Lügendetektor
Lügendetektor

Lügendetektor ist die Zukunft der europäischen Grenzsicherheit

Forscher glauben, dass ein virtueller Lügendetektor die Zukunft der Grenzsicherheit repräsentiert. Die EU hat schon 4,5 Mio. Euro investiert.

Forscher der Manchester Metropolitan University glauben, dass ein virtueller Lügendetektor die Zukunft der Grenzsicherheit repräsentieren könnte. Ein EU-Forschungsprogramm hat schon rund 4,5 Millionen Euro in das Projekt gepumpt. Mit dabei, dass griechische Zentrum für Sicherheitsstudien, die deutsche Leibniz Universität Hannover und Technologie und Sicherheitsunternehmen wie BioSec in Ungarn, Everis in Spanien und JAS technologie in Polen.

Silent Talker: der stille Gesprächspartner

Sie nennen ihn schlicht „the Silent Talker“ (den stillen Gesprächspartner). Der „Silent Talker“ ist ein virtueller Polizist, der die Grenzen Europas stärken soll, indem er Reisende einem Lügendetektortest unterzieht.

Vor ihrer Ankunft am Flughafen melden sie sich mit ihrem eigenen Computer auf einer Website an, laden ein Bild ihres Passes hoch. Danach werden sie von einem Avatar eines braunhaarigen Mannes in marineblauer Uniform begrüßt.

Wie effektiv kann ein elektronischer Lügendetektor sein?

Wie ist Ihr Nachname?“, fragt der Avatar. „Welche Staatsbürgerschaft haben Sie, was ist der Zweck Ihrer Reise?“. Sie geben ihre Antworten auf diese und andere Fragen mündlich ab. Der virtuelle Polizist nutzt dann ihre Webcam, um ihre Gesichts- und Augenbewegungen nach Anzeichen von Lügen zu durchsuchen.

Am Ende des „Interviews“ stellt den Reisewilligen das System einen QR-Code zur Verfügung. Diesen QR-Code müssen sie dann bei ihrer Ankunft an der Grenze einem Beamten zeigen. Der Sicherheitsbeamte scannt dann den Code mit einem tragbaren Tablet-PC, nimmt ihre Fingerabdrücke und überprüft das von „Silent Talker“ zuvor aufgenommene Gesichtsbild.

Der Sicherheitsbeamte sieht dann auf seinem Tablet-PC, ob das vom „Silent Talker“ aufgenommene Bild mit dem im Pass übereinstimmt. Auch das Ergebnis vom Lügendetektor-Test bekommt der Grenzbeamte auf seinem tragbaren Computer angezeigt. Auf dem Tablett des Grenzbeamten wird eine Punktzahl von 0 bis 100 angezeigt. Dies unterscheidet, ob die Reisenden den Lügendetektor-Test bestanden haben oder nicht. Wurde der Test nicht bestanden, kann es gut sein, dass man sie freundlich bittet, dem Beamten zu weiteren Befragungen in ein Zimmer zu folgen.

Reisende, die als gefährlich eingestuft werden, kann die Einreise verweigert werden. Ob und wie sehr der Lügendetektor-Test dabei die Ergebnisse der Prüfung beeinflusst, ist derzeit aber noch unklar.

Die Zukunft der Grenzsicherheit?

Der „Silent Talker“ ist das Ergebnis eines Projekts namens iBorderCtrl. An diesem Projekt, sind derzeit Sicherheitsbehörden in Ungarn, Lettland und Griechenland beteiligt. Derzeit ist der Lügendetektor-Test noch freiwillig und befindet sich derzeit in der Testphase. Das Pilotprojekt soll aber schon diesen August enden. Sollte iBorderCtrl ein Erfolg werden, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass auch andere Länder der Europäischen Union dieses System künftig einsetzen werden.

Das Lügendetektor System von IBorderCtrl wird in England von Forschern der Manchester Metropolitan University entwickelt. Die Forscher sagen, dass die Technologie „Mikrogesten“ erkennen kann, während die Personen Fragen auf ihrem Computer beantworten. Zusätzlich werden ihr Gesichtsausdruck, Blick und ihre Haltung analysiert.

Ein EU-Forschungsprogramm hat schon rund 4,5 Millionen Euro in das Projekt investiert. Mit dabei, das griechische Zentrum für Sicherheitsstudien, die deutsche Leibniz Universität Hannover und Technologie und Sicherheitsunternehmen wie BioSec in Ungarn, Everis in Spanien und JAS in Polen.

Zukunftsweisende Technik oder teure Pseudowissenschaft?

Einige Wissenschaftler stellen jedoch bereits den Nutzen des Systems infrage. Ein Professor für Kriminalistik an der University of Derby, hat die britische Polizei bei der Durchführung von Vernehmungen unