Hausdurchsuchung gestattet auch Inspektion von freizugänglichem Kinderzimmer (Symbolbild)
Hausdurchsuchung gestattet auch Inspektion von freizugänglichem Kinderzimmer
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Hausdurchsuchung: Zimmer von erwachsenen Kindern nicht ausgenommen

Das LG Nürnberg-Fürth befürwortet die Zulässigkeit der Durchsuchung eines Dachgeschosszimmers im Rahmen einer Hausdurchsuchung.

Das Landgericht (LG) Nürnberg-Fürth verhandelte im Fall einer angefochtenen Durchsuchungsanordnung und eines daraus resultierenden Beweisverwertungsverbotes. Zentrales Thema war hierbei die rechtliche Zulässigkeit einer Hausdurchsuchung innerhalb einer Familienwohnung. Es stellte sich die Frage, ob das Zimmer eines erwachsenen Kindes und darin enthaltene Zufallsfunde von der Durchsuchung ausgenommen seien. Dies verneinte das LG Nürnberg-Fürth.

Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens führte das Zollfahndungsamt München wegen des Verdachts auf Steuerhehlerei eine Hausdurchsuchung gegen einen Beschuldigten durch. Als Grundlage hierfür diente ein Durchsuchungsbeschluss. Diesen erließ am 5. Oktober 2023 ein Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Nürnberg. Gleich am darauffolgenden Tag erfolgte die Vollstreckung. Die Durchsuchung betraf ein Reihenhaus, in dem der Beschuldigte mit seiner Familie lebte.

Bei einer ersten Sichtung bemerkten die Beamten des Zollfahndungsamtes im unverschlossenen Dachgeschosszimmer unversteuerte Zigaretten, Marihuana und einen Crusher. Die hinzukommende Ehefrau des Beschuldigten gab an, das Zimmer bewohne ihr 23-jähriger gemeinsamer Sohn. Mit den Anschuldigungen konfrontiert, verlangte dieser dann einen eigenen Durchsuchungsbeschluss für sein Zimmer.

Obwohl der Bewohner des Zimmers die Rechtmäßigkeit der Durchsuchung infrage stellte, befürwortet der Staatsanwalt, den die Beamten kontaktierten, fernmündlich diese wegen Gefahr in Verzug. Daraufhin fand die Zimmerdurchsuchung statt sowie eine anschließende Sicherstellung der Funde.

Infolge legte der Rechtsanwalt des Sohnes im November 2023 Beschwerde ein. Zum einen forderte er die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Durchsuchung. Zum anderen verlangte er die Herausgabe der sichergestellten Asservate. Diese unterlägen einem Beweisverwertungsverbot.

Urteil beleuchtet das Thema Hausdurchsuchung und die Rechte der Mitbewohner

Die Staatsanwaltschaft hingegen beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzulehnen. Das Gericht folgte dieser Auffassung und stellte fest, dass die Durchsuchung auf einer tragfähigen Grundlage basierte. Das Dachgeschosszimmer sei als Teil der gemeinsamen Familienwohnung für alle Familienmitglieder gleichermaßen zugänglich. Damit wäre eine Inspektion des Durchsuchungsobjektes im Rahmen einer Hausdurchsuchung rechtlich zulässig. Zudem lehnte das LG Nürnberg-Fürth auch das Beweisverwertungsverbot ab. Somit war die Sicherstellung der Asservate rechtens. Das Gericht urteilte:

„Bei Mitbenutzung oder Mitgewahrsam des Durchsuchungsobjekts durch mehrere Personen, von denen nur ein Teil verdächtig ist, findet § 102 StPO Anwendung. Im unmittelbaren Einwirkungsbereich des Verdächtigen liegt das Auffinden von Beweismitteln so nahe, dass die von § 102 StPO vorausgesetzte entsprechende Vermutung bereits gerechtfertigt ist, auch wenn dadurch Nichtverdächtige betroffen werden.

Voraussetzung ist aber, dass es sich tatsächlich um gemeinsam genutzte Räume handelt. Sind Räume hingegen ausschließlich dem unverdächtigen Mitbewohner zuzuordnen, scheidet eine Durchsuchung nach § 102 StPO aus. Bei Wohnungen und Räumen kann diese Rechtslage zu Härten für die Mitbewohner führen. Dies gilt für Familienwohnungen, aber auch für Arbeits-, Geschäfts- und Betriebsräume, die der Verdächtige nur mitbenutzt. Alle diese Räume werden nach § 102 StPO durchsucht, wenn nur ein Mitbenutzer Verdächtiger ist (BVerfG, Beschluss vom 9. August 2019 – 2 BvR 1684/18, juris Rn. 33; BGH, Urteil vom 15. Oktober 1985 – 5 StR 338/85, juris Rn. 5; Beschluss vom 8. April 1998 – StB 5/98, juris Rn. 5; Tsambikakis in LR-StPO, 27. Aufl., § 102 Rn. 38 f. m.w.N.).“

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht) hebt hervor:

„Für Betroffene und deren Familienangehörige bedeutet diese Entscheidung, dass die Privatsphäre in einer gemeinsam bewohnten Wohnung unter Umständen weniger Schutz bieten kann, als vielleicht angenommen. Dies betont die Wichtigkeit des Bewusstseins über die eigenen Rechte und mögliche Rechtsmittel im Falle einer Durchsuchung.
Die Entscheidung unterstreicht die komplexen Herausforderungen und Abwägungen, die bei Durchsuchungen in Mehrpersonenhaushalten zu berücksichtigen sind, und zeigt die rechtlichen Feinheiten auf, die in solchen Fällen eine Rolle spielen.“

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.