Zum Gespräch mit dem Macher des Filmportals SerienStream.to treffen wir uns etwa 20 Jahre in der Zukunft in Chiba City. Doch lest selbst!
Zum Gespräch mit einem der Macher von Serienstream.to (illegales Filmportal) treffen wir uns etwa 20 Jahre in der Zukunft in Chiba City. Übersetzt bedeutet das eintausend Blätter, doch unser Treffen wird nicht in Japan, sondern irgendwo im heutigen China, stattfinden.
Interview mit SerienStream.to
An Blätter fühle ich mich beim Aussteigen aus dem Transporter nicht erinnert, eher an einen Weltuntergang. Es ist warm, der Himmel ist beinahe schwarz. Und es regnet unaufhaltsam in Strömen.
Von wegen Neuromancer. Im Gegensatz zu William Gibsons Buchvorlage sieht der Himmel kein bisschen wie das weiße Rauschen eines Fernsehkanals aus, dessen Programm pausiert wurde. In den lauten und geruchsintensiven Straßen, die zwischen den Hochhäusern auf unzähligen Ebenen übereinander angebracht wurden, herrscht rund um die Uhr geschäftiges Treiben. Frei nach dem Motto: the city never sleeps.
Treffen mit serienstream.to in einer fiktiven Stadt in der Zukunft – in Chiba City
Raymond, einer der Admins von Serienstream.to, hat mich in Chiba City in eine Spelunke unweit des Landeplatzes der Fähre eingeladen. Zumindest lautete so die Anweisung in seiner E-Mail. Angesichts meines nicht vorhandenen Orientierungssinns bin ich froh darüber, ich hätte mich ansonsten hoffnungslos verlaufen. Fast wäre ich am Treffpunkt vorbei gerannt, bis ich eine untere Zwischenetage entdecke. Bei der ganzen Leuchtreklame ist die unscheinbare rostige Treppe kaum auszumachen. Während oben in der Küche lautstark lamentiert wird, und offenbar diverse Fischgerichte zubereitet werden, ist es unten in der Spelunke dunkel und still. Perfekt für einen Dialog, der auch ohne Störungen länger dauern dürfte.
Eine Spelunke als Treffpunkt mit serienstream.to
Raymond sitzt an einem Tisch in der äußersten Ecke der Kneipe. Er muss es sein, weil man von dort den Eingang beobachten kann, ohne dass jemand sein Gesicht sieht … Ist das etwa die Location, wo sich Case und Molly häufiger getroffen haben, geht mir durch den Kopf. Sind hier vielleicht noch mehr Konsolen-Cowboys? Als hätte er meine Gedanken gehört, antwortet Raymond: „Nein, aber die meisten Leute haben wie im Buch Implantate „drin“, um ihre menschlichen Fähigkeiten zu verbessern. Auch Ratz, den Kellner, wirst Du hier vergeblich suchen.“ Er steht auf, um meine Hand zu schütteln. Keine Armprothese zu sehen, als er aus dem Dunklen hervortritt. Noch alles dran. Ich schätze ihn auf Mitte 30, das echte Alter wird er wohl eh nicht verraten wollen.
Ich krame aus meiner durchnässten Jacke die Zettelsammlung mit den ganzen Fragen heraus, die wir im Vorfeld gesammelt haben. „Okay, dann lass uns mal systematisch vorgehen“.
Entstehung von SerienStream.to & Motivation
Tarnkappe.info: Wollen die hier kein Geld verdienen? Weit und breit keine Bedienung zu sehen, weswegen wir direkt loslegen. „Wie seid ihr überhaupt auf die Idee gekommen, so ein Portal zu erschaffen?“, will ich als erstes von ihm wissen.
Serienstream.to: „Die meisten bisher existierenden Streaming-Portale sind veraltet, nicht modern und mit Werbung vollgepackt, wo es nur geht. Uns war es wichtig, eine Alternative online zu bringen, die modern ist und den aktuellen Ansprüchen gerecht wird – so entstand dann SerienStream.to.“ Er lächelt.
