Die Bundesregierung will übermorgen eine umfassende Identifikationspflicht für den Verkauf von Prepaid-SIM-Karten einführen, wie netzpolitik.org berichtet.
Die Bundesregierung will übermorgen eine umfassende Identifikationspflicht für den Verkauf von Prepaid-SIM-Karten einführen, wie netzpolitik.org berichtet. Künftig muss man beim Verkauf mithilfe der Ausweispapiere zwingend überprüfen, ob die Angaben der Käufer stimmen. Bisher waren die Händler dazu nicht verpflichtet.
Momentan ist es zwar gesetzlich vorgeschrieben, dass neben den Vertrags-SIM-Karten auch die Prepaid-SIM-Karten auf den Namen des Käufers registriert sind. Allerdings schreibt das Gesetz den Händlern bislang nicht vor, dass die Verkäufer die Nutzer-Daten auf ihre Richtigkeit überprüfen müssen.
So ist es momentan noch möglich, irgendwelche Daten (Name und Anschrift) einer fremden Person anzugeben, um die eigene Identität zu verschleiern. Als Begründung für das geplante Anti-Terror-Paket wurden die Terroranschläge in Brüssel und Paris angegeben. Laut einer Untersuchung der EU-Kommission hilft allerdings die erzwungene Registrierung der SIM-Karten-Nutzer nicht gegen den Terror oder andere schwere Straftaten.
Prepaid-SIM-Karten: War es das?
Auf Anfrage teilte das Innenministerium den Kollegen von netzpolitik.org mit, dass am 22.05. „mit den geplanten Regelungen (…) die Verständigung im Koalitionsausschuss vom 13. April umgesetzt werden (soll).“ Über den weiteren Fortgang habe man noch nicht abschließend entschieden.
Der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) glaubt nur an eine Wirksamkeit der neuen Gesetze, sofern man diese international oder zumindest auf europäischer Ebene verabschiedet. „Die Bezugsmöglichkeiten für Millionen Kunden würden eingeschränkt und die Kosten für die Verbraucher deutlich erhöht.“ Die Sicherheitslage würde sich dadurch kaum ändern. Auch bemängelt der VATM die mangelnde Klärung der datenschutzrechtlichen Fragen, die mit der Einführung der neuen Identitätskontrolle einhergehen. Eine Abstimmung mit den zuständigen Datenschutzbeauftragten sei unbedingt erforderlich. „Gesetzgeberische Schnellschüsse sollten bei diesem technisch wie rechtlich sensiblen Thema unbedingt unterbleiben.“
Kommentar:
Wer über die nötige kriminelle Energie verfügt und weiterhin anonym telefonieren will, wird beim Kauf einfach einen gefälschten Ausweis/Pass vorlegen, sich die Karten im Ausland besorgen oder aber gestohlene Prepaid-SIM-Karten benutzen. Die neuen Gesetze dürften den illegalen Foren der Cyberkriminellen überdies ein neues Tätigkeitsfeld bescheren oder dieses zumindest erheblich erweitern. Betroffen von der neuen Regelung sind – wie auch bei der Vorratsdatenspeicherung – in erster Linie die rund 80 Millionen Bundesbürgerinnen und Bundesbürger. Betroffen ist erneut nicht der Personenkreis, gegen das sich das Gesetzespaket eigentlich wenden sollte. Terroristen werden sich von derartigen Maßnahmen kaum abhalten lassen. Für sie ist es wirklich kein Problem, sich die SIM-Karten auf Umwegen zu besorgen. Die Geheimdienste werden sich dennoch freuen, weil man damit ein weiteres Schlupfloch in der Gesetzgebung stopfen wird. Damit konnte man die Überwachung der eigenen Person zwar nicht verhindern aber zumindest erschweren.
Fest steht auch: Legale Projekte wie das Demohandy oder Online-Tauschbörsen für Prepaid-SIM-Karten mit einem deutschen Impressum werden schon bald der Vergangenheit angehören.
Tarnkappe.info