Thomas Wolf
Thomas Wolf
Bildquelle: guvo59

CC-Lizenzforderungen: Klatsche für Thomas Wolf von TW PHOTOMEDIA

Thomas Wolf musste vor dem Amtsgericht Würzburg erneut eine Klatsche einstecken. Der Nutzer muss für das CC-lizenzierte Foto nichts bezahlen.

Vor dem Amtsgericht Würzburg musste Thomas Wolf erneut eine Klatsche einstecken. Schon wieder muss Wolf laut Urteil die außergerichtlichen und gerichtlichen Verfahrenskosten tragen. Wolf schrieb den Nutzer eines seiner Fotos an, weil dieser nach Wolfs Auffassung einen Lizenzschadenersatz zahlen sollte. Der Fotograf hatte das Bild bei der Wikipedia unter Anwendung einer CC-Lizenz veröffentlicht.

Thomas Wolf fordert Aufwendungsersatz für CC-lizenzierte Bilder

Die Reihe der Fotografen, die ihre Bilder ins Internet (hier bei der Wikipedia einstellen), um die Verbreiter mit Forderungen konfrontieren zu können, ist seit einigen Monaten mit Thomas Wolf von der Bildagentur TW PHOTOMEDIA um einen Namen reicher. Bei Juristen sind die Abmahnungen für Creative Commons lizenzierte Werke schon bekannt, wie Markus Kompa auf seinem Blog berichtet. Obwohl Wolf die Fotos bei der Wikimedia ohne Bezahlung eingestellt hat, fordert er von den Nutzern Schadenersatzansprüche ein. Man habe seine Urheberschaft gar nicht oder nur unzureichend kenntlich gemacht. Oftmals handelt es sich dabei um Landschaftsaufnahmen aus Berlin oder anderen Großstädten.

Der Kölner Rechtsanwalt Kompa berichtet, für die zur kostenlosen Lizenz freigegebenen Bilder bekam Wolf vor Gericht Ansprüche in Höhe von maximal 100 EUR zugesprochen. Oftmals blieb er den Nachweis schuldig, dass er mit den Fotos regulär unternehmerisch tätig sei. In der Folge haben viele Gerichte seine Ansprüche auf null Euro beziffert. Im fraglichen Fall bewertete das Amtsgericht Würzburg laut Urteil vom 23.07.2020 (AZ 34 C 2436/19) erneut den Lizenzschaden auf 0,- €.

abmahnung abgemahnt

„Vorsätzlich sittenwidrige Schädigung“

Das Gericht kam schon wieder zu dem Urteil, dass der Kläger aufgrund der bisherigen Verfahren hätte wissen müssen, dass auch hier seine Forderung unberechtigt war. Da Thomas Wolf sein Verhalten vor Gericht immer wieder wiederholt hat, erkannte das Gericht den Versand der schriftlichen Forderungen als „vorsätzlich sittenwidriges Handeln“. Deswegen muss er dem Nutzer seines Fotos den Aufwendungsersatz plus die Gerichtskosten erstatten. In diesem Fall waren das insgesamt 1.124,- €, die Herr Wolf nun tragen muss. Ob der Betreiber von TW PHOTOMEDIA diesmal erkannt hat, dass diese Art der Schreiben vor Gericht nahezu chancenlos sind, bleibt freilich abzuwarten.

Abmahnung von TW PHOTOMEDIA, Thomas Wolf, erhalten? Wie reagieren?

wikimedia foundation

Kompa weist darauf hin, dass man auf die Abmahnung auf jeden Fall reagieren muss. Wer untätig bleibt, muss damit rechnen, dass die Gegenseite Unterlassungsansprüche und ersatzfähige Kosten bis zu 557,03 EUR fordern kann. Wer selbst dann nicht reagiert, bei dem kommen die Gerichtskosten noch oben drauf.

Laut § 97a Abs. 4 UrhG. besteht eine Ausnahme der Regelung, dass man normalerweise für die Rechtsanwaltskosten zur Abwehr der Abmahnung in Vorkasse treten bzw. diese selbst bezahlen muss. Davon ausgenommen sind aber urheberrechtliche Abmahnungen, wenn diese als unwirksam oder unberechtigt erkennbar seien. Doch Herr Wolf fordert keine Unterlassung, weswegen es sich streng genommen nicht um Abmahnungen handelt. Doch sofern eine „vorsätzlich sittenwidrige Schädigung“ vorliegt, kann Ersatz nach § 826 BGB dann gefordert werden. Wer ein solches Schreiben erhält, sollte sich folglich einen Fachanwalt für Medienrecht suchen, der ihn in dieser Sache vertritt.

Kommentar von Lars Sobiraj

Sehr unterhaltsam ist in diesem Zusammenhang der Hinweis auf der Webseite der Würzburger Medienagentur von Thomas Wolf, man engagiere sich aktiv im Kampf gegen „unseriöse Geschäftsmodelle“. Geltendes Recht kann man aber nicht nur missachten, indem man das Urheberrecht Dritter ignoriert.

Geltendes Recht missachtet man meiner Meinung nach auch, wenn man wiederholt derartige Schreiben mit einer klaren Gewinnabsicht verschickt. Und das obwohl verschiedene Gerichte dieses Vorgehen in ihren Urteilen nicht gerade bestätigt haben, um es mal vorsichtig auszudrücken. Daran können auch die auf der eigenen Seite beworbenen wiederkehrenden Spenden an Naturschutzorganisationen nichts ändern…

Wikimedia/Wikipedia üben sich in perfekter Verantwortungsdiffusion

Nicht zu verstehen ist auch, wieso die Wikipedia Community diesem Treiben seit Jahren tatenlos zusieht. Jurist Kompa mutmaßt, dort wird wohl eine Krähe der anderen kein Auge aushacken wollen. Kompa schreibt: „Warum man bei Wikimedia Herrn Wolfs Bilder, mit denen er an die Tausend Leute abgezockt hat, seine Urheberrechtsfallen weiter dort verbreiten lässt und ihm sogar den Werbelink auf seine eigene Homepage gestattet, weiß ich auch nicht. Vielleicht hat es damit zu tun, dass eine Menge Leute bei Wikimedia/Wikipedia unseriöse Geschäftsmodelle wie bezahlte PR usw. verfolgen (…)“.

abmahnung

Die Leitung der deutschen Wikipedia übte sich in der perfekten Ausübung von Verantwortungsdiffusion. Zuständig sei angeblich für derartige Fragestellungen die US-amerikanische Wikimedia Foundation, schrieb man uns. Und die sah sich auch nicht als zuständig an. Im Ergebnis muss niemand aktiv werden, weil ja angeblich niemand zuständig ist. Die Gemeinschaft für freies Wissen öffnet mit ihrem Vorgehen dem teils kriminellen Handeln mancher Fotografen Tür und Tor. Sie müssen nichts unternehmen, denn den Schaden haben ja andere. Nämlich die Abgemahnten, die teilweise dann nicht mehr wissen, wovon sie ihre nächste Miete bezahlen sollen.

Auch einen Prof. Lawrence Lessig juckt das Thema nicht

Und selbst Lawrence Lessig, der „Erfinder“ der CC-Lizenzen, wollte sich auf unsere Anfrage zu diesem Thema nicht äußern. Die Büros an den beiden Universitäten, wo Lessig lehrt, sehen sich schlichtweg nicht als zuständig an. Wir haben deswegen gleich mehrfach nachgefragt, weil uns die Problematik am Herzen liegt. Ohne jedes Ergebnis. Es wäre aber wichtig, dass endlich mal jemand etwas dagegen unternimmt. Bei den Wikifanten ist Thomas Wolf alles andere als ein Einzelfall. Es gibt von dieser Sorte bei der Wikimedia so viel mehr davon, die Anzahl der Opfer ist ungleich größer…

Tarnkappe.info

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.