Fünf Portale für Streaming-Manipulationen erhielten eine einstweilige Verfügung vom BVMI. Die Musikindustrie geht damit gegen Fakes vor.
Erneut schießt die Musikindustrie gegen Anbieter von Streaming-Manipulationen. Betreiber von fünf Websites, die die Manipulation von sozialen Netzwerken und Audio-Streams anbieten, sollen ihren Dienst einstellen. IFPI und BVMI gingen mit einstweiligen Verfügungen gegen die deutschen Betreiber vor. Damit will man dafür sorgen, dass die Lizenzzahlungen an die Plattenlabels korrekt gehandhabt werden. Fake Streaming-Anbieter können gegen Bezahlung sowohl die Klickzahlen als auch die Chartplazierungen manipulieren.
Plattenlabels dulden keine Streaming-Manipulationen
Der Bundesverband Musikindustrie (BVMI) und sein internationaler Dachverband IFPI gaben heute bekannt, dass man kürzlich vor die Landgerichte Bremen, Hamburg, Köln und Darmstadt ging. Man hat dort einstweilige Verfügungen gegen die Betreiber von Socialnow.de, Socialgeiz.de, Likergeiz.de, Netlikes.de sowie von Likesandmore.de erlassen. Aufgrund der Verfügungen ist es den Betreibern ab sofort untersagt, ihre Manipulationsdienste anzubieten. Es geht dabei um die Erzeugung von Streaming-Plays, die nicht auf die Nutzung durch echte Hörerinnen und Hörer zurückgehen. Dies gilt plattformübergreifend für alle Online-Musikdienste. Eine weitere Seite, Fanexplosion.de, soll ihr Angebot bereits nach Erhalt einer Unterlassungsaufforderung durch den BVMI eingestellt haben. Das Portal Netlikes.de kann man nicht mehr besuchen. Die Betreiber verlangen von allen Besuchern die Eingabe von einem korrekten Usernamen nebst Passwort. Bei Socialgeiz.de hat man auch schon reagiert. Dort steht im Impressum über der deutschen Umsatzsteuer-ID ein Büro in Slowenien.
Code of Best Practice soll Markt regulieren
Die neuen gerichtlichen Verfügungen sind Teil einer umfassenden Kampagne der Musikindustrie, aktiv gegen Streaming-Manipulation vorzugehen. Im Sommer 2019 hatten sich der BVMI und IFPI zusammen mit ihren Mitgliedsunternehmen einer breiten Koalition von Stakeholdern der Industrie zur Bekämpfung von Streaming-Manipulationen angeschlossen. Major Labels ebenso wie unabhängige Labels, Verlage, Online-Plattformen und Künstlerorganisationen haben einen „Code of Best Practice“ unterzeichnet. Sie verfolgen gemeinsam das Ziel, Streaming-Manipulationen zu erkennen, zu verhindern und deren Auswirkungen auf den Markt zu verringern. Im März dieses Jahres hatten BVMI und IFPI bereits eine Unterlassungsverfügung gegen Followerschmiede.de erreicht. Die Plattform für Fake-Abrufe bei Spotify gibt es schon nicht mehr. Auf den anderen abgemahnten Plattformen kann man noch immer Fans, Kommentare, Likes und positive Statistiken kaufen. Das gilt für DailyMotion, Deezer, Facebook, Flipagram, Instagram, LinkedIn, Mixcloud, Napster, Periscope, Pinterest, Reddit, Soundcloud, Spotify, TikTok, Twitch, Twitter, Vkontakte, YouTube und viele andere Dienste.
Laut Jahresbericht des Musikverbands von 2019 macht das digitale Geschäft inzwischen zwei Drittel der Gesamteinnahmen der Musikindustrie aus. Die digitalen Felder sind seit 2018 um zwanzig Prozent gewachsen. Tendenz weiter steigend. Um Streaming-Manipulationen der Charts bzw. der Lizenz-Auszahlungen einzudämmen, wird es für den BVMI immer wichtiger, derartige Anbieter, die Klickzahlen gegen Bezahlung manipulieren, zivilrechtlich zu verfolgen. IFPI-Geschäftsführerin Frances Moore schrieb dazu in der Pressemitteilung.
„Die Musikindustrie investiert weltweit in die Entwicklung des legalen digitalen Musikmarktes und treibt diese voran, indem sie sich dafür einsetzt, dass diejenigen, die Musik schaffen, für ihre Arbeit fair und korrekt entlohnt werden. Streaming-Manipulations-Anbieter untergraben sowohl die Genauigkeit der Lizenzzahlungen an die Musikschaffenden als auch die Glaubwürdigkeit der Charts, und wir gehen dieses Problem an. Die jüngsten rechtlichen Schritte in Deutschland sind ein integraler Bestandteil unserer Strategie, weltweit gegen solche Websites vorzugehen, wo immer dies nötig ist.“
Langfristige Wirkung eher zweifelhaft
Dr. Florian Drücke, Vorstandsvorsitzender des BVMI kommentiert. „Für die Fans wie für die Branche ist das Vertrauen in die digitalen Angebote von hoher Bedeutung, nicht zuletzt auch, weil hier mittlerweile der größte Teil des Branchenumsatzes erwirtschaftet wird. Für wettbewerbswidrige Beeinflussung von Abrufen ist vor diesem Hintergrund kein Millimeter Platz und die Entscheidungen verdeutlichen einmal mehr die Entschlossenheit der Branche, hier weiter konsequent vorzugehen.“
Man wird sehen, ob die einstweiligen Verfügungen eine langanhaltende Wirkung entfalten werden. Wahrscheinlich gibt es schon jetzt mindestens doppelt so viele Nachahmer, die den Markt der geschlossenen Anbieter zu gerne übernehmen. Das Geschäft brummt. Manche Künstler versuchen sich Aufmerksamkeit zu erkaufen und hoffen, eine gute Platzierung in den Streaming-Charts könne eine Art Schneeballeffekt auslösen. In der Folge hätten sie aufgrund der höheren Verkaufszahlen die Aufwendungen für die Streaming-Manipulationen schnell wieder drin.
Tarnkappe.info