Wie der Guardian berichtet, darf die Polizei künftig 50 Millionen britische Führerscheininhaber per Gesichtserkennung überprüfen.
Die Gesetzesänderung über die Fotos der Führerscheininhaber erließ die britische Regierung still und heimlich. Die dortige Polizei hat somit die Möglichkeit, auf eine Datenbank von 50 Millionen Briten zuzugreifen. Bei der Aufklärung einer Tat, wo es um Aufnahmen von Videokameras oder Fotos bzw. Videos in sozialen Netzwerken von Unbekannten geht, erteilt das neue Gesetz den Polizisten die Möglichkeit, das bestehende Material mit den biometrischen Daten aller Führerscheininhaber abzugleichen. Der Richtervorbehalt gilt hierbei nicht mehr.
Zugriff ohne jede Kontrolle und ohne Richtervorbehalt
Der Zugang zu den Führerscheindaten wird durch Verordnungen im Zusammenhang mit dem Criminal Justice and Court Services Act 2000 geregelt. Dieser verlangte bisher von der Polizei, dass sie vor dem Zugriff auf die Daten einen triftigen Grund für einen Verstoß gegen die meisten Straßenverkehrsgesetze liefert. Auch das fällt bald weg.
Obwohl nur eine einzige Klausel in einem neuen Gesetzentwurf zum Strafrecht enthalten ist, könnte diese nach Ansicht von Datenschützern dazu führen, dass jeder Autofahrer im Land ständig von der Polizei überwacht wird.
Führerscheininhaber können sich nicht dagegen wehren
Die Absicht, der Polizei oder der Nationalen Bundeskriminalbehörde (NCA) zu erlauben, die Führerscheindaten des Vereinigten Königreichs zu nutzen, wird aber weder im Gesetzentwurf noch in den Erläuterungen ausdrücklich erwähnt. Dies rief die Kritik führender Wissenschaftler hervor, dass die dortige Regierung diese Kontrollen „unter dem Radar“ durchführen lassen will.
Auch für Hausdurchsuchungen bei Treffern der bestehenden Daten muss man keinen Richter konsultieren, sondern nur noch die zuständige Polizeibehörde. Diese wird dazu wohl kaum nein sagen.
Kritiker sagen, dass die Gesichtserkennungstechnologie grundsätzlich eine Bedrohung für die Rechte des Einzelnen auf Privatsphäre, Meinungsfreiheit, Nichtdiskriminierung sowie Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit darstellt. Wenn die Daten verschiedener Einrichtungen zusammengeführt werden oder die Mitarbeiter verschiedener Behörden jederzeit darauf zugreifen dürfen, verschärft sich die Problematik nochmals. Bei so vielen Führerscheininhabern freut sich die Polizei über die ganzen biometrischen Daten, über die sie dann frei verfügen darf.
Behörden wollen diverse Datenbanken zusammenführen
Auf zahlreichen Straßen Großbritanniens werden rund um die Uhr die Kennzeichen der Autos aufgenommen. Die britische Polizei setzt auch eine Live-Gesichtserkennung ein. Dabei vergleicht man die Live-Kamerabilder mit Gesichtern einer Datenbank bekannter Identitäten. Dies geschieht vor allem bei großen öffentlichen Veranstaltungen wie Demonstrationen. Auch dem muss kein Richter zustimmen.
Wie der Guardian berichtet, gab der Innen- und Polizeiminister Chris Philp am 12. Dezember in einer Ausschusssitzung der Abgeordneten zu, dass es in der Veränderung des Gesetzes eigentlich darum geht, dass Polizei und NCA (ähnlich wie das BKA hierzulande) auf die Führerscheindaten zugreifen dürfen. Dies war nach Aussage von Philp bislang „ziemlich schwierig„.
Abgleich der biometrischen Daten „unter dem Radar„
Er ist dafür bekannt, ein Enthusiast der Gesichtserkennungstechnologie zu sein. Er hat die Polizei des Vereinigten Königreichs dazu ermutigt, sie häufiger einzusetzen. Sein Innenministerium versucht bereits, Daten aus verschiedenen Behörden in ein einziges System zu integrieren. So aus der nationalen Polizeidatenbank (PND), dem Pass-Amt und der EU-Datenbank für den Niederlassungsstatus. Dies soll der Polizei helfen, mit dem „Klick auf einen Knopf“ eine Übereinstimmung mit dem Foto eines Tatverdächtigen zu finden.
Nutzung der Führerscheindaten sollte ohne Aufsehen geschehen
Auffällig ist in jedem Fall, dass die Gesetzesänderung von den zuständigen Politikern weder öffentlich diskutiert noch irgendwie angekündigt wurde. Das Ganze wollte man offenkundig geradezu klammheimlich durchwinken.