Personen und Firmen aus Russland haben Kryptowährungen als wirksames Mittel zur Umgehung der Sanktionen erkannt. Der BTC-Kurs geht nach oben.
Als die Vereinigten Staaten im Jahr 2014 nach der Invasion der Krim ihrem Volk untersagten, mit Banken, Öl- und Gasentwicklern und anderen Unternehmen aus Russland Geschäfte zu machen, war der Schlag für die dortige Wirtschaft immens. Wirtschaftswissenschaftler schätzten, dass die von den westlichen Staaten verhängten Krim-Sanktionen Russland 50 Milliarden Dollar pro Jahr kosteten.
Russland hat aus früheren Sanktionen gelernt
Den Kollegen von der New York Times sagte Michael Parker, ein ehemaliger Bundesstaatsanwalt, der jetzt die Anti-Geldwäsche- und Sanktionspraxis bei der Washingtoner Anwaltskanzlei Ferrari & Associates leitet, Russland hatte in der Zwischenzeit ausreichend viel Zeit, um über die Umgehung weiterer Sanktionen nachzudenken. Parker glaubt, es wäre „naiv zu glauben, dass sie nicht genau dieses Szenario durchgespielt haben.“ 2014 war man sich in Moskau vielleicht noch nicht bewusst über die Möglichkeiten, die ihnen die Kryptowährungen bieten. Das ist 2022 mit Sicherheit anders.
Kryptowährungen umgehen das globale Finanzsystem
Der eigentliche Schlüssel zu einem wirksamen Sanktionsprogramm ist stets das globale Finanzsystem. Die Banken sehen, woher Geld kommt und wohin es fließt. Die Gesetze zur Bekämpfung der Geldwäsche verpflichten sie, Transaktionen mit sanktionierten Unternehmen zu blockieren und den Behörden zu melden. Aber bei Transfers über den Bitcoin und andere Digitalwährungen sind die Banken blind und taub. Sie können nichts gegen derartige Transfers unternehmen.
Auch halten sich nicht alle Krypto-Handelsbörsen an die Pflicht, die Identität ihrer Kunden nach dem Know Your Customer-Prinzip zu überprüfen. Wer internationale Sanktionen umgehen will, muss sich ergo lediglich anderen Kanälen als den Bankkonten bedienen.
Die Chefs der führenden Online-Krypto-Handelsbörsen haben schon öffentlichkeitswirksam abgelehnt, Personen bzw. Firmen aus Russland aus ihrem Kundenstamm zu entfernen. So einfach wie bei Namecheap & Co. wird es nicht laufen. Schließlich geht es ums Geschäft. Niemand möchte freiwillig auf seine Einnahmen verzichten.
Neue Gelder mit Ransomware in die Kassen spülen?
Bei der NYT nimmt man an, mittels staatlicher Ramsomware-Gruppen könnte man versuchen, mit Erpressungen vermehrt Gelder in die eigenen Kassen zu spülen. Russland steht ähnlich wie Nordkorea im Zentrum einer stetig wachsenden „Ransomware-Industrie„. Im vergangenen Jahr gingen etwa 74 Prozent der weltweiten Ransomware-Einnahmen oder Kryptowährung im Wert von mehr als 400 Millionen Dollar an Unternehmen, die wahrscheinlich in irgendeiner Weise mit Russland verknüpft sind, so ein Bericht des Blockchain-Tracking-Unternehmens Chainalysis vom 14. Februar 2022.
Digitaler Rubel eröffnet neue Möglichkeiten
Daneben existiert bald auch der digitale Rubel als neues Finanzinstrument. In der Blockchain des digitalen Rubel gebe es Tools, um Transaktionen zu verschleiern. Dies soll es künftig Unternehmen aus aller Welt ermöglichen, unentdeckt mit russischen Unternehmen zu handeln.
Es gibt Anzeichen dafür, dass die Vereinigten Staaten ihre Überwachung von Kryptowährungs-Aktivitäten verstärken. Am 17. Februar gab das US-Justizministerium bekannt, dass es ein neues nationales Team zur Durchsetzung von Kryptowährungen geschaffen hat. Offenkundig wollen die Bundesstaatsanwälte dem schlechten Verhalten von manchen Kryptowährungsnutzern künftig vermehrt ihre besondere Aufmerksamkeit widmen.
Kryptowährungen steigen aufgrund des Russland-Krieges
Und während das Leben immer teurer wird und die Aktienmärkte unter Druck stehen, steigen die Kurse für den Bitcoin. Der Wert der meisten anderen Coins hängt mehr oder weniger direkt vom BTC-Kurs ab. Die meisten Kurse für Kryptowährungen sind ebenfalls in den letzten Tagen gestiegen.
Neue Player betreten den Markt
Doch damit nicht genug. Offenkundig haben ganz neue Investoren auf den Bitcoin gesetzt. Die Anzahl der uniquen Bitcoin-Adressen mit einem Guthaben von mehr als 1.000 BTC zeigt seit Kriegsausbruch einen eindeutigen Zulauf. Laut BTC-Echo gibt es inzwischen 2.259 solcher Adressen, die über 1.000 BTC beinhalten. Kleinanleger können sich die 43 Millionen US-Dollar pro BTC-Adresse schlichtweg nicht leisten. Da sind ganz andere Kaliber am Werk.
Fest steht: Der Kryptomarkt fungiert zunehmend als alternatives, finanzielles Rückgrat in der aktuellen Krisensituation. Wie lange aber der Bitcoin vom Russland-Feldzug profitieren wird, bleibt abzuwarten. Die aktuellen Kursgewinne können ganz schnell wieder verloren gehen.
Tarnkappe.info