Tarnkappe.info: Aha. „Das heißt, ihr seid selbst auch Serienfreaks? Was sind eigentlich eure Lieblings-Serien? Und warum?“
„Wir sind selber auch Serien-Fans“
Serienstream.to: „Wir sind selber auch Serien-Fans, haben aber alle keine ungewöhnlichen Lieblings-Serien. Häufig verfolgen wir die normalen Mainstream-TV-Serien, wie Game Of Thrones oder The Walking Dead.“
Tarnkappe.info: „Wie viele Personen sind am Projekt beteiligt, was sind ihre Aufgaben?“
Neun Team-Mitglieder am Betrieb beteiligt
Serienstream.to: „An SerienStream.to sind alle neun Team-Mitglieder beteiligt, die sich jeweils um ein bestimmtes Aufgabengebiet kümmern. Das umfasst beispielsweise die Bearbeitung der Support-Tickets oder das Freischalten von Serien-Beschreibungen. Außerdem arbeiten zwei an der Weiterentwicklung der Plattform und der Technik dahinter.“
Tarnkappe.info: „Warum bietet ihr das überhaupt an, was ist eure Motivation? Dieselben Serien kann man sich ohne Risiko beispielsweise auch im Usenet ziehen. Da keimt doch der Verdacht auf, dass ihr das nur des Geldes wegen macht.“
„Wir zwingen ja keinen unser Portal zu nutzen.„
Raymond oder wie er auch immer heißen mag, muss grinsen. Er hätte sich auch James, der Butler nennen können.
Serienstream.to: „Wir zwingen ja keinen unser Portal zu nutzen. Natürlich kann man sich die Episoden auch via Usenet oder über andere Dienste downloaden. Aber warum sollte man sich extra eine Staffel herunterladen, wenn man sich die Episoden im Endeffekt nur einmal ansieht? Für uns ist SerienStream.to hauptsächlich ein Hobby. Wir verwenden sämtliche Werbeeinnahmen nur für das Portal und nutzen hierbei nichts privat. Entsprechend schalten wir auch nur soviel Werbung, wie für den reibungslosen Betrieb und die Weiterentwicklung notwendig ist.“
„Wir haben einfach Spaß am Betrieb der Seite“
Tarnkappe.info: Okay, dann mal anders gefragt. „Was habt ihr davon, wenn ein User eure URL aufruft? Geht es letztlich nicht auch um Ruhm und Anerkennung?“
Serienstream.to: „Wir haben einfach Spaß am Betrieb der Seite, weil wir wissen, wem es zugute kommt – unseren treuen Nutzern, zu denen wir uns natürlich auch selbst zählen dürfen. Man könnte wohl jeden fragen, der sich ehrenamtlich engagiert – die Motivation bei uns ist ähnlich. Für ein paar Teammitglieder geht es vielleicht um Ruhm und Anerkennung, andere machen es einfach als Hobby.“
Der Gute braucht nicht mal ein Marketing-Studium für seine perfekt klingenden Antworten, geht mir durch den Kopf. Tarnkappe.info: „Entspricht das Konzept einer solchen Streamingseite im Gegensatz zu diversen Usenet-Foren überhaupt dem wohltätigen Community-Gedanken, den Nutzern alles ohne Gegenleistung zur Verfügung zu stellen?“
Serienstream.to: „Natürlich. Wenn man es nicht so genau nimmt, unterscheiden wir uns nur dadurch, dass wir höhere Kosten haben und diese durch etwas Werbung abdecken müssen. Der Mehrwert, vor allem die Nutzerfreundlichkeit, überwiegt dabei aber.“
„Leider ist die Filmindustrie noch nicht im modernen Zeitalter angekommen…“
Tarnkappe.info: Dann haken wir mal nach. „Warum versucht ihr euch nicht einmal mit einem legalen Serienportal? Der Bedarf besteht ja offenbar.“
