt werden, wenn sie direkt durchgereicht werden. Gleichzeitig bleibt die Dateifreigabe zum Linux-Host erhalten, was die gemeinsame Nutzung von Dokumenten erleichtert.

Der Zugriff auf das Home-Verzeichnis des Linux-Hosts ist standardmäßig integriert, was den Austausch zwischen den beiden Systemen besonders einfach macht. Unterstützt werden aktuell nur klassische Docker-Installationen mit aktiviertem Root-Zugriff. Docker Desktop und Podman gelten im aktuellen Entwicklungsstand noch als nicht kompatibel. Auch rootlose Containerumgebungen werden derzeit nicht unterstützt, was laut den Entwicklern mit technischen Beschränkungen von KVM und den verwendeten Netzwerkfunktionen zusammenhängt. Diese Hinweise finden sich ebenfalls in der offiziellen Projektbeschreibung auf GitHub.

Windows und Office im Alltag

Ein realistischer Einsatz zeigt sich am besten am Beispiel von Microsoft Office. Nach der Installation einer gültigen Windows-Version kann das komplette Office-Paket wie gewohnt eingerichtet werden. Word, Excel und Outlook laufen flüssig und lassen sich mit der Maus und Tastatur des Linux-Hosts bedienen. Selbst Zwischenablagen werden sauber übertragen, was bedeutet, dass man Texte oder Zahlen direkt aus Linux-Programmen in Office einfügen kann.

Die Fenster verhalten sich dabei wie native Linux-Apps. Sie lassen sich verschieben, maximieren oder minimieren und reagieren ohne merkliche Verzögerung. Der Datenaustausch erfolgt über das gemeinsam genutzte Home-Verzeichnis, wodurch Dokumente direkt aus dem Linux-Dateimanager geöffnet werden können. Wer in LibreOffice schreibt, kann dieselbe Datei anschließend unter Word weiterbearbeiten, ohne sie umständlich kopieren zu müssen.

In Tests funktionierte Office auch mit aktivem Microsoft-Konto. Updates, Cloud-Synchronisierung und die Nutzung von OneDrive laufen im Hintergrund der Windows-Instanz. Damit eignet sich WinBoat auch für produktives Arbeiten in gemischten Umgebungen, zum Beispiel im Büro, wo Linux als Hauptsystem läuft, aber die Office-Integration notwendig bleibt.

download winboat

Entwicklung und Zukunft des Projekts

Das Projekt entwickelt sich rasant weiter. Seit Version 0.8 im Herbst 2025 liegt der Schwerpunkt auf Stabilität, während gleichzeitig neue Funktionen wie ein Multi-Monitor-Support und die experimentelle USB-Unterstützung hinzugekommen sind. In den kommenden Versionen ist geplant, GPU-Beschleunigung zu integrieren, was Anwendungen mit hoher grafischer Last deutlich verbessern würde.

Die Entwickler kündigten an, dass nach dem nächsten größeren Update eine Phase der Stabilisierung folgen soll. Erklärtes Ziel ist es, WinBoat langfristig in produktiven Umgebungen einsetzbar zu machen und die bestehende Basis zu festigen. Auf GitHub und in Artikeln wie bei PC Games Hardware wird WinBoat inzwischen als einer der interessantesten Ansätze beschrieben, um Linux und Windows praktisch zu vereinen.

Einsatz und Zielgruppe von WinBoat

WinBoat richtet sich in erster Linie an Nutzer, die regelmäßig mit Linux arbeiten, aber gelegentlich auf Programme aus dem Windows-Umfeld angewiesen sind. Dazu gehören Entwickler, die proprietäre Tools testen müssen, oder Anwender, die bestimmte Office-Programme oder ältere Softwareversionen weiterverwenden möchten. Auch für Menschen, die beruflich oder privat zwischen beiden Systemen pendeln, bietet WinBoat eine einfache Möglichkeit, Windows-Anwendungen ohne Umwege auszuführen.

Durch die Integration in den Linux-Desktop bleibt der gewohnte Arbeitsfluss erhalten. Dateien lassen sich öffnen, bearbeiten und speichern, ohne dass man das System wechseln muss. Besonders für gemischte Umgebungen, in denen Linux als Hauptsystem dient, erweist sich WinBoat als nützliche Ergänzung.

WinBoat – Fazit

WinBoat schafft etwas, das lange als unmöglich galt. Eine Windows-Umgebung, die sich nahtlos in Linux integriert und Programme ohne sichtbare Grenzen laufen lässt. Die Lösung ist technisch elegant, stabil und offen genug, um sich weiterzuentwickeln. Wer heute Office oder andere Windows-Programme unter Linux braucht, kann mit mit diesem Tool eine echte Alternative zu Wine und herkömmlicher Virtualisierung ausprobieren.

Die Zukunft des Projekts wirkt vielversprechend. Sobald eine gut umgesetzte GPU-Unterstützung hinzukommt, dürfte WinBoat endgültig die Brücke zwischen beiden Welten schlagen und aus einer cleveren Idee ein fester Bestandteil moderner Linux-Setups werden.

Wer will, kann für dieses Software-Projekt bei Ko-Fi oder mithilfe der Kryptowährung Monero spenden. Die Wallet-Adresse des Entwicklers lautet:

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