Überwachung, Kameras, Mannheimer Weg 2.0
Überwachung, Kameras, Mannheimer Weg 2.0

Mannheimer Weg 2.0: Intelligente Kameras im Einsatz gegen Kriminalität

Mannheimer Weg 2.0 heißt ein umstrittenes Pilotprojekt: Ein Programm soll künftig über 71 Kameras selbstständig Straßenkriminalität erkennen.

Das Konzept Mannheimer Weg 2.0 ist das Produkt einer Zusammenarbeit zwischen dem Erste Bürgermeister und Sicherheitsdezernent Mannheims, Christian Specht und dem Polizeipräsident Thomas Köber. Ziel des Projektes ist es, dass ein Computerprogramm künftig über 71 Kameras selbstständig Straßenkriminalität erkennen und Polizisten alarmieren soll. Nach langer Planung steht der Start des Pilotprojekts bevor: Mannheim wäre die erste Kommune Deutschlands mit einem solchen Programm.

Mannheimer Weg 2.0 ist ein intelligentes Kamerasystem

So soll erstmalig ein „intelligentes Kamerasystem“ zur Anwendung kommen. Es werden dazu 71 Kameras an 28 Standorten aufgestellt. Die dort aufgefangenen Bilder werden verschlüsselt durch ein Glasfaserkabel zum Lagezentrum der Polizei geschickt. Ein vom Fraunhofer-Institut in Karlsruhe entwickeltes Computerprogramm wertet diese empfangenen Bilder elektronisch mittels Algorithmus aus. Die Software löst den Alarm aus in Form einer blinkender Lampe. Nämlich bei untypischen Bewegungsmustern, wie das Schlagen, Rennen, Treten, Fallen oder einer plötzlichen Rudelbildung. Dann schaut sich ein Polizist die Szene am Bildschirm an. Auf diese Weise soll ein Computerprogramm in Mannheim für weniger Straßenkriminalität sorgen, denn im Bedarfsfall wird dann eine Streife in gut zwei Minuten vor Ort sein.

Löschung des Materials nach 72 Stunden

Christian Specht ist vom System Mannheimer Weg 2.0 überzeugt. „Im Zeitalter der Digitalisierung müssen auch Optionen zur Verbesserung der Sicherheit im öffentlichen Raum mitgedacht werden. […] Wir haben die Öffentlichkeit von Anfang an informiert und werden absolut transparent arbeiten.“ Die Aufnahmen würden ohne Ton erfolgen und sollen nach 72 Stunden gelöscht werden. Zudem würden Schilder auf die Überwachung hinweisen und Kriminelle im besten Fall schon präventiv abschrecken.

Die veranschlagten Kosten vom Projekt Mannheimer Weg 2.0 belaufen sich auf 1,1 Millionen Euro. Specht hält das für gut investiertes Geld, denn auch „andere Kommunen schauen mit Spannung auf dieses Pilotprojekt“, meint er. Für Gegner des Systems würde das jedoch nach Überwachungsstaat und „Big Brother“ aussehen, sie befürchten, dass der Staat unbescholtene Bürger bespitzeln und Bewegungsprofile erstellen könnte. Für Specht jedoch steht fest, dass sich nur Kriminelle fürchten müssen. „Es geht um das Erkennen atypischer Bewegungsmuster. Gesichtserkennung oder Tonaufnahmen finden definitiv nicht statt.“

Videoüberwachung ist für die Ermittler nur ein Werkzeug von vielen

Polizeipräsident Thomas Köber ist ebenso überzeugt vom Projekt Mannheimer Weg 2.0. Bereits von 2001 bis 2007 hatte die Kommune einige Plätze mittels analoger Technik mit Erfolg überwacht. Kober sieht das auch als Grund an, weshalb das Pilotprojekt gerade in Mannheim an nachgewiesenen Kriminalitätsbrennpunkten, wie Paradeplatz, dem Marktplatz, der Breiten Straße und dem Alten Messplatz, startet. „Wir haben Routine und reden nicht wie der Blinde von der Farbe“.

Wobei er kritisch anmerkt. „Videoüberwachung ist ein Werkzeug von vielen, die Kamera allein rettet es nicht.“, wobei dem System gerade beigebracht wird, „bei schädlichem Verhalten Alarm zu schlagen. Vieles klingt kompliziert, aber die Message ist eigentlich ganz einfach: Einer schaut hin, und im Bedarfsfall tut der auch was.“ Sein Ziel wäre es zudem, Polizeipräsenz vor Ort zu zeigen. „Ich will die Beamten auf der Straße – nicht vor dem Bildschirm.“

Heftige Kritik von den Grünen am Mannheimer Weg 2.0

Bei den Mannheimer Grünen stießen bereits die Pläne zum Projekt auf heftige Kritik. Die sicherheitspolitische Sprecherin Nuran Tayanc sagte, mit Investitionen in dieser Höhe könne man viele Polizeibeamte und Sozialarbeiter auf der Straße aktiv werden lassen. Damit würde nachhaltig und langfristig Sicherheit geschaffen. Denn, so Tayanc weiter, der beste Schutz gegen Kriminalität sei Prävention im Sozial- und Bildungsbereich sowie eine gute Integrationsarbeit.

Kameras verdrängten die Kriminalität „außer Sichtweite“. Selbst in Städten mit hohem Kameraaufwand habe Terror und Kriminalität stattgefunden, und nicht immer seien dadurch Kriminelle und Terroristen ausfindig gemacht worden, so Tayanc. Es könne auch nicht um Bilder von Kriminellen gehen, es müsse um Prävention, um Verhinderung von Kriminalität gehen.

Bildquelle: Photo-Mix, thx! (CC0 Public Domain)

Tarnkappe.info

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.