Gemeinschaftsstandards
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Weniger Zensur: Facebook will neue Gemeinschaftsstandards

Facebook wird Inhalte mit Nachrichtenwert des öffentlichen Interesses zulassen, auch wenn sie gegen ihre "Gemeinschaftsstandards" verstoßen.

Künftig wird Facebook seine eigenen Regeln ändern: Inhalte mit „Nachrichtenwert“ und „hoher Bedeutung für das öffentliche Interesse“ werde fortan weniger streng zensiert. Man werde solche Posts demnächst verstärkt selbst dann zulassen, wenn sie gegen die hauseigenen „Gemeinschaftsstandards“ verstoßen, erklärte das Unternehmen in einem Blogeintrag am 21.10.2016.

Facebook strebt neue Gemeinschaftsstandards an

Vize-Präsident Joel Kaplan schrieb in dem offiziellen Unternehmensblog, dass es eine Lockerung im Hinblick auf Nachrichten und Geschichte geben wird. Demnach sollen relevante Themen für die nationalen und internationalen Nachrichten sowie historisches Material gesichtet werden. Gemeint sind Inhalte des öffentlichen Interesses. Facebook kündigt damit gleichzeitig eine Überarbeitung der Gemeinschaftsstandards, die als Vorgabe für die Löschung von Beiträgen gelten, an.

Anlass für diese Entscheidung dürfte ein Foto gewesen sein, das Facebook im September gelöscht hat. Dabei handelte es sich um eine Aufnahme des norwegischen Journalisten Nick Ut, die unter dem Namen „Napalm Girl“ bekannt ist. Der Norwegische Autor Tom Egeland hatte es als eines von sieben Fotos beschrieben, die das Bild vom Krieg verändert haben. Darauf zu sehen ist die 9-jährige Kim Phuc, sie flüchtet vor Napalmangriffen während des Vietnamkriegs. Allerdings ist sie völlig nackt darauf. Und Nacktheit verstößt gegen die Regeln von Facebook. Facebook sperrte erst das Bild bei Tom Egeland, dann bei der norwegischen Zeitung Aftenposten und schließlich bei der norwegischen Ministerpräsidentin. Erst nach einem größeren öffentlichen Protest machte Facebook das Foto wieder zugänglich.

Nackte Haut bei Facebook verboten

Zusätzlich sorgte vor einigen Tagen ein provokanter Vergleich der Gemeinschaftsstandards von Facebook für Aufsehen. Parolen der in den Nachrichten thematisierten Reichsbürgern hat Facebook toleriert, da sie den Richtlinien des sozialen Netzwerks entsprächen. Ein Aufklärungsvideo zu Brustkrebs hat man jedoch umgehend gelöscht, da es nackte Haut zeigte.

Zeit also, etwas zu ändern, meint Facebook. Sie schreiben in ihrem Blog. „In den kommenden Wochen werden wir damit beginnen, mehr Elemente zugänglich zu machen, die von Nachrichtenwert und hoher Bedeutung für das öffentliche Interesse sind – auch wenn sie sonst unsere Standards verletzen könnten.

Wir werden mit Partnern zusammenarbeiten, um genau zu erforschen, wie dies umzusetzen wäre und dabei neue Werkzeuge und Ansätze zur Durchsetzung finden. Unsere Absicht ist es, mehr Bilder und Geschichten zu ermöglichen. […] Wie immer ist es unser Ziel, die Werte unserer Gemeinschaft zu kanalisieren und sicherzustellen, dass unsere Politik die Interessen unserer Gemeinschaft widerspiegelt. Wir freuen uns auf die enge Zusammenarbeit mit Experten, Verlagen, Journalisten, Fotografen, Strafverfolgungsbeamten und Sicherheitsbefürwortern, die Wege zur Verbesserung aufzeigen können.“

Fazit

Facebook betont in seinem Blogeintrag, wie schwer die Entwicklung von Regeln für ein globales Publikum seien. „Nachrichtenwert und historische Bedeutung sind hochgradig subjektiv. Bilder von Nacktheit und Gewalt können in einem Teil der Welt akzeptabel sein. In einem anderen aber anstößig oder sogar illegal.“

Dennoch ist es das aktuelle Ziel von Facebook durch „neue Werkzeuge und Ansätze“ mehr Bilder und Artikel zuzulassen, aber gleichzeitig sicherzustellen, das Jugendliche sowie sensible Nutzer keine „drastischen Inhalte“ zu sehen bekommen – sicher ein lobenswerter Ansatz und keine leicht umzusetzende Aufgabe.

Tarnkappe.info

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.