Die Zahlen sprechen ihre eigene Sprache. Der Umsatzanteil der E-Books betrug 2016 4,6% und blieb somit unverändert. Der Börsenverein verkauft dies als Sieg.
Diese Zahlen sprechen ihre eigene Sprache. Der Umsatzanteil der E-Books betrug 2016 ganze 4,6% und blieb somit fast unverändert. Insgesamt stieg dort der Umsatz um 2,6% an. Grund dafür waren im Winter umsatzstarke Kinder- und Jugendbücher wie der neue Harry Potter und andere Zugpferde, die allerdings nicht alle paar Monate für ein solches Wachstum sorgen können. Die GfK- Hochrechnungen werden wie üblich vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels als gutes Ergebnis gewertet. Wir kommentieren.
Absätze für E-Books stagieren seit langer Zeit
Der Markt für E-Books bewegt sich auf der Horizontalen. Anders lässt sich die Situation kaum zusammenfassen. Ganze 0,1% Umsatzwachstum konnte man im Vorjahr verzeichnen. Und auch nur weil im Kinder- und Jugendbereich einige heiß begehrte Werke wie „Harry Potter und das verwunschene Kind“ von J.K. Rowling / John Tiffany / Jack Thorne oder „Seven Wonders – Der letzte Kampf des Dämons“ (Peter Lerangis) erschienen sind. Ohne die Topseller wäre die Kurve im Vorjahr sogar leicht nach unten gegangen. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels meldet in Kooperation mit GfK Entertainment vierteljährlich die Entwicklung auf dem E-Book-Markt. Die Hochrechnungen der E-Book-Absätze und -Umsätze stammen aus dem GfK Consumer Panel Media*Scope Buch mit insgesamt 25.000 Personen. Sie sind repräsentativ für die deutsche Wohnbevölkerung ab zehn Jahren, für insgesamt 67,7 Mio. Menschen.
Positiv ist zu vermelden, dass die Leser, die sich bereits für einen digitalen Reader statt für bedrucktes Papier entschieden haben, letztes Jahr tendenziell etwas tiefer in ihre Tasche gegriffen haben. Sie kauften durchschnittlich 0,4 E-Books mehr aufs Jahr 2016 gerechnet. Gesunken sind auch die Preise, die pro Titel bezahlt werden mussten. Die Preise sanken um 1,4%, was sich natürlich ebenfalls statistisch auf den Umsatz ausgewirkt hat.
Doch sind wir in Anbetracht dieser Zahlen doch bitte einmal realistisch: Ohne die Topseller im Jugendsektor wäre der digitale Markt womöglich komplett abgesoffen, um es mal platt auszudrücken. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels verkauft diese Niederlage dennoch als Sieg: „Das E-Book bleibt für Verlage und Buchhandlungen eine wichtige Editionsform und verlässliche Größe und hat sich bei seinen Nutzerinnen und Nutzern etabliert. Während der Umsatz verhalten wächst, steigen Absatz und Kaufintensität weiterhin kontinuierlich an.
Nischendasein bleibt bestehen
Die Bedeutung des E-Books wird sicherlich weiter zunehmen, Verlage und Buchhandlungen treiben neue digitale Leseformen und Vertriebsmodelle voran“, kommentierte Heinrich Riethmüller, Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, die Situation für die hauseigene Pressemitteilung, die heute über die Ticker ging. Kann oder will man die Realität beim Börsenverein, dem Dachverband der deutschen Verlage, nicht wahrhaben? E-Books wurde einst eine große Zukunft vorausgesagt. Sie stellen aber im Gegensatz zu den Aussagen von Herrn Riethmüller kein erfolgreiches Vertriebsmodell dar, sie fristen ein regelrechtes Schattendasein.
Realistisch gesehen ist nämlich eben nicht davon auszugehen, dass sich am Umsatzanteil noch etwas ändern wird. Ein Gutes hat die Niederlage immerhin. Die Verlage müssen die Online-Piraterie weiterhin nicht ernst nehmen, weil ihnen mit einem Marktanteil der gedruckten Werke von 95,4% auch der damit verbundene Umsatz sicher ist. Warum sollten sie Unsummen in Antipiraterie-Unternehmen wie die GVU stecken, wenn ihnen die ganzen Downloader via P2P, Sharehoster oder Usenet-Provider kaum bis gar nichts von ihrem Gewinn streitig machen!??
Die illegale Konkurrenz schläft nicht
Bleibt allen Verlagen und Autoren zu wünschen, dass die Preise für E-Books weiter sinken. Nicht bis zum Niveau von LUL.to, die neue Bücher illegal in ihren digitalen Grabbelkisten zu Ramschpreisen von wenigen Cent veräußern. Den aktuellen Harry Potter gibt es dort für satte 20 Cent. Immerhin noch immer 20 Cent mehr als für umsonst, wie bei der Konkurrenz aus dem Graubereich. Sehen wird von den 20 Cent natürlich weder der Verlag noch die Autoren etwas. Im Handel kostet der gedruckte Potter knapp 20 Euro und der digitale Harry nur 5 Euro weniger.
Da für den Verlag bis auf das Hosting (für die Webseite bzw. den Download) weder Druck-, Lager- oder Versandkosten entstehen, kann und muss man diesen Preisvorteil an die Kunden weiterreichen. Selbst bei Neuerscheinungen ist kaum jemand bereit, 3/4 des Preises für etwas zu bezahlen, was er nicht mal anfassen kann. Würde das Buch 20 und das E-Book mit 10 oder weniger Euro zu Buche schlagen, würde sich die Situation sicher anders darstellen. Von allen drakonischen DRM-Maßnahmen (Adobe & Co.) haben alle großen Verlage ja glücklicherweise schon spätestens im Vorjahr Abstand genommen.
Digiale Werke einfach zu teuer
Entsprechend gering ist weiterhin die Bereitschaft der Kundschaft, Geld in E-Books und deren Reader zu investieren. Solange E-Books nicht deutlich günstiger als gedruckte Bücher sind, wird sich daran im legalen Bereich auch in den nächsten Jahren nichts ändern. Sehr schade.
Tja, der illegale Bereich ist und bleibt ebenfalls eine Nische, wo heute wie jeden Tag „Business as usual“ herrscht. Den Machern von Lesen und Lauschen (LUL.to) kann es nur recht sein, wenn die Verlage ihre Strategie nicht ändern wollen. In dem Fall dürfte ihr Geschäftsmodell – und selbst das haben sie kopiert, noch viele Jahre funktionieren. Mir ist schleierhaft, wie der Börsenverein das ernsthaft als positive Entwicklung wahrnehmen oder uns verkaufen will.
Beitragsbild: Bald geschlossen? Berliner Buchhandlung am Savignyplatz. Foto Lars Sobiraj.
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