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Hikvision-Software: Chinesische Polizei nutzt Tracking-Funktion

Die Polizei kann Proteste in China verfolgen, indem sie "Alarme" in der Software des Videoüberwachungs-Anbieters Hikvision aktiviert.

The Guardian berichtete, dass Hikvision, ein großer chinesischer Kamera- und Überwachungshersteller, weitere Tools zur Unterstützung seiner Software eingerichtet habe. Unter Nutzung einer Softwareplattform von Hikvision könne die chinesische Polizei Protestaktivitäten der Bevölkerung verfolgen.

Polizei in China nutzt Hikvision-Software zur Verfolgung von Demonstranten

Auflistungen solcher Aktionen, die unter „Alarme“ aufgeführt sind, umfassen dabei „Ansammlung von Menschenmengen, um die Ordnung an öffentlichen Orten zu stören“, „rechtswidrige Versammlungen, Prozessionen, Demonstrationen“ und Drohungen mit „Petitionen“.

Diese Aktivitäten sind in den technischen Dokumenten auf der Website von Hikvision ersichtlich. Man führt sie neben Vergehen wie „Glücksspiel“ oder störenden Ereignissen wie „Feuergefahr“ auf. The Guardian berichtete, dass sie die Forschungsgruppe für die Sicherheits- und Überwachungsbranche, Internet Protocol Video Market (IPVM), auf das Vorhandensein solcher neuen Funktionen hinwies.

Nach Angaben der Website von Hikvision fielen in die Rubrik der „Alarme“ zudem noch „Religion“ und „Falun Gong“. Letzteres ist eine spirituelle Bewegung, die in China verboten ist. Die chinesische Regierung stufte sie als Sekte ein. Nachdem jedoch IPVM das Unternehmen kontaktierte, verschwanden die beiden Zuordnungsbegriffe plötzlich und ohne Erklärung von deren Website.

Diese jüngsten Bestrebungen hinsichtlich einer zusätzlichen Videoüberwachung kommen einen Monat, nachdem in ganz China Massenproteste gegen die Null-Covid-Politik des Landes ausgebrochen waren. Obwohl die Demonstrationen dazu führten, dass die Regierung die Beschränkungen lockerte, erhielten gemäß The Guardian zahlreiche Demonstranten später Anrufe von der Polizei.

Sozialkredit-System
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Myanmar: Bevölkerungs-Überwachung mittels Hikvision-Software

Erst im Juli letzten Jahres berichteten wir davon, dass auch Myanmar u.a. auf Hikvision-Technologie im Rahmen ihres Safe-City-Projektes setzt. Diesbezüglich wollte die Militärregierung des Landes Überwachungskameras und Gesichtserkennungstechnologie zur “Aufrechterhaltung der Sicherheit und für die Wahrung des inneren Friedens” einsetzen. Dafür startete sie Ausschreibungen zur Beschaffung und Installation von Kameras zur Umsetzung ihrer Pläne.

Mit dem Projekt vertraute Insider befürchten, dass die neuen Überwachungspläne dazu benutzt werden könnten,

“gegen Aktivisten und Widerstandsgruppen vorzugehen, die beide von der Junta nach ihrem Putsch als Terroristen bezeichnet wurden”.

Ebnet neues KI-Gesetz auch in der EU Weg für biometrische Massenüberwachung im öffentlichen Raum?

Noch im Dezember letzten Jahres haben sich die Telekommunikations-Minister der 27 EU-Mitgliedstaaten auf einen gemeinsamen Standpunkt zum künftigen AI Act geeinigt. Laut der Einschätzung des Europaabgeordneten der Piratenpartei, Dr. Patrick Breyer, wollen EU-Regierungen mit dem KI-Gesetz den „Weg für biometrische Massenüberwachung im öffentlichen Raum bereiten“. Breyer führte dazu auf seinem Blog aus:

“Die heute angenommene Position würde eine dystopische Zukunft der biometrischen Massenüberwachung in Europa ermöglichen, in der jeder von uns potenziell einer ständigen Identifizierung ausgesetzt ist, sein Verhalten überwacht und seine Emotionen im öffentlichen Raum analysiert werden würden.

Sie würde den permanenten und allgegenwärtigen Einsatz von Gesichtserkennungstechnologie rechtfertigen, um nach Tausenden von “Opfern”, “Bedrohungen” und Verdächtigen von “schweren Verbrechen” zu suchen, die zu jedem Zeitpunkt zur Fahndung ausgeschrieben sind. Wir dürfen keine Kultur des Misstrauens normalisieren und uns nicht an die Seite autoritärer Regimes stellen, die KI zur Unterdrückung der Zivilgesellschaft, zum Social Scoring, zu Menschenrechtsverletzungen und zur Totalüberwachung einsetzen.“

Amnesty International-Kampagne richtet sich gegen Gesichtserkennungs-Technologie-Einsatz

Um solchen Bestrebungen entgegenzuwirken, setzt sich Amnesty International aktuell mit der Kampagne #UnscanMyFace für ein Verbot der Herstellung, des Einsatzes und des Exports von Gesichtserkennungstechnologie in Deutschland, der EU und weltweit ein.

amnesty international

Amnesty International bringt zum Ausdruck, dass Gesichtserkennung im öffentlichen Raum eine Reihe von Menschenrechten verletzt. Davon betroffen sind die Privatsphäre genauso, wie die Meinungs- und Versammlungsfreiheit oder das Recht auf Nichtdiskriminierung.

Die international bekannte Nichtregierungsorganisation weist dabei auch auf die Dringlichkeit hin:

„Gerade jetzt wird in Brüssel ein neues Gesetz verhandelt, das über den Einsatz dieser gefährlichen Technologie entscheidet. Schicke eine E-Mail an die deutschen Abgeordneten im Europaparlament und fordere sie auf, Gesichtserkennung zu verbieten!

Besucher der Website sind dazu angehalten, einem veröffentlichten Appell an die EU-Abgeordneten beizupflichten. Zudem ging von Amnesty International ein offener Brief an die deutsche Bundesregierung. Darin erging die Aufforderung, sich „Jetzt für Verbot von Gesichtserkennung in der EU einsetzen!“

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.