Darknet, Stockholm, Schweden
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Bildquelle: Lars Sobiraj

Schweden: Steuerbehörde bekam Millionen von IPTV-Piraten zurück

Erstmals untersuchte die Steuerbehörde von Schweden die Einkünfte von Verkäufern illegaler IPTV-Kanäle. Rund 80 Verfahren wurden eröffnet.

Die Analyse der Steuerbehörde in Schweden namens Skatteverket führte bisher zu 80 Ermittlungen und Steuereinnahmen in Höhe von rund 3,5 Millionen US-Dollar. Weitere 20 Ermittlungen laufen derzeit noch.

Das Pyramidensystem gibt es nicht nur in Schweden

In einem von der Steuerbehörde erstellten Bericht wird die dortige Pirateriebranche als ein mehrstufiges Pyramidensystem charakterisiert. An der Spitze steht eine begrenzte Anzahl weltweiter krimineller Netzwerke. Die mittlere Schicht besteht aus technisch versierten Personen, die die Kanäle stehlen. Die unterste Ebene bilden Privatpersonen, die als Wiederverkäufer der illegalen Programmpakete auftreten. Last, but not least stehen ganz unten die Kunden, die die IPTV-Übertragungen der ganz wenigen Quellen, die oben stehen, kaufen. So ähnlich ist die IPTV-Szene in Deutschland auch aufgebaut.

Skatteverket, Schweden

Kooperation eingeleitet

Um mehr über die Branche und ihre Struktur zu erfahren, hat die schwedische Steuerbehörde mit Vertretern der Rechteinhaber zusammengearbeitet. Dazu gehört die Nordic Content Protection (NCP), die sich gegen illegales Streaming und den unberechtigten Zugang zu Sendungen einsetzt. Man kooperierte auch mit der Rights Alliance, die sowohl für schwedische als auch für internationale Film- und Fernsehgesellschaften im Bereich Anti-Piracy tätig ist.

Nach Angaben der NCP zielen mehr als 1.500 Domains auf den schwedischen Markt ab, um IPTV-Angebote zu verkaufen, ohne die Übertragungsrechte zu besitzen. IPTV verkauft man auch ganz offen über soziale Medien und diverse Messenger. Dazu gehören Instagram, Facebook, Discord und Telegram.

Testkäufe in ganz Schweden durchgeführt

iptv

Um die Verkäufer zu identifizieren, führte die schwedische Steuerbehörde unter anderem Testkäufe durch, nachdem man im Internet nach illegalen Verkäufern gesucht hatte. Das Ergebnis waren etwa 200 identifizierte Einzelhändler, von denen man 97 für eine eingehende Untersuchung ausgewählt hat.

Dem Bericht zufolge erwirtschaftet der typische schwedische Einzelhändler ein Jahreseinkommen zwischen einer halben und einer Million Schwedische Kronen. Das sind umgerechnet zwischen 50.000 und 100.000 US-Dollar.

Mai Tais in Thailand schlürfen?

Die Händler haben in der Regel kein Unternehmen und melden ihre Provisionseinnahmen nicht an„, sagt Marcus Pettersson, Kontrollkoordinator bei der schwedischen Steuerbehörde. „Bei unseren Ermittlungen haben wir ganz normale schwedische Männer getroffen, die an der spanischen Sonnenküste oder in Thailand sitzen und ihre Rente mit dem Verkauf illegaler Fernsehkanäle verdienen. Aber am häufigsten verkaufen sie von Schweden aus„.

iptv

Die Steuerbehörde räumt allerdings ein, dass sie keine vollständige Buchführung über die Einnahmen aus illegalen Streaming-Diensten hat, da ein Großteil der Einnahmen über schwer zu verfolgende Kanäle wie Kryptowährungen fließt.

Der Bericht von Skatteverket zitiert eine Untersuchung des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) aus dem Jahr 2019. Demnach haben etwa 8,6 % der schwedischen Verbraucher Zugang zu illegalen Fernsehkanälen. Damit stehen sie im Vergleich zu den anderen EU-Ländern auf Platz vier.

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Früher brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert. In seiner Freizeit geht er am liebsten mit seinem Hund spazieren.