EU-Parlamentsgebäude in Straßburg
EU-Parlamentsgebäude in Straßburg
Bildquelle: Europäisches Parlament

Digital Markets Act: EU-Parlament plant Messenger-Kompatibilität

Das EU-Parlament plant mit dem Digital Markets Act Erleichterungen für kleinere Unternehmen. "Gatekeeper" sollen stärker reguliert werden.

Große Online-Plattformen mit essenziellen Angeboten wie etwa Facebook, Google und Amazon werden stärker reguliert. Dies betrifft Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von über 80 Milliarden Euro. Ein neues kartellrechtliches Instrument namens Digital Markets Act soll dominante „Gatekeeper“ im Internet daran hindern, unfaire Methoden anzuwenden.

Am Dienstag unterstützte der federführende Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) den Kurs der Regulierungen im EU-Parlament. Der Digital Markets Act würde „Gatekeeper“ auch dazu verpflichten, ihre Messenger für die Konkurrenz zu öffnen.

Das neue Gesetz geht an der Wurzel des Übels – der Monopolisierung des Internets – leider weitgehend vorbei und versucht Symptome zu kurieren. Konservative und Liberale verteidigen das schädliche Geschäftsmodell der multinationalen Internetkonzerne – welch ein Lobbyerfolg für die Industrie.

Dr. Patrick Breyer, EU-Abgeordneter der Piratenpartei

Digital Markets Act könnte Messenger vereinen

Beispielsweise könnten die User dann frei wählen, welchen Messenger sie verwenden möchten. Sie wären nicht mehr an die Popularität des Messengers oder die Messengerwahl ihrer Peers gebunden. Durch den Digital Markets Act könnten dann Threema-User auch mit WhatsApp-Usern chatten, ohne den jeweiligen Messenger zu verlassen. Twitter-Beiträge könnten mit Inhalten von Instagram oder Facebook ergänzt werden.

Der Gatekeeper muss den Konkurrenten auf Antrag kostenlos anbinden. Dabei darf die Qualität der Anbindung laut Digital Markets Act nicht dem nachstehen, was dem Gatekeeper selber zur Verfügung steht. Text, Sprache, Bild und Video müssen eingebunden werden, bei Social Media sind das Likes, Beiträge und Kommentare.

Das könnte Verbraucherinnen die Wahl geben, den Messenger-Dienst zu wählen, der den besten Standards zum Beispiel im Datenschutz folgt – und nicht den mit den meisten Nutzerinnen. Leider sieht die heutige Einigung genau das nicht vor, dass Messenger-Dienste auch unter die unmittelbar greifenden Verpflichtungen fallen, wofür wir Grüne uns eingesetzt haben.

Anna Cavvazzini, EU-Abgeordnete der Grünen

Hohe Datenschutz- und Sicherheitsansprüche

Doch die Forderungen des Digital Markets Act bergen Sicherheitsrisiken. Wie die Anbindung der jeweiligen Dienste vonstattengehen soll, ist noch unklar. Ebenso fraglich ist die Anwendbarkeit von E2E-Verschlüsselung. Zentralisierung der Dienste bringt auch massive Bedenken bezüglich Datenschutz und Überwachung.

So könnte beispielsweise die Verschlüsselung der Messenger darunter leiden, etwa weil eine Schnittstelle nur weniger sichere Verschlüsselungsmethoden unterstützt. Auch würden die Schnittstellen zwischen den Messengern wieder von den Gatekeepern abhängen, was die Abhängigkeitsposition der kleineren Konkurrenten nur verschärft. Hier geht der Digital Markets Act nicht weit genug.

Vorinstallierte Apps müssen deinstallierbar sein

Weitere Regulierungen des Digital Market Act beinhalten die Pflicht für Gatekeeper, vorinstallierte Apps auf ihrem Kernplattformdienst wie einem Betriebssystem einfach deinstallierbar zu machen. Dazu muss der Gatekeeper den User technisch in die Lage versetzen. Lediglich für Apps, die für das das Betriebssystem oder das Gerät technisch notwendig sind und Apps, deren Funktionen nicht von Drittanbietern angeboten werden, gibt es Ausnahmen.

Der Digital Market Act ignorierte weitergehende Forderungen von Mail-Unternehmen wie Proton, vorinstallierte Kernanwendungen wie Mail-Apps zu verbieten. Die Free Software Foundation Europe blieb mit ihrer Forderung nach einer Pflicht zur Geräteneutralität, offener Standards für Interoperabilität und „Sideloading“ erfolglos. Sideloading bezeichnet die Möglichkeit zur Verwendung anderer App-Stores als den vorgegebenen Stores von beispielsweise Apple und Google.

Kandidaten für den Digital Markets Act müssen noch benannt werden

Die Liste der Gatekeeper zu erstellen ist die Aufgabe der EU-Kommission. Nach Schätzungen soll die Anzahl der Gatekeeper ungefähr elf bis vierzehn Unternehmen betragen. Die Kategorien im Digital Markets Act sollen unter anderem Suchmaschinen, soziale Netzwerke, Fernseher, Sprachassistenten wie Siri oder Amazons Alexa, Marktplätze und Browser umfassen.