Florian Post sieht in einem Gesetzesentwurf, der die Pflicht zur Passwortherausgabe beinhaltet, eine „klare rechtsstaatliche Verbesserung".
Die Bundesregierung beschloss am Mittwoch, den 19. Februar, einen Gesetzesentwurf „zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität“. Darin enthalten ist eine Änderung von § 15b des Telemediengesetzes (TMG). Diesbezüglich fordert man künftig eine Übermittlung von Passwörtern und Zugangsdaten an bestimmte Strafverfolgungsbehörden. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Florian Post, ein Befürworter entsprechender Gesetzespläne, bezog bei FOCUS Online explizit dazu Stellung.
Den erstmals vom Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) eingeführten Ansatz will man nun mit dem neuen Gesetzentwurf entsprechend erweitern. Demgemäß verpflichtet man Anbieter sozialer Medien künftig im Kampf gegen Kinderpornografie, rechtsextremistische Hetze und andere schweren Straftaten dazu, bestimmte Bestandsdaten an Strafverfolgungsbehörden auszuhändigen. Das betrifft u.a. auch Passwörter von Nutzerkonten. Zwar bedarf der Gesetzentwurf noch der Zustimmung des Bundestages. Er stößt aber bereits jetzt, schon im Vorfeld, bei zahlreichen Politikern, Bürgerrechtlern, Wirtschaftsverbänden und Juristen auf harsche Kritik. Dafür finden sich aber offenbar auch mehrere Befürworter.
Stimmen der Kritik
Manuel Höferlin, digitalpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, bezeichnet den Gesetzentwurf gegenüber Netzpolitik.org als einen „beispiellosen rechtsstaatlichen Dammbruch“ und ein „trojanisches Pferd für die Meinungsfreiheit“. Er befürchtet zudem, die „Anbieter sozialer Medien sollen nun nicht nur als Hilfs-Sheriffs herhalten, sondern sie werden (dadurch) zur ausgelagerten Rechtsabteilung der Justiz“.
Der Digitalverband Bitkom weist darauf hin.
„Im Ergebnis werden die betroffenen Plattformen dazu verleitet, eher zu viele als zu wenige Nutzerdaten an Strafverfolgungsbehörden zu melden – auch aus Sorge vor Bußgeldern. Grundprinzipien des Datenschutzes werden damit konterkariert.“ Die zuständigen Behörden brauchten zudem mehr Personal und Digitalkompetenz – keine fragwürdigen, neuen Befugnisse. „Das jetzt vorgelegte Gesetz birgt die Gefahr, Blaupause für die Einschränkung der Meinungsfreiheit im Internet zu werden.“
Aber auch eco-Vorstand Oliver Süme spart nicht mit Kritik.
„Das geplante Gesetz zur Bekämpfung von Hasskriminalität im Netz ist datenschutzrechtlich, verfassungsrechtlich und europarechtlich in höchstem Maße besorgniserregend. Es drohen erhebliche Einschnitte in bürgerliche Freiheiten sowie herbe Verluste der Integrität und Vertrauenswürdigkeit in digitale Dienste. Einziger Ausweg aus dem Dilemma kann nur eine Generalüberholung sein!“
Für MdB Florian Post (SPD) ist neuer Gesetzentwurf ein „Meilenstein der Verbrechensbekämpfung“
Der bayerische SPD-Bundestagsabgeordnete Florian Post, der im Rechtsausschuss des Bundestages für Internetfragen zuständig ist, hingegen hält den neuen Gesetzentwurf gegen Hass und Hetze im Netz in einem Gespräch mit FOCUS Online für einen „Meilenstein der Verbrechensbekämpfung“. Seiner Meinung nach sei eine Passwort-Herausgabe von Tatverdächtigen als Fahndungsinstrument „unerlässlich“.
Für Post sind Kritiker der Passwort-Herausgabe unfreiwillige „Handlanger der Täter“
Zugleich greift Post die zahlreichen Kritiker an und bezeichnet diese gegenüber FOCUS Online als „Handlanger der Täter“. So hätten Gegner der Passwort-Herausgabe einen „Hang zum Täterschutz“. „Wer verhindert, dass man unsere Gesetze der Realität im 21. Jahrhundert anpasst, blockiert die Aufklärung von Verbrechen und macht sich unfreiwillig zum Handlanger der Täter.“
Eine Argumentation, die Passwort-Herausgabe sei ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Privatsphäre der Nutzer, wäre „geradezu hirnrissig. Wenn es nach einigen Bedenkenträgern ginge, dürften wir nur Brieftauben abfangen. Das ist wirklich keinem normal denkenden Bürger mehr erklärbar.“
„Die Polizei sollte Kinderporno- oder Terrorverdächtige künftig zwingen dürfen, ihnen das Passwort für ihr Online-Konto auszuhändigen. Auf diese Weise können Ermittler die Internet-Konten der Betroffenen übernehmen, in deren Rolle schlüpfen und so die hochkriminellen Kontaktleute sowie Anbieter überführen. […] Wenn es hart auf hart kommt, halte ich auch eine Beugehaft von bis zu sechs Monaten für absolut vertretbar.“
Allerdings, so weist er darauf hin, sollen diese Maßnahmen „nur bei schweren Straftaten und unter Vorbehalt einer richterlichen Entscheidung angewendet werden dürfen“. Wer sich als Verdächtiger weigert, sein Passwort herauszugeben, gegen den sollen Geldstrafen angeordnet werden können.
Florian Post: neuer Gesetzentwurf ist eine „klare rechtsstaatliche Verbesserung“
Angesichts dessen, dass Verbrecher weitgehend unentdeckt im Darknet agieren und Online-Spielforen für eine anonyme Koversation nutzen, fragt Post: „Wollen wir tatenlos zusehen, wie in der virtuellen Welt Verbrechen vorbereitet und begangen werden, deren Opfer ganz real sind, zum Beispiel unschuldige Kinder?“ In dem neuen Gesetzentwurf sieht er eine „klare rechtsstaatliche Verbesserung“.
Foto qimono, thx!
Tarnkappe.info