Scammer (Symbolbild)
Scammer (Symbolbild)
Bildquelle: fuazmee@gmail.com (Depositphotos), Lizenz

Scamverdächtiger hätte gerne seine Kryptocoins vom FBI zurück

Ein mutmaßlicher Scammer bat das FBI darum, seine eingefrorenen Coins doch bitte freizugeben. Es sei doch alles legal!

In einer ungewöhnlichen Anfrage richtete sich der Mann namens Vishal Gautam an die US-amerikanische Bundespolizei FBI und beklagte die Sperrung seiner Kryptodevisen. Viel Aussicht auf Erfolg wird er damit wohl nicht haben, denn die Coins stehen im Zusammenhang mit einem Scam.

In Gerichtsdokumenten, die 404 Media in Zusammenarbeit mit Court Watch gesichtet hat, ist von dem kuriosen Fall zu lesen.

„Mark“, der Scammer

Es geht um eine ältere Dame aus Knoxville, Iowa, in den USA. Im Februar diesen Jahres öffnete sie eine E-Mail auf ihrem iPad, die behauptete, ihr Gerät sei gehackt worden. Des Weiteren solle sie den Absender der Mail kontaktieren, damit dieser Abhilfe schaffe. Der Scammer nannte sich in der E-Mail „Mark“. Da sie es offensichtlich nicht besser wusste, rief sie ihn an und er erklärte, dass er für das US-amerikanische Finanzministerium arbeite.

Ihr iPad wäre von jemandem aus Russland oder China gehackt worden, Pornos seien auf dem Gerät platziert und könnten der Dame Ärger einbringen. Eine gängige Masche also. Um das Gerät wieder flottzumachen, seien 10.000 USD (ca. 9.200 EUR) in Form von Walmart- und Dollar-General-Geschenkkarten vonnöten. Zusätzlich könnten so die Hacker aufgespürt werden, sagte der Scammer weiter. Also gehorchte die Seniorin, kaufte die Geschenkkarten im Wert von über 12.000 USD und schickte sie dem Scammer.

Bühne frei für „Steve“

Etwa einen Monat später kontaktierte ein weiterer Scammer namens „Steve“ die Seniorin aus Knoxville und behauptete, er sei ein Apple-Mitarbeiter. Steve konnte sie davon überzeugen, 150.000 USD (etwa 138.000 EUR) von ihrem Rentenkonto abzuheben, um davon Bitcoin zu kaufen. Ebenso sollte die Dame eine App auf ihrem Handy installieren. Durch diese bekam der Scammer Zugriff auf ihren Bildschirminhalt und konnte so live verfolgen, was sie gerade tat. Einen Tag später konnte Steve sie dazu überreden, 99.000 USD (etwa 91.000 EUR) bei CryptoFi einzuzahlen, einer Plattform zum Erwerb von Kryptodevisen.

Als das Betrugsopfer die Überweisung tätigen wollte, versuchten Bankmitarbeiter, sie vor dem offensichtlichen Scammer zu warnen, allerdings erfolglos. Später kaufte die Dame von dem Geld etwas über 3 Bitcoin und schickte diese an eine andere Walletadresse. Der Walletbesitzer wiederum transferierte die Bitcoins zu einer Walletadresse bei Paxful, einer Kryptobörse. Aus Unterlagen, die Paxful dem FBI freiwillig zur Verfügung stellten, konnten die Ermittler eine Gmail-Adresse und den Namen des Besitzers ersehen, jemand namens „Sachin“. Später am selben Tag überzeugte der Scammer sein Opfer, weitere 50.000 USD bei CryptoFi einzuzahlen.

„Sehr geehrte/r Dame/Herr…“

Das FBI verfolgte die Spur der Bitcoin zu einem Account auf Binance, geführt von einem Vishal Gautam; derselbe Name, der das FBI darum bat, seine Coins freizugeben. Im Juli beschlagnahmte das FBI die 18.500 USD im Account des mutmaßlichen Scammers, und im September kontaktierte Gautam die Bundesbehörde.

Im Schreiben heißt es:

„Sehr geehrte Dame oder Herr, mein Name ist Vishal Gautam, ich lebe in Indien. Ich bin ein Teilzeit-Kryptoinvestor und -trader und ein vollzeitbeschäftigter Krankenversicherungsangestellter in meinem Land. Ich bin nun seit vier Jahren Kryptoinvestor und -trader. Im Juli 2023 verschwanden plötzlich meine Kryptodevisen von Binance. Ich weiß nicht, wie es passierte, aber dann erfuhr ich, dass das FBI sie beschlagnahmt hatte. Es sind nun drei Monate vergangen, seit ich diese Sperre auf meine Kryptodevisen bekam. Ich bitte Sie darum, meine Kryptodevisen freizugeben. Ich habe sie bereits seit anderthalb Jahren in meinem Binance-Account. Ich habe nichts mit illegalen Dingen zu tun und werde so etwas auch nie tun. Ich werde nichts tun, was Ihrem Land oder Ihrem Volk schaden könnte. Ich arbeite hart und versorge eine vierköpfige Familie hier in Indien. Das Geld in Ihrer Obhut ist für mich und meine Familie eine sehr große Summe. Ich bitte Sie darum, es aus Ihrer Obhut freizugeben. Danke und Grüße“

Vishal Gautam

Das FBI sagt jedoch zu seiner Behauptung, die Coins seit anderthalb Jahren zu besitzen, dass dies nicht stimmen könne. Die Kryptodevisen seien in niemandes Wallet für eine so lange Zeit gewesen (vom 22. September 2023 aus gerechnet). Auch vom Zeitpunkt der Beschlagnahmung am 17. Juli 2023 aus gesehen stimme diese Behauptung nicht. 404 Media schrieb den mutmaßlichen Scammer per E-Mail an und er wiederholte seine Aussagen im Großen und Ganzen. Gautam fügte hinzu, dass er der rechtmäßige Besitzer dieser Coins sei, denn er habe sie auf Paxful gekauft. Pikant ist jedoch, dass Gautam mit der E-Mail-Adresse antwortete, die bei Paxful hinterlegt ist, und nicht mit der Adresse, die mit seinem Binance-Account verknüpft ist. Was bedeuten würde, dass Gautam mehr mit dem Scam zu tun hat, als er in seinem Schreiben an das FBI behauptete.