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Bundestrojaner: Lahmer Gaul statt stolzer Rappe?

Die vom Bundeskriminalamt (BKA) entwickelte Spionagesoftware, der Bundestrojaner, soll nach Medieninformationen weitgehend unbrauchbar sein.

Obwohl das Bundesinnenministerium die vom Bundeskriminalamt (BKA) entwickelte Spionagesoftware bereits im Februar 2016 offiziell freigegeben hat, setzte man den Bundestrojaner bisher noch in keinem einzigen Ermittlungsverfahren ein. Dies berichtet die Welt.

Bundestrojaner noch nicht fertig entwickelt

Demnach könnte der Trojaner in seiner aktuellen Version, Remote Control Interception Software (RCIS) 1.0, ausschließlich auf Computern mit Windows-Betriebssystem eingesetzt werden und wäre nur dazu in der Lage, das Internettelefonprogramm Skype zu überwachen. Weder auf Mobilgeräten, wie Smartphones, Laptops oder Tablets ist sein Einsatz bisher möglich. Zudem können auch keine anderen Kommunikationsprogramme, wie „WhatsApp“ oder der Messenger von Facebook, damit ausspioniert werden. Seine Anwendung ist daher nur sehr eingeschränkt möglich und für die Ermittler somit nahezu unbrauchbar, kaum ein Krimineller erfüllt offenbar alle diese „ganz speziellen Kommunikationsmerkmale“.

TÜV untersucht den Finfisher-Trojaner

Dabei war die Entwicklung des Bundestrojaners sehr kostenintensiv: Allein für Personal- und Sachkosten habe man rund 5,8 Millionen Euro ausgegeben. Hinzu kämen weitere 190.000 Euro für eine externe TÜV-Prüfung. Dem Bericht zufolge bereitet das Bundeskriminalamt bereits eine neue Version vor, den Trojaner RCIS 2.0, der noch in diesem Jahr fertiggestellt sein solle. Damit wäre es dann auch möglich, Messengerdienste, wie WhatsApp, auf Smartphones und Tablets zu überwachen. Der kommerziell erworbene Finfisher-Trojaner kam ebenso bisher noch nicht zum Einsatz, das Programm wird derzeit noch vom TÜV untersucht.

Bundestrojaner: Hacker-Behörde Zitis soll übernehmen

Geplant ist, dass die neue Hacker-Behörde, die Zentrale Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich (Zitis), künftig solche Aufgaben übernehmen soll. Zitis soll Verschlüsselungen knacken sowie Cyberwerkzeuge und Analyseprogramme für große Datenmengen entwickeln. Damit will man Polizei und Nachrichtendienste dabei unterstützen, Chats von Terroristen und anderen Kriminellen über Messenger-Dienste, wie WhatsApp oder Telegram, zu überwachen. Doch aktuell kann die Behörde wegen akutem Personalmangel die kommenden Aufgaben kaum erfüllen. Somit hat man die Behörde noch nicht mit der Programmierung des Bundestrojaners beauftragt. Von den bis zu 400 geplanten IT-Stellen, die es bei Zitis zu besetzen gilt, sind derzeit gerade mal 20 Mitarbeiter im Einsatz.

BKA versenkt Millionen

Der stellvertretender Vorsitzender der Grünen-Bundestagsfraktion, Konstantin von Notz, fasst die Ereignisse rund um den Bundestrojaner sehr treffend zusammen. „Natürlich brauchen Sicherheitsbehörden heute moderne Instrumente, um ihren Aufgaben auch in der digitalen Welt effektiv nachkommen zu können.“ Allerdings würden derzeit: „Millionen von Euro für die Entwicklung von Software und deren Überprüfung versenkt, die, noch bevor sie zum Einsatz kommen, einer neuen Version bedürfen“.

Update

Die Behauptung, der Einsatz des Bundestrojaners sei „weder auf Mobilgeräten, wie Smartphones, Laptops oder Tablets“ bisher möglich, stimmt nicht. Die Schadsoftware kann auf Tablets, sofern auf diesen das Windows-Betriebssystem läuft, eingesetzt werden.

Tarnkappe.info

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.