Bundesjustizminister Heiko Maas kündigte ein Gesetz gegen strafbare Inhalte, wie Hasskommentare & Falschmeldungen auf Twitter & Facebook an.
Bundesjustizminister Heiko Maas kündigte am Dienstag (14.03.2017) ein Gesetz gegen strafbare Inhalte, wie Hasskommentare und Falschmeldungen auf Twitter und Facebook an. Halten sich die Unternehmen nicht an die Auflagen, drohen hohe Geldbußen.
Heiko Maas kündigt Netzwerkdurchsetzungsgesetz gegen Hetze an
Mit dem neuen „Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken“, dem „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“ (NetzDG) will Maas verpflichtende Standards im Umgang mit strafbaren Inhalten einführen. Die Betreiber von Plattformen wie Facebook oder Twitter sollen demnach per Gesetz verpflichtet werden, dass offensichtlich strafbare Inhalte innerhalb von 24 Stunden nach Eingang der Beschwerde zu löschen oder zu sperren seien. Nur wenn zunächst noch fraglich ist, ob es sich dabei um einen rechtswidrigen Inhalt handelt oder nicht, sollen die Anbieter sieben Tage Zeit zur Löschung bekommen.
Für Fake News gelte ein Löschzwang nur, wenn darin strafbare Inhalte zu finden sind, beispielsweise Verleumdung und Volksverhetzung. Außerdem sollen die Unternehmen vierteljährlich Bericht erstatten. Sie sollen berichten, wie viele strafbare Inhalte gemeldet und gelöscht werden. Und auch, wie ihre Entscheidungspraxis ist und welchen personellen Aufwand sie betreiben, um die gesetzlichen Auflagen zu erfüllen. Bislang waren die Betreiber aufgerufen, fragwürdige Nachrichten auf ihren Plattformen zu prüfen und eigenständig zu sperren.
Wenn die Netzwerkbetreiber keine wirkungsvollen Verfahren entwickelten, um Inhalte zu löschen, „begehen sie eine Ordnungswidrigkeit“, so führt Maas aus. Mitarbeiter, die im Unternehmen für nicht gelöschte Inhalte verantwortlich sind, würden mit bis zu 5 Millionen Euro bestraft. Auf die Unternehmen selbst kommen Geldbußen in Höhe von bis zu 50 Millionen Euro zu.
Proaktive Löschpraxis der Betreiber befürchtet
Die Digitale Gesellschaft kritisiert das NetzDG von Heiko Maas. Sie geht davon aus, dass die Höhe der Geldbußen „zu einer höchst proaktiven Löschpraxis der Anbieter führen [könnte], die im Zweifel stets zu Lasten der Meinungsfreiheit gehen wird“. Das ist unter anderem deshalb problematisch, weil Gruppen dadurch gezielt „missbräuchliche Beschwerden“ nutzen können, „um missliebige Inhalte zu unterdrücken“.
Zudem stößt die vorgesehene 24-Stunden-Löschfrist bei den Digitalverbänden auf Kritik. Sie äußerten Bedenken, dass diese Frist bei den vielen als bedenklich gemeldeten Inhalten für eine juristische Bewertung nicht ausreichen wird. Deutlich zeigten das auch die Erfahrungen der Eco Beschwerdestelle im Umgang mit rechtswidrigen Internetinhalten aus über 15 Jahren. Denn in den meisten Fällen seien die zu prüfenden Sachverhalte juristisch sehr komplex. „Sollte dieses gesetzliche Zeitfenster kommen, haben wir bald eine wahllose Löschkultur im Internet“. Das schreibt Oliver Süme, Vorstand beim Verband der Internetwirtschaft Eco. Im Zweifel entfernten die Betreiber dann nur noch Inhalte, um die „unrealistischen Auflagen“ zu erfüllen und die „exorbitant hohen Bußgelder“ zu vermeiden. Eigentlich sei der Staat gefordert, „durch effektivere Strafverfolgung der Täter die Ursache des Problems zu bekämpfen“.
Vieles im Entwurf noch nicht stimmig
Adäquat schätzt Dr. Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer des IT-Branchenverbandes Bitkom die Auswirkungen des Gesetzes von Maas ein. Die „vielen Unbestimmtheiten des Gesetzesvorschlags“, „unrealistisch kurze Fristen“ und die „hohen Bußgelder“ werden „dazu führen, dass Plattformbetreiber Inhalte im Zweifelsfall eher löschen werden“. Diese „Löschorgie“ werde „auch viele nicht rechtswidrige Inhalte betreffen“. Hinsichtlich der Schwierigkeiten, mit Vorwürfen wie „Beleidigung“ und „Verleumdung“ umzugehen, erinnert Rohleder an die langen Auseinandersetzungen um Jan Böhmermanns „Schmähgedicht“. „Wie“, so der Verbandsvertreter, „sollen private Unternehmen innerhalb kurzer Zeit Entscheidungen treffen, die selbst Gerichten nach langwieriger und sehr sorgfältiger Prüfung nur mit Mühe gelingen und die trotzdem umstritten bleiben?“ Auch setze der Entwurf nicht an der „Wurzel des Übels“ an – „und zwar bei jenen, die rechtswidrige Inhalte erstellen und auf sozialen Netzwerken veröffentlichen“.
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