„Leider ist die Filmindustrie noch nicht im modernen Zeitalter angekommen und würde die Verträge nicht zeitgemäß gestalten. Die Nutzer möchten nicht auf 10 Seiten eine monatliche Abo-Gebühr bezahlen, um dann auf jeder eine Hand voll verspätet online gestellte TV-Serien & Filme ansehen zu können. Nutzer möchten 1-2 aktuelle Portale, auf denen es 95% aller Serien und Filme direkt zum Abruf gibt. Vor einigen Monaten erst hat z.B. das Label Disney die Verträge mit Netflix, der Nummer Eins im weltweiten Streaming-Geschäft, gekündigt, um eine eigene Seite zu öffnen. Wer solche Schritte wagt und der Meinung ist, er müsse seinen eigenen Brei kreieren, der hat nicht verstanden, wohin die Reise geht. In der Musikindustrie hat Spotify den Markt verstanden und bietet auf einer Plattform für jeden passende Musik.“
Über den Betrieb von SerienStream.to
Tarnkappe.info: „Aus welchen Quellen werden die TV-Serien denn größtenteils bezogen? P2P? Usenet? Sharehoster? FTP-Sites?“
Serienstream.to: „Die meisten Linker beziehen die neuen Episoden nicht aus einer bestimmten Quelle, sondern der schnellsten, auf der die Folgen zu finden sind. Häufig handelt es sich hierbei um FTP-Hoster und Peer-to-Peer. Wir selber verlinken keine Episoden, sondern stellen „nur“ die Website zur Verfügung.“
Ja, das habe ich schon mal gehört oder gelesen irgendwo. „Wie funktioniert das genau? Uploader laden die Episoden hoch und Linker verlinken diese, oder wie muss man sich das vorstellen?“
„Das funktioniert in der Regel so: Release-Gruppen schneiden die Episoden bei der TV-Ausstrahlung mit und stellen diese dann unter ihrem Gruppen-Namen, z.B. über FTP-Server oder mithilfe der Torrent-Technologie, online. Die Uploader laden sich die Episoden dann herunter und bei bekannten File-Hoster und Streaming Portalen wieder hoch. Im Anschluss werden diese dann selber oder durch Dritte verlinkt und zuletzt durch das Team freigeschaltet.“
Man benutzt stets die schnellsten Quellen
Von den Release Groups bis zum Konsumenten nach Hause. Die Entstehungs-Pyramide der Warez oder so ähnlich hat die GVU das mal bezeichnet. „Was haben Eure aktiven Mitglieder denn davon, für Euch tätig zu sein? Ist das Risiko erwischt zu werden, für die Uploader nicht letzten Endes zu groß?“
„Unsere ehrenamtlichen User sind absolute Serien-Fans und sehen SerienStream.to hauptsächlich als Hobby an, um Teil der über 100.000 User großen Serien-Communty zu sein und Erfahrungen, News und Informationen digital mit anderen Usern zu teilen. Linker kann bei uns jeder werden, dazu muss nur eine Anfrage bei unserem Support-Team gestellt werden. Wie groß das Risiko ist, muss jeder für sich selbst entscheiden. Wenn jemand etwas zur Community beisteuern will, geben wir auch gerne Tipps um das Risiko zu mindern.“
Die Gesamtkosten liegen auf jeden Fall monatlich im vierstelligen Bereich…
„Wie hoch sind durchschnittlich Eure monatlichen Fixkosten? Könnt ihr die decken? Womit generiert ihr eure Einnahmen eigentlich? Nur Online-Werbung oder auch andere Quellen?“
