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Cox Communications: Berufung gegen Mrd.-Dollar-Urheberrechtsurteil

Cox Communications legt Berufung dagegen ein, wegen Musikpiraterie zur Zahlung von einer Milliarde USD verurteilt worden zu sein.

Der US-Internetdienstleister Cox Communications legte aktuell seine formale Berufung gegen das Gerichtsurteil (Az. 1:18-cv-00950) vom Jahr 2019 ein. Dieses besagte, dass der Internetprovider für die Urheberrechtsverletzungen seiner Nutzer haftbar gemacht werden könne. Darum solle er mehreren großen Musik-Labels eine Milliarde Dollar Schadenersatz zahlen. Darüber berichtete der P2P-Blog TorrentFreak.

Ende 2019 verlor der Internetprovider Cox Communications einen Rechtsstreit gegen eine Gruppe großer Plattenlabels. Nach einer zweiwöchigen Gerichtsverhandlung machte eine Jury des US-Bundesbezirksgerichts in Virginia, Cox für seine Abonnenten verantwortlich, die darüber unzählige Schwarzkopien ausgetauscht haben. Der ISP konnte wiederholte Verstöße nicht ausschließen. Für das Filsharing von 10.000 Musikstücken von Kunden des Providers, wurde das Unternehmen infolge zur Zahlung von 1 Milliarde Dollar verurteilt. Das Gericht stellte fest, dass der ISP nicht ausreichend gegen Filesharing vorgegangen ist, um die Musikpiraterie einzudämmen.

Musik-Labels klagten wegen Urheberrechtsverletzungen gegen Cox Communications

Geklagt hatte eine Koalition von mehr als 50 großen Plattenlabels, darunter Sony, Universal und Warner. In der bereits im Jahre 2018 gegen Cox eingereichten Klage, warfen sie dem Provider vor, dass mindestens 20.000 Cox-Kunden wiederholte Urheberrechtsverletzungen begingen. Der ISP habe infolge „seine eigenen Gewinne vor seinen gesetzlichen Verpflichtungen priorisiert“.

Im Dezember 2019 einigte sich eine Jury mit den Klägern Sony Music, Universal Music Group, Warner Music Group und EMI darauf, dass Cox sich „absichtlich geweigert hat, angemessene Maßnahmen zu ergreifen“, um ihnen bekannte Urheberrechtsverletzungen zu bekämpfen. Cox wurde für Verstöße gegen 10.017 Werke haftbar gemacht und mit einer Geldstrafe von 99.830,29 USD pro Werk belegt. Das entspricht einem gesetzlichen Schadenersatz von insgesamt einer Milliarde USD.

Der Internetprovider nannte das Urteil in einer Erklärung „ungerechtfertigt und ungerecht“. Das Unternehmen wies darauf hin, dass legale Downloads bereits für einen Dollar zu haben sind, die Jury aber das 100.000-fache dieses Betrages pro Artikel zugesprochen hat. „Wir dulden [Rechtsverletzungen] nicht, wir klären darüber auf und wir tun unser Bestes, um sie einzudämmen. Jedoch sollte man uns nicht für die Urheberrechtsverletzungen anderer verantwortlich machen“. Infolge wollte der Internetprovider Berufung einlegen.

Nachträgliche Korrektur scheiterte

Cox verbrachte einen Großteil des letzten Jahres vergeblich damit, das Urteil der Jury aufzuheben – oder zumindest die Schadensersatzforderung zu kürzen. Trotz der Rückschläge gibt Cox nicht auf. Das Unternehmen ist der Ansicht, dass die Entscheidung des Bezirksgerichts nicht nur für Internetanbieter eine Katastrophe wäre. Wenn es so einträfe, würde das Urteil auch für die breite Öffentlichkeit dramatische Konsequenzen haben. Cox Communications argumentiert, dass sie fälschlicherweise für Raubkopien von Abonnenten haftbar gemacht werden. Insofern reichte der ISP diese Woche seine Berufungsschrift beim Court of Appeals for the Fourth Circuit ein, in der Hoffnung, das Urteil der Vorinstanz aufheben zu können.

