Die "Erpressungsaktivität" floriert uneingeschränkt. Schweden steuert dieses Jahr laut dem ISP Bahnhof stramm auf 50.000 P2P-Abmahnungen zu.
Das Thema Abmahnungen ist in Schweden noch immer aktuell. Nach Angaben des Internetanbieters Bahnhof haben diese im bisherigen Verlauf des Jahres schon insgesamt fast 43.000 Filesharing-Abmahnungen gezählt. Im Gegensatz zu Deutschland verschicken nur Filmstudios Abmahnungen. Briefe wegen Pornos, Musikdateien, Software oder Computerspielen kommen in Schweden praktisch gar nicht vor. Meistens hat man die Anfragen zeitnah und ohne zu murren beantwortet. Letztes Jahr waren es über 104.000 Abmahnungen !
Schweden erwartet für 2020 50.000 Abmahnungen
Der schwedische ISP Bahnhof hat eine Suchmaschine für Abmahnungen ins Netz gestellt. Dort kann man ganz genau sehen, welcher Rechteinhaber wann P2P-Abmahnungen bzw. zivilrechtliche Auskunftsansprüche an die verschiedenen Internet-Provider bzw. das Patent- und Marktgericht verschickt hat. Ein Großteil der bisher abgefragten 42.869 IP-Adressen betrifft den größten ISP Telia. Schweden steuert klar auf die Marke von 50.000 Abmahnungen für dieses Jahr zu. In 2019 waren es immerhin über 104.000 Stück.
Bahnhof geht traditionell gegen das Geschäftsgebaren der Filmstudios vor. Manche Firmen haben die Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen offenbar zu einem Teil ihres Geschäfts gemacht. Mit den bei P2P-Transfers gesammelten Informationen verschickt man hochpreisige Abmahnungen, verklagt Anschlussinhaber und lässt sich mit Abfindungen bezahlen statt sich um das eigentliche Kerngeschäft zu kümmern. Der ISP Bahnhof spricht in diesem Zusammenhang von systematischer „Erpressung„.
Die „Erpressungsaktivität“ floriert wie eh und je
„Nach den diesjährigen Gerichtsunterlagen zu urteilen, floriert die Erpressungsaktivität wie in den vergangenen Jahren. Sie hat sich nicht verlangsamt oder aufgehört, wie große Teile der übrigen Gesellschaft in diesem Jahr dazu gezwungen waren“, berichtet Bahnhof in seinem Jahresbericht mit Bezug auf die Coronavirus-Pandemie.
Im Höchstfall haben einzelne Anwaltskanzleien im Jahr 2020 die persönlichen Daten von bis zu 2.177 Anschlussinhabern in einem einzigen Antrag angefordert. Auf den Anbieter Telia fallen dieses Jahr schon jetzt fast 31.000 Anfragen, weil dieser ISP sehr groß ist und man die Daten bekanntlich über einen sehr langen Zeitraum hinweg speichert. Andere ISPs weigern sich schon nach kurzer Zeit, die IP-Adresse einem Kunden zuzuordnen. Bahnhof speichert die Daten nur so lange, wie sie es für die Strafverfolgungsbehörden zwingend tun müssen. Dafür hatte man die Speicherung ja ursprünglich eingerichtet.
Für Deutschland gibt es keine Abmahn-Statistik mehr
In vielen Fällen hat man die Auskunft schon binnen eines Tages gewährt. Die Prüfungsstelle, das Patent- und Marktgericht, habe sich laut Bahnhof oftmals nicht einmal die Mühe gemacht, die Auskunftsansprüche inhaltlich zu prüfen. Das spiegelt sich natürlich in der extrem schnellen Bearbeitungszeit wider. Anstrengungen der Politik, dem Abmahnwahn Einhalt zu gebieten, sind in Schweden keine erkennbar.
In Deutschland wird leider schon seit vielen Jahren keine vergleichbare Statistik mehr erstellt. Bis vor etwa zehn Jahren tat dies die Initiative AW3P, bekannt als Abmahnwahn Dreipage, auf Basis von unzähligen Foren-Einträgen. Doch als Netzwelt.de diesen Bereich damals überraschend gelöscht hat und gulli.com dann ab Sommer 2018 nicht mehr existierte, gab es keine ordentliche Grundlage mehr für eine Statistik. Wenn überhaupt, müsste man die ganzen abmahnenden Kanzleien befragen. Doch die werden solche Daten sicher nicht freiwillig herausrücken.
Tarnkappe.info