„Die genauen Kosten variieren je nach Monat und Auslastung, da Traffic und Server immer unterschiedlich viel verwendet werden, hinzugekauft oder abgestoßen werden. Die Gesamtkosten liegen auf jeden Fall monatlich im vierstelligen Bereich. Um die Kosten decken zu können und damit unsere Seite 24-7 den Usern zur Verfügung steht, schalten wir unseren nicht-registrierten Nutzern Werbung von verschiedenen Anbietern.“
„Anonyme Zahlungen via Bitcoin…“
„Oh, lass mich hier gleich mal reingrätschen.“ Raymond grinst, meine Frage kann ich gar nicht mehr stellen. „Ich denke, über Bitcoins wissen eure Leser auch so schon genug.“
Wir haben keine Angst vor der GVU oder anderen Ermittlern
Tarnkappe.info: „Gut, okay. Und wie haltet ihr Eure Identität geheim? Habt ihr Angst vor der GVU oder anderen Ermittlern?“
Serienstream.to: „Wir haben keine Angst vor der GVU oder anderen Ermittlern. Wir selbst leben seit einigen Jahren nicht (mehr) in D-A-CH (also weder in Deutschland, Österreich oder der Schweiz) und sind hierbei eigentlich aufgrund unseres Standortes gegen jegliche Forderungen (fast) immun. Dennoch sind wir mit VPNs, Tor-Browser, Verschlüsselung und weiteren Maßnahmen recht gut abgesichert. Eine absolute Sicherheit wird es nie geben, aber wir sind bestens vorbereitet.“
Weitere Interviews: Gespräch mit dem Admin von movie2k.to
Lang ist’s her: der Macher von kino.to am Mikro
Ein Uploader erzählt, wie zerstörerisch sich Gier auf die Szene auswirkt. (Teil 2)
Wo hostet ihr die Seite?
Tarnkappe.info: „In welchen Ländern wird Eure Seite gehostet?“
Serienstream.to: „Dazu können wir hier leider aufgrund des Schutzes unserer Infrastruktur keine Aussage zu machen. Wir sind auf jeden Fall in mehreren Ländern mehrfach redundant vertreten und haben jederzeit ausreichend technische Reserven.“
Tarnkappe.info: „Seit dem EuGH-Urteil „Filmspeler“ ist Eure Seite eine offensichtlich rechtswidrige Quelle. Hat sich die neue Rechtsprechung auf Eure Besucherzahlen ausgewirkt? Vielleicht sogar positiv?“
Serienstream.to: „In den ersten 1-3 Monaten sind die Besucherzahlen bei uns und in der Branche nach dieser medienwirksamen Panikaktion wie zu erwarten etwas gesunken. Im Anschluss hat sich das aber wieder relativiert, nachdem wir u.a. ein Statement dazu veröffentlicht haben und die Millionen Nutzer gemerkt haben, dass da sowieso nichts passiert.“
„Bei uns muss man keinen VPN verwenden.“
Tarnkappe.info: Stimmt, passiert ist den Nutzern solcher Angebote noch nichts, geht mir auch durch den Kopf. Stellt sich zudem die Frage, wie man an die IP-Adressen der Besucher gelangen will. „Sollte man SerienStream.to wegen des Urteils trotzdem besser nur noch mit einem VPN benutzen? Was speichert Ihr eigentlich an Daten von den Seitenbesuchern und für wie lange?“
„Bei uns muss man keinen VPN verwenden. Es empfiehlt sich zwar generell per VPN online zu gehen – vor allem auch bei anderen Seiten – wir speichern aber keine Daten, die unseren Nutzern gefährlich werden könnten. Wir hätten auch keinen Grund dazu – wenn mal ein Fehler analysiert werden muss, lassen sich anonymisierte, stichprobenartige Logs anlegen. Die meiste Zeit aber würde das Speichern solcher Daten nur unnötig Ressourcen fressen und wäre somit auch nicht wirtschaftlich.“
Stay tuned!
Am Wochenende erscheint der zweite und letzte Teil des Interviews mit einem der Admins von SerienStream.to.
Tarnkappe.info