„Musikindustrie führt Krieg gegen Internet“

In der Einreichung stellt der Internetprovider die Berufung in einen historischen Kontext. „Die Musikindustrie führt im Internet Krieg“, schreiben die Anwälte von Cox. Zunächst gingen die Musikfirmen Tausenden von Filesharern und Softwarefirmen wie Napster nach. In der Zwischenzeit „stellte die Industrie fest, dass es teuer und unpopulär war, normale Verbraucher ins Visier zu nehmen“. Da folglich diese Taktik nicht das gewünschte Ergebnis lieferte, nahm man dann Internetanbieter ins Visier. In der Berufungsschrift heißt es:

„Fünfzehn Jahre nach Napster startete die Musikindustrie eine aggressive neue Strategie: Sie griff das Internet selbst an und verklagte die Internet-Service-Provider – die Kabel- und Telefongesellschaften, wie die beklagte Cox Communications, die das Internet bereitstellen. Die Plattenfirmen behaupten, der ISP sei genauso verantwortlich wie Napster, nur weil er eine Internetverbindung zur Verfügung gestellt hat. Aber im Gegensatz zu den Angeboten von Napster und Konsorten ist der Internetdienst [des ISP] weder dafür ausgelegt noch wird dafür geworben, die Piraterie zu fördern. Und 99% der Internetnutzer von Cox haben den Dienst nie zu diesem Zweck genutzt.

Ihre Kabelfirma kann auch nicht Ihre Internetnutzung überwachen oder bestimmte Online-Aktivitäten blockieren, zumindest nicht im Moment. Cox fördert also nicht nur keine Rechtsverletzungen, sondern kann auch keine Rechtsverletzungen über seine Kabel verhindern, genauso wenig wie Ihre Telefongesellschaft Benutzer daran hindern kann, Betrügereien über Telefonleitungen zu begehen“.

Wegen Argumenten wie diesen, existiert allerdings der Copyright Safe Harbour. Das ist der Teil des Urheberrechtsgesetzes, der besagt, dass ein ISP wie Cox nicht für die Urheberrechtsverletzungen seiner Nutzer haftbar gemacht werden kann, wenn er über ein System verfügt, mit dem die Urheberrechtsinhaber die Entfernung der verletzenden Inhalte erwirken können, sowie über eine Politik, mit der er gegen Wiederholungstäter unter seinen Kunden vorgeht.

Richterhammer, Filesharing

Jedoch basierte sowohl die BMG-, als auch die nachfolgende Major-Label-Klage gegen Cox auf der Behauptung, dass der ISP zwar ein Takedown-System und eine Richtlinie für Wiederholungsverletzer betrieb, aber ein absichtlich schlampiges System für den Umgang mit diesen Wiederholungsverletzern hatte. So sehr – so argumentierten die Musikunternehmen -, dass es sich nicht für den Safe-Harbour-Schutz qualifizierte. Und in beiden Fällen schloss sich das Gericht dieser Argumentation an.

Keineswegs, so betont Cox in seinem Berufungsantrag, „bedeutet der Verlust des Safe-Harbour-Schutzes …, dass ein ISP für die Verstöße seiner Abonnenten haftbar ist“. Aber dennoch hat man Cox für diese Rechtsverletzungen haftbar gemacht und zwar für mittelbare Rechtsverletzungen und zudem auch für stellvertretende Rechtsverletzungen.

Gemäß dem Gesetz müssen ISPs eine Richtlinie verabschieden und angemessen umsetzen, die es ihnen ermöglicht, die Konten von wiederholten Verstößen unter geeigneten Umständen zu kündigen. Die Musikunternehmen streben an, dass ISPs Konten kündigen sollten, nachdem Rechteinhaber unabhängig von den Umständen mehrere Verstöße gemeldet haben. Cox und andere ISPs zögerten jedoch in der Vergangenheit, sich von Abonnenten zu trennen. Auch weil sie der Ansicht sind, dass es „nicht angemessen“ sei, ganze Unternehmen oder Haushalte vom Internet zu trennen. Cox bekräftigt diese Haltung in seinem Berufungsschreiben.

„Internet wird nie wieder das gleiche sein“

Cox führt dazu aus:

„Die gesetzlichen Regeln, für die sich die Kläger einsetzen, haben ISPs in eine unmögliche Lage gebracht. ISPs müssten ganze Haushalte oder Unternehmen aus dem Internet entlassen. Das würde ihre Lebensadern, ihren Lebensunterhalt und ihre sozialen Verbindungen einschränken -, basierend auf einigen isolierten und möglicherweise ungenauen Anschuldigungen. Oder sie müssen in unsere Privatsphäre eindringen, indem sie neue Funktionen entwickeln, um unsere Internetnutzung rund um die Uhr zu überwachen und illegale Aktivitäten ausfindig zu machen. Das Internet wird dann niemals wieder das gleiche sein.“

Der ISP hofft, dass das Berufungsgericht das Urteil des Bezirksgerichts aufhebt. Wenn nicht, würden die Konsequenzen verheerend sein.

„Wenn dieses Urteil aufrechterhalten wird, würde es die Interessen der Musikindustrie über die der normalen und oft schuldlosen Menschen stellen, die auf das Internet angewiesen sind. Die Folgen werden verheerend sein“, so Cox abschließend.

Tarnkappe.info

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Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.