Amazon hat vor, die automatische Rückgabe auf E-Book-Käufe zu beschränken, bei denen nicht mehr als 10 Prozent des Buches gelesen wurden.
Bisher konnten Amazon-Kunden E-Books innerhalb von sieben Tagen nach Kauf online auf der Plattform zurückgeben und das völlig unabhängig von der gelesenen Menge. Aktuell wird das Tech-Unternehmen sein Rückgaberecht ändern.
Das heißt, Amazon akzeptiert künftig E-Book-Rückgaben nur noch von Benutzern, die nicht mehr als 10 Prozent des Buchs gelesen haben. Die geplante Änderung soll bereits vor Ende des Jahres in Kraft treten. Darauf verwies The Authors Guild in einer Pressemitteilung.
Gegen die bis dato gültige Richtlinie wandten sich The Authors Guild, Amerikas Berufsorganisation für Schriftsteller, und die Society of Authors, die britische Gewerkschaft für Schriftsteller, Illustratoren und Literaturübersetzer. Als Argument führten sie an, dass Autoren, die E-Books bei Amazon selbst veröffentlichen, durch Retouren geschädigt werden. Lizenzgebühren und eine digitale Liefergebühr, die Amazon dem Autor in Rechnung stellt, erhalten die Autoren nicht zurück, wenn ein Kunde einen Buchkauf storniert. Nun hat Amazon auf den Protest reagiert. Künftig will man automatische Rückgaben auf E-Book-Käufe beschränken, bei denen Käufer nicht mehr als 10 Prozent des Buches gelesen haben.
Missbrauch von Kindle-Rückgaberichtlinie verantwortlich für Geldeinbußen
Gemäß der Kindle-Rückgaberichtlinie von Amazon konnten E-Book-Käufer bisher „eine versehentliche Buchbestellung innerhalb von sieben Tagen stornieren“. Während versehentliche Käufe durchaus vorkommen können, gaben mehrere Autoren an, dass aktuell vermehrt Bücherfreunde ein Buch innerhalb dieser Zeit vollständig lesen, bevor sie es an Amazon zurückgeben. Die Kunden erhalten ihr Geld zurück, aber den Autoren wird eine Gebühr von Amazon dafür in Rechnung gestellt. Weil E-Book-Käufer auf Amazon komplett gelesene Bücher zurückgegeben haben, schuldete die Autorin Lissa Kessler der Plattform am Monatsende sogar noch Geld. Mit dieser Eröffnung sorgte sie online für Gesprächsstoff.
Autoren prangern Kindle-Rückgaberichtlinie an
Neben zahlreichen anderen Autoren, fordert auch Lissa Kessler von Amazon eine Änderung der Kindle-Rückgaberichtlinie. Mit ihrem Tweet von Anfang Juni erinnerte die Autorin ihre Leser daran, dass Amazon keine Bibliothek sei. Kessler löste damit eine kontroverse Debatte aus.
Mit bisher 25.938 Retweets und 134.041 „Gefällt mir“-Angaben ging der Tweet viral. Lissa Kessler verdeutlichte in einem Interview mit BuzzFeed:
“Wenn ein E-Book zurückgegeben wird, werden die Lizenzgebühren aus dem Verkauf vom Amazon-Konto des Autors abgezogen. Aber das ist nicht der einzige Preis für Autoren. Es gibt auch eine digitale Liefergebühr, die Amazon dem Autor in Rechnung stellt, und wir erhalten diese nicht zurück, wenn ein Buch zurückgegeben wird.“
Amazon-Rückgabetrend zurückzuführen auf TikTok-Post?
Laut Lissa Kessler hätten die Leser ihrer E-Books diese erst nach der Lektüre zurückgegeben. Für sie bedeutete die Tatsache, dass sie die Rückgaben aus eigener Tasche bezahlen musste. Andere Autoren mischten sich mit ihren eigenen Erfahrungen ein. Die Autorin K. Bromberg wies beispielsweise darauf hin, das vermutlich dieser neue Trend auf TikTok zurückzuführen sei. Konkret traf sich die Buch-Community von TikTok auf BookTok.
Dort tauchten Meinungen auf, die darauf hinwiesen: „Es ist in Ordnung, E-Books zurückzugeben“. In Diskussionen ging es darum, ob die Rückgabe eines gelesenen Buches Diebstahl ist oder nicht. Ob es falsch sei, einen Roman zu lesen, ihn nicht zu mögen und ihn zurückzugeben. Oder ob bestimmte E-Book-Freunde diese Kindle-Rückgaberichtlinie ausnutzen und in Amazon eine Bibliothek sehen. Die Standpunkte darüber gingen auch auf TikTok auseinander.
Die Autoren behaupten, dass die Leser die Kindle-Rückgaberichtlinie missbrauchen, indem sie das Buch in diesen sieben Tagen vollständig lesen und es dann zurückgeben. Kessler teilte mit, dass sie von Hunderten von Autoren gehört hat, die von diesem TikTok-Trend betroffen seien.
Als Fazit schloss sich Lissa Kessler einer Petition auf Change.org an, die Amazon auffordert, Kunden die Rückgabe bereits gelesener E-Books zu verbieten. In einem Appell bringen die Unterzeichner ihren Unmut zum Ausdruck.
Authors Guild führte an, das Ziel sei es, eine Abschreckung für Menschen zu schaffen, die die aktuelle Politik von Amazon missbrauchen. Mit einer Änderung der Kindle-Rückgaberichtlinie wolle man verhindern, dass Menschen den E-Book-Marktplatz von Amazon als Ersatzbibliothek behandeln.
Aktualisierte Amazon-Rückgaberichtlinie zum Vorteil für Autoren
Amazon reagierte bezüglich dieser heftigen Kritik zügig. Gespräche von The Authors Guild und Society of Authors mit dem leitenden Führungsteam von Amazon über die Richtlinie der Plattform waren infolge zielführend. Demgemäß müssen demnächst Kunden, die ein Buch zurückgeben möchten, von dem sie mehr als 10 Prozent gelesen haben, eine spezielle Anfrage an einen Kundendienstmitarbeiter richten. Diese Anfrage wird dann einem Überprüfungsprozess unterzogen. Mittels jenem langwierigen und lästigen Prozess will man Retouren dieser Art künftig unterbinden. The Authors Guild zeigt sich mit dieser Lösung zufrieden. In einer Pressemitteilung führen die Autoren auf:
„Dieser Prozess wird eine starke Abschreckung gegen den Kauf, das Lesen und die Rückgabe von E-Books innerhalb von sieben Tagen schaffen. Leser, die versuchen, die Rückgaberichtlinie zu missbrauchen, werden gemäß den Richtlinien von Amazon bestraft.“