Richterspruch
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Bildquelle: stockcake

Musikindustrie lässt PimpYourFollower.de gerichtlich verbieten

Das LG Düsseldorf erklärte das Angebot des Streamingmanipulationsanbieters PimpYourFollower.de für wettbewerbswidrig und hat es verboten.

PimpYourFollower.de gab es bereits seit dem Jahr 2010. Man agierte unter dem Slogan „Das geheime Hilfsmittel der Influencer, jetzt auch für dich erhältlich.„. Die Seite leitet mittlerweile auf RatingHero24.de um. Dort kann man weiterhin Accounts bei Spotify, YouTube, TikTok, Instagram, Facebook etc. gegen entsprechende Bezahlung künstlich hochstufen lassen. Übrigens auch beim Business-Netzwerk LinkedIn. Gerade so, als hätte es gar kein Gerichtsverfahren gegeben. Der Sieg der Anwälte des Bundesverbands Musikindustrie (BVMI) und der IPFI war folglich nur von kurzer Dauer.

LG Düsseldorf ermöglicht erstmals Schadenersatzforderungen

Das Landgericht Düsseldorf hat die Angebote der Website PimpYourFollower.de als wettbewerbswidrig verboten. Dort konnte man Plays, Likes und die Anzahl der Abonnements bei verschiedenen Social-Media, Musik-Streaming-Diensten und Video-Portalen beeinflussen lassen. Großer Vorteil des Urteils: Erstmals weltweit stellte ein deutsches Gericht fest, dass der Betreiber des Dienstes zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet ist.

PimpYourFollower.de konnte sogar die Charts beeinflussen

PimpYourFollower.de

Die Angebote von Pimpyourfollower.de zielten darauf ab, durch die gekauften Daten die erhöhte Popularität von Songs und Künstlern zu erwirken. Diese Manipulationen könnten, wenn sie umfangreich genug sind, schlimmstenfalls sogar Auswirkungen auf die Charts haben.

Zudem benachteiligte der Online-Dienst alle legal handelnden Künstler und Labels. Deren Anteil an den von den Online-Plattformen erzielten Einnahmen verringert dadurch automatisch. Das Verfahren ist bereits das zehnte deutsche Verfahren. Dabei gehen der IFPI, BVMI und ihre Mitgliedsfirmen (große Plattenlabels) gegen die Anbieter der Streamingmanipulation vor.

IFPI will Kampf fortsetzen

Victoria Oakley, die Geschäftsführerin des weltweiten Phonoverbands IFPI, erklärt zum Urteil gegen PimpYourFollower.de:

„In der Musikindustrie ist kein Platz für Streamingmanipulation. Diejenigen, die diese unlautere Praxis betreiben oder unterstützen, sollten weder Einnahmen von den Kreativen und ihren Partnern abziehen noch das tatsächliche Hörerlebnis der Fans verzerren dürfen. Wir arbeiten weiterhin im Namen unserer Mitgliedsfirmen daran, solche Aktivitäten zu verhindern und hoffen, dass dieser erneute Erfolg in Deutschland eine klare Botschaft an diejenigen sendet, die solche Dienste weiterhin anbieten.“

PimpYourFollower.de

Manipulationsversuche von PimpYourFollower.de & Co. für die Labels nicht hinnehmbar

Dr. Florian Drücke, Vorstandsvorsitzender des BVMI äußert sich in der Pressemitteilung wie folgt.

„Manipulationsversuche im Streamingmarkt sind nicht hinnehmbar, denn sie verzerren den Wettbewerb zu Lasten der Künstler:innen und ihrer Partner. Zudem können sie die Verlässlichkeit der Charts beeinträchtigen, die für die Branche ein zentraler Erfolgsmesser und für die Fans ein wichtiges Orientierungsmoment sind. Letztlich geht es vor allem auch um die Kredibilität des digitalen Marktes. Der BVMI und seine Mitglieder gehen seit Jahren erfolgreich gerichtlich gegen Manipulationsdienste vor, um Verzerrungen des Streaminggeschäfts konsequent einzudämmen. Aus diesem Grund haben wir jüngst gemeinsam mit der GfK und der Wirtschaftsuniversität Wien als zusätzliches Element unseren Streaming Anomaly Detection Ansatz gelauncht.“

PimpYourFollower.de

Verbände blicken auf zahlreiche Gerichtsverfahren zurück

PimpYourFollower.de ist das aktuellste der Verfahren, die die Branche seit vielen Jahren weltweit führt. In Deutschland hatten BVMI und IFPI beispielsweise im Oktober 2023 erwirkt, dass der deutsche Streamingmanipulationsdienst SP-Onlinepromotion.com nach einer erfolgreichen Abmahnung vom Netz ging.

PimpYourFollower.de

2021 erreichte man in einem Eilverfahren vor dem Landgericht Frankfurt, dass dem Betreiber der Streamingmanipulations-Websites likeservice24.de und likeservice24.com die Erzeugung zusätzlicher Plays, Views, Likes und Abonnenten für Musik auf kommerziellen Online-Media-Plattformen als Dienstleistung untersagt wurde.

Vergleichbare Entscheidungen wurden von den Landgerichten Berlin, Darmstadt, Bremen, Hamburg und Köln im August 2020 in vom BVMI und IFPI geführten Verfahren erwirkt. Die Betreiber von socialnow.de, von socialgeiz.de und likergeiz.de, von netlikes.de sowie von likesandmore.de mussten ihren Dienst einstellen. Im März 2020 hatten beide Verbände eine Unterlassungsverfügung gegen followerschmiede.de vor dem Landgericht Berlin erwirkt.

Die Musikindustrie hat auch andernorts, u. a. in Brasilien, erfolgreich Maßnahmen ergriffen. Sie arbeitet mit Regierungsbehörden und Schnittstellen in vielen Ländern zusammen, um den Betrieb solcher Dienste zu unterbinden.

Neues Urteil ist ein weiterer Pyrrhussieg

Doch die Siege vor Gericht sind hart erkämpft, teuer und die Verfahren dauern lange an. Der Erfolg der Aktion ist nur von kurzer Dauer. So wie RatingHero24 auf PimpYourFollower.de folgte, treten direkt nach dem Urteil in vielen Fällen „neue“ Wettbewerber mit dem gleichen Geschäftsmodell auf. Mit diesem Angebot kann man schlichtweg sehr viel Geld mit vergleichsweise wenig Aufwand verdienen.

Die Möglichkeit Schadenersatz fordern zu können, ist indes etwas Neues. Das gibt den Klägern mehr Möglichkeiten im Kampf gegen Streamingmanipulationsanbieter an die Hand. Ob man damit tatsächlich dem Problem habhaft werden kann, darf aber leider bezweifelt werden.

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.