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Pre-Crime: Science Fiction Visionen sind längst Realität geworden

Vorgestern lief der Dokumentarfilm "Pre-Crime" über Predictive Policing an. In den USA kann man auch ohne Fehlverhalten in den Fokus der Polizei geraten.

Vorgestern lief in den Kinos der Dokumentarfilm „Pre-Crime“ von Matthias Heeder und Monika Hielsche an. Mithilfe eines Punktesystems sollen Menschen ausfindig gemacht werden, die schon bald eine Straftat begehen oder Opfer einer solchen werden könnten. Die Realität nähert sich dabei erschreckend schnell der Kurzgeschichte „Minority Report“ von Philip K. Dick an.

Doku Pre-Crime stellt das Predictive Policing vor

In Deutschland wird diese Technik bisher nur in abgespeckter Form verwendet. Hierzulande will man mithilfe von „Predictive Policing“ herausfinden, in welchen Wohngebieten schon bald mit Einbruch und Diebstahl zu rechnen ist. Bisher mit eher mäßigem Erfolg. Im Interview erzählt Heeder, wie einer seiner Gesprächspartner in der so genannten Heat List ganz weit nach oben katapultiert wurde. Robert McDaniel ist in einem Ghetto von Chicago aufgewachsen. Die Algorithmen haben ihn zum Verbrecher abgestempelt. Er und sein bester Freund wurden immer wieder aktenkundig, weil sie in der Öffentlichkeit Alkohol getrunken oder sich durch Würfelspiele oder andere unerwünschte Tätigkeiten auffällig gemacht haben. Als sein Freund, mit dem er häufiger zusammen aufgegriffen wurde, Opfer eines Mordes wurde, wird McDaniel zur Zielperson. Sein Leben, was als Afroamerikaner in Chicago sowieso schon nicht einfach ist, wie er in Pre-Crime erzählt, wurde dadurch noch viel komplizierter. Wer in Chicago auf der Heat List landet, wird sowohl von einem Polizisten als auch einem Sozialarbeiter besucht. Der Polizist soll den Gefährdern Angst einjagen. Der Sozialarbeiter hingegen soll Ausbildungsplätze oder Jobs vermitteln, „was aber nie geschieht“, wie Heeder dem ZDF sagt. In dem Stadtteil, wo Robert McDaniel wohnt, meidet man ihn seit dem Polizeibesuch systematisch. Seine Nachbarn gehen davon aus, dass er ein Spitzel sein muss, weil man ihn nicht verhaftet hat.
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pre-crime – Screenshot der Webseite

Kein Recht auf auf Privatsphäre außerhalb der eigenen vier Wände?

Heeder erzählt im Aspekte-Interview, dass man in den USA sein Recht auf Privatsphäre und Privatheit automatisch in dem Moment verliert, wenn man das Haus verlässt. Die Amerikaner wissen, dass sie andauernd gefilmt und ihre KFZ-Kennzeichen aufgenommen werden, wenn sie ihr Grundstück verlassen. Die Polizei bedient sich zudem aus den Informationen, die wir freiwillig in den sozialen Netzwerken, mit unseren Handys und im Internet hinterlassen. Heeder erzählt auch von einem Fall, wo man in Deutschland jemanden aus dem Nahen Osten auf Basis der zuvor ausgewerteten Daten ausgewiesen hat. Und dies, obwohl der Verdächtige keine Straftat begangen hat. Das heißt, die Polizei handelt hierzulande schon jetzt auf Grundlage von Verdachtsmomenten.

Überwachungsmaßnahmen nehmen wir immer weniger wahr

Heeder sagt bei pre-crime, dass sich die Methoden der US-Behörden hier „einschleifen“ werden. Er findet es erschreckend, dass wir Videoüberwachung in Kombination mit Gesichtserkennung mittlerweile für völlig normal halten. Auch vor der Bundestagswahl habe sich über das Berliner Experiment im Bahnhof Südkreuz kaum jemand aufgeregt. Er hält das Thema für viele Menschen einfach für zu abstrakt, um sich darüber zu echauffieren. Es sei mit Ausnahme von einigen wenigen Mathematikern für den normalen Bürger schwer zu begreifen, warum einen diese Datensammlung und Auswertung ganz persönlich betrifft. Der von der Polizei überwachte Robert McDaniel sagt im Film, dass man erst dann wach wird, wenn sie an die eigene Tür klopfen. Doch dann sei es schon zu spät.
Pre-Crime Trailer in Deutsch Tarnkappe.info
Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Früher brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert. In seiner Freizeit geht er am liebsten mit seinem Hund spazieren.