Julian Assange
A street art with Julian Assange
Bildquelle: Wirestock, Lizenz

Assange: Europaabgeordnete und Journalistenverbände fordern Begnadigung

45 Europaabgeordnete, Stella Assange und Journalistenverbände ersuchen in einem offenen Brief an US-Präsident Biden Begnadigung für Assange.

In einem offenen Brief fordern Mitglieder des Europäischen Parlaments, Stella Assange und Menschenrechtsorganisationen, darunter Statewatch, US-Präsident Joe Biden auf, Julian Assange zu begnadigen.

Dieser Akt wäre gleichzeitig ein Zeichen, um „zu demonstrieren, dass die Vereinigten Staaten die Grundrechte, Wahrheit, Rechenschaftspflicht und den Schutz derer, die sich gegen Ungerechtigkeit aussprechen, gewährleisten.“

Assange wurde von den USA wegen Spionage in 17 Fällen und wegen Computermissbrauchs angeklagt, nachdem WikiLeaks Tausende militärische und diplomatische Dokumenten in Umlauf gebracht hatte. Bereits seit April 2019 sitzt er im Gefängnis Belmarsh im Südosten Londons. Zuvor hatte er sich sieben Jahre lang in der ecuadorianischen Botschaft in der britischen Hauptstadt verschanzt.

Der bisherige Verlauf des Verfahrens gegen Julian Assange

Am 17. Juni diesen Jahres hatte die Innenministerin Priti Patel die entscheidende Auslieferungserklärung für Julian Assange unterzeichnet. Im August legten die Anwälte von Assange deshalb Berufung beim britischen High Court gegen seine Auslieferung an die USA ein. Sie argumentierten, er werde wegen seiner politischen Meinung strafrechtlich verfolgt und bestraft.

Sein Anwaltsteam hat zudem beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Berufung gegen die US-Auslieferung eingeleitet. Ein EGMR-Urteil könnte eine drohende Auslieferung noch unterbinden.

Im Falle einer Auslieferung könnte Julian Assange vor ein US-Gericht gestellt werden. Er sieht sich dem Vorwurf der US-Justiz ausgesetzt, eine Vielzahl geheimer Dokumente geleakt zu haben. Man wirft ihm vor, er hätte der Whistleblowerin Chelsea Manning geholfen, geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan zu veröffentlichen. In den USA droht ihm dementsprechend ein Strafverfahren.

Gemäß dem Antispionagegesetz von 1917 würde das, bei einer Verurteilung in allen 18 Anklagepunkten, in einer lebenslangen Haftstrafe münden. Nach aktuellem Stand kommen 175 Jahre zusammen. Julian Assange dementiert die Vorwürfe allerdings. Durch die Wikileaks-Publikationen hat die Enthüllungsplattform unter anderem Kriegsverbrechen durch amerikanische Soldaten aufgedeckt.

Assange: Nominierung für Sacharow-Preis

Stella Assange nahm erst am Mittwoch, den 14. Dezember, im Namen ihres Mannes an der Nominierung zum Sacharow-Preis 2022 für geistige Freiheit vor dem Europäischen Parlament in Straßburg teil. Gegenüber EURACTIV äußerte Stella Assange diesbezüglich:

„Länder müssen für ihre Grundwerte einstehen und sollten unverschämte Auslieferungsanträge wie den gegen Julian nicht tolerieren. Julian hätte keinen einzigen Tag im Gefängnis verbringen sollen. Man verfolgt ihn wegen der gleichen Aktivitäten strafrechtlich, die ihn zu einem Finalisten für den Sacharow-Preis gemacht haben. Was er aufdeckte, waren Kriegsverbrechen, Tötungen von Zivilisten, Folter, Überstellungen usw. Er informierte über Verbrechen, die von der US-Regierung und ihren Agenten begangen wurden.“

Dr. Patrick Breyer, Europaabgeordneter der Piratenpartei Deutschland, kommentiert:

“Die Inhaftierung und strafrechtliche Verfolgung von Assange ist ein extrem gefährlicher Präzedenzfall für alle Journalist:innen, Medienakteure und die Pressefreiheit. Kein Journalist sollte für die Veröffentlichung von ‘Staatsgeheimnissen’ von öffentlichem Interesse strafrechtlich verfolgt werden, denn dies ist sein Job. Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf, von den von Machthabern begangenen Staatsverbrechen zu erfahren, damit sie diese stoppen und vor Gericht bringen können. Julian Assange hat die Welt, in der wir leben, zum Besseren verändert und eine Ära eingeläutet, in der Ungerechtigkeit nicht mehr unter den Teppich gekehrt werden kann.”

Marcel Kolaja, Mitglied und Quästor des Europäischen Parlaments für die tschechische Piratenpartei, schreibt:

“Julian Assange hat im Rahmen seiner Tätigkeit als Enthüllungsjournalist Informationen von großer Bedeutung für die Öffentlichkeit enthüllt. Seine Inhaftierung steht in direktem Widerspruch zu den amerikanischen Grundwerten, wie der Rede- und Pressefreiheit. Seine Verfolgung wegen der Veröffentlichung der Wahrheit muss aufhören.”

Julian Assange
Foto: John Englart, thx! (CC BY-SA 2.0)

Markéta Gregorová, Mitglied des Europäischen Parlaments für die tschechische Piratenpartei, gibt bekannt:

“Assange sollte nicht das Exempel dafür sein, wie Whistleblower behandelt werden. Im Gegenteil, wir sollten ihn schützen, damit sie sich nicht scheuen, weiterhin wahrheitsgemäße Informationen im öffentlichen Interesse zu veröffentlichen. Ohne Julian Assange hätten wir nie von Fällen wie den Kriegsverbrechen amerikanischer Soldaten an der Zivilbevölkerung im Irak erfahren. Daher bin ich der Meinung, dass er eine vollständige Begnadigung durch den Präsidenten und die sofortige Entlassung aus dem Gefängnis verdient.”

Mikuláš Peksa, Europaabgeordneter und Vorsitzender der Europäischen Piratenpartei, kommentiert:

“Ich habe mit Stella Assange über die große Bedeutung der Verteidigung der Meinungsfreiheit und über das Recht gesprochen, die Wahrheit zu suchen und zu verbreiten. Als Mitglied des Europäischen Parlaments und der Piratenpartei stehe ich an der Seite von Stella und Julian in ihrem Kampf für Gerechtigkeit. Ich bin grundlegend gegen die Verfolgung von Whistleblowern und Journalisten. Wir dürfen nicht zulassen, dass Regierungen diejenigen zum Schweigen bringen, die ihr Fehlverhalten aufdecken.”

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.