Geldwäsche
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Bildquelle: Alexander Grey, Lizenz

EU-Gesetz gegen Geldwäsche: Bargeldregulierung und Verbot anonymer Kryptozahlungen kommt

Die federführenden Ausschüsse des EU-Parlaments stimmten vorgestern mehrheitlich einschneidenden Gesetzen zur verschärften Geldwäsche zu.

Die neue Regulierung der EU zum Thema Geldwäsche ist noch nicht inkraft getreten, doch sie ist auf dem besten Weg dazu.

Im Detail wird die Regulierung in Zukunft folgende Konsequenzen nach sich ziehen:

  • Anonyme Barzahlungen über 3.000 € will die EU im geschäftlichen Verkehr verbieten.
  • Barzahlungen über 10.000 € sollen im geschäftlichen Verkehr komplett verboten werden.
  • Anonyme Zahlungen in Kryptowährungen an von Anbietern betriebene Geldbörsen (hosted wallets) werden ohne Schwellenwert schon bei Minimalbeträgen untersagt.

Kaum Auswirkungen auf die Kriminalität zu erwarten

Der Europaabgeordnete und digitale Freiheitskämpfer Dr. Patrick Breyer (Piratenpartei) erklärt seine Gegenstimme wie folgt:

Anonyme Zahlungen zu verbieten, hat bestenfalls minimal senkende Effekte auf die Kriminalität, würde aber unbescholtenen Bürgern die finanzielle Freiheit nehmen. Welche Medikamente oder welches Sexspielzeug ich einkaufe, welche politischen oder sexualbezogenen Filme ich ansehe, geht niemanden etwas an. Zum Einsammeln von Spenden sind Dissidenten wie der verstorbene Alexej Navalny und seine Ehefrau weltweit heute zunehmend auf anonyme Spenden in virtuellen Währungen angewiesen.

Auch Wikileaks wurde von Kreditkartenfirmen bereits der Spendenhahn zugedreht. Wo jede Zahlung erfasst und für immer gespeichert wird, drohen Hackerangriffe, unberechtigte Ermittlungen und eine abschreckende Staatsaufsicht über jeden Kauf und jede Spende.

Geldwäsche: Zusätzliche Entmündigung der EU-Bürger droht

Abmahnung Geld Dollar

„Dieser EU-Krieg gegen das Bargeld wird sich noch böse rächen! Seit Tausenden von Jahren haben Gesellschaften auf der ganzen Welt mit Bargeld, das die Privatsphäre schützt, gelebt. Mit der schleichenden Abschaffung des Bargelds drohen Negativzinsen und das jederzeitige Abdrehen der Geldversorgung über Kartensperrungen. Die Abhängigkeit von Banken nimmt bedrohlich zu. Eine derartige finanzielle Entmündigung gilt es zu stoppen.

Wir müssen stattdessen Wege finden, die besten Eigenschaften von Bargeld in unsere digitale Zukunft mitzunehmen. Auch im Netz haben wir ein Recht darauf, in Kryptowährungen bezahlen und spenden zu können, ohne dass unser Zahlungsverhalten anlasslos und personenbezogen aufgezeichnet wird. Wenn die EU glaubt, virtuelle Währungen im Alleingang regulieren zu können, hat sie das weltweite Internet nicht verstanden.

Profile erstellen mithilfe der Regulierung des Bargeldes

Anja Hirschel, die Spitzenkandidatin der Piratenpartei zur Europawahl, ergänzt Breyers Aussagen zur geplanten verschärften Regulierung des Bargeldobergrenze und von Kryptwährungen.

Bargeldzahlungen werden immer weiter eingeschränkt und gleichzeitig anonymes Bezahlen im Netz verboten. Dies führt zu einer immer detaillierteren Nachverfolgbarkeit unseres Konsums und
Privatlebens. Wie viel ich wofür wann und wo ausgebe, lässt immer genauere Rückschlüsse auf mich als Person zu. In Zusammenhang mit den nationalen Diskussionen um Bezahlkarten für verschiedene Menschengruppen kann dies ein Baustein hin zu einer gesetzliche Grundlage zur späteren Profilbildung und Kontrolle selbst von legalen Ausgaben darstellen.

Hintergrund zur Bargeldobergrenze

Geldwäsche

2017 fragte die EU-Kommission schon einmal die Öffentlichkeit nach ihrer Meinung zur Begrenzung von Barzahlungen. Mehr als 90 % der antwortenden Bürger sprachen sich gegen einen solchen Schritt aus. Die Befragten hielten das anonyme Bezahlen mit Bargeld für eine “essentielle persönliche Freiheit”. Sie vertraten die Meinung, dass “Beschränkungen für Bargeldzahlungen ineffektiv sind, um die möglichen Ziele (Bekämpfung von kriminellen Aktivitäten, Terrorismus, Steuerhinterziehung) zu erreichen”.

Laut einer EZB-Umfrage verwenden bis zu 10% der Bürger Bargeld auch für Beträge über 10.000 € (z.B. beim Autokauf). Nach Berechnungen von Schattenwirtschaftsfachmann Friedrich Schneider von der
Universität Linz hat das Verbot großer Barzahlungen „nur minimale senkende Effekte auf die Schwarzarbeit oder die Kriminalität“. Das geplante Regelwerk zur Einschränkung der Geldwäsche ist allerdings sehr gut dazu in der Lage, die EU-Bürgerinnen und Bürger damit künftig noch effektiver zu überwachen.

Hintergrund zu Kryptowährungen

Im Gegensatz zu Bargeld, das völlig anonym ist, können Transaktionen mit Kryptowährungen gerade im Fall von Bitcoin über die Blockchain nachvollzogen werden. Wo virtuelle Vermögenswerte in der Vergangenheit für kriminelle Aktivitäten verwendet wurden, war eine strafrechtliche Verfolgung möglich, etwa indem ungewöhnliche Muster erkannt und Verdächtige identifiziert wurden. Einige Kriminelle haben sich im Laufe der Zeit selbst de-anonymisiert, und jeder Kriminelle wird irgendwann seine digitalen Gelder gegen echtes Geld eintauschen müssen. Virtuelle Guthaben sind von geringer Relevanz für das globale Finanzsystem.

monero

Patrick Breyer vertritt die Ansicht, es gebe keine belastbaren Nachweise dafür, dass virtuelle Währungen nennenswert zur Geldwäsche genutzt würden. EU-Vorschriften kann man durch Verwendung von Digitalwährungen wie den Monero ohne großen Aufwand umgehen. Dazu kommen Krypto-Handelsplattformen, deren Betreibergesellschaften außerhalb der EU sitzen.

Virtuelle Vermögenswerte kann man auch direkt von einer zu einer anderen Person ohne Zwischenhändler übertragen. Das geht beispielsweise mit unhosted wallets auf dem eigenen PC. Auch damit laufen die Identifizierungspflichten ins Leere. Dennoch werden Unternehmen im geschäftlichen Verkehr in aller Regel an hosted wallets zahlen, wodurch das Anonymitätsverbot im betrieblichen Umfeld greift.

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.