Abmahnung
Abmahnung
Bildquelle: viarami, Lizenz

Bundesgerichtshof erteilt Abmahnungen von kostenlosen Fotos Absage

Der Bundesgerichtshof erteilte der Kalkulation des Lizenzschadens der Abmahner von kostenfreien Fotos eine Absage. Null ist und bleibt =null.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat eher zufällig in einem anderen Fall geurteilt, ob Fotografen ihren häufig in Abmahnungen verwendeten Lizenzschaden bei Fotos mit einer kostenfreien CC-Lizenz anwenden können. Mit Lizenzschaden ist gemeint, dass Fotografen in Abmahnungen und später vor Gericht versuchen bei Werken, die sie eigentlich verschenken, Schäden zu kalkulieren, die sie den Abgemahnten in Rechnung stellen wollen.

Bundesgerichtshof: 0 € Gebühren = 0 € Schaden

Wir haben schon häufiger über die Vorgehensweise der Fotografen Thomas Wolf, Dirk Vorderstraße, Wladislaw Sojka, Christoph Scholz, Rolf Roltschek, Marco Verch, Katharina Surhoff & Co. berichtet. Diese haben CC-lizenzierte Werke abmahnen lassen, sofern die Angaben der Lizenz falsch oder unvollständig waren.

Im Jahr 2018 hatte Rechtsanwalt Markus Kompa am OLG Köln das inzwischen als „Speicherstadt“ bekannte Urteil herbeigeführt. Demnach beträgt der „Lizenzschaden“ für rechtswidrig genutzte Lichtbilder, die man unter einer kostenfreien Creative Commons-Lizenz verbreitet hat, grundsätzlich 0 Euro.

Wer einen Lizenzschaden in Rechnung stellen will, muss laut Urteil zunächst beweisen, dass sie durch die Vorgehensweise der Abgemahnten tatsächlich einen Vermögensausfall hatten. Das OLG Köln ging schlichtweg davon aus, dass die Fotografen nicht mehr als null Euro aus den verschenkten Lizenzen herausholen können. OLG Köln, Urteil vom 23.03.2018 – 6 U 131/17 – Speicherstadt. So ähnlich sieht es der Bundesgerichtshof auch.

Lizenzanalogie unpassend

Der BGH stellte nun im Urteil vom 16.12.2021 – I ZR 201/20 – ÖKO TEST III fest, dass der Kläger seinen entstandenen Schaden nicht nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechnen kann, wenn er in ständiger Lizenzierungspraxis ausschließlich unentgeltliche Lizenzen erteilt hat. Zwar ging es hierbei konkret um die kostenlose Nutzung einer Marke für eine Zahncreme. Laut Kompa könne man dies aber auf die ganzen Flickr- und Wikipedia-Abmahnungen übertragen. Denn wer als Urheber seine Werke mithilfe einer CC-Lizenz verschenkt, man die Fotos also kostenlos unter bestimmten Bedingungen nutzen darf, so können die Fotografen in ihren Abmahnungen auch keinen Lizenzschaden in Rechnung stellen. Vom Gegenstandswert hängt die Höhe der Kostennote des Anwalts der Gegenseite ab.

Fotografen lassen fleißig weiter abmahnen

Paragrafendschungel, Filesharing, Hoerbuch-Hoerspiel-Junkies.org

Das Urteil des BGH ändert leider nichts an der Tatsache, dass auftragslose Juristen weiterhin fleißig in dem Bereich abmahnen. Wir haben im Oktober 2019 bei der Wikipedia angefragt, wie man künftig mit dieser Problematik umgehen möchte. Antwort in Kurzform: Wir sind nicht zuständig.

Die angeblich zuständige Organisation in den USA konnte uns (wie überraschend!) nichts zu diesem Thema mitteilen. Denen war das Problem schlichtweg nicht bekannt. Und auch der Erfinder der CC-Lizenzen, Prof. Lawrence Lessig, ließ uns durch seine zwei wissenschaftlichen Mitarbeiter der unterschiedlichen Unis mitteilen, dass er dazu keinen Kommentar abgeben möchte.

Lawrence Lessig und die Wikimedia Foundation haben es gut. Den Herrn Professor und die Wikifanten betrifft der Schaden nicht, sie muss das Ganze nicht weiter interessieren. Dementsprechend hat in den letzten Jahren niemand etwas gegen diese Abmahnfalle unternommen.

Immerhin hat der Bundesgerichtshof die Kostenfrage der Werke jetzt ein für alle Mal klargestellt. Bleibt abzuwarten, ob das mittelfristig für deutlich weniger Abmahnungen sorgen wird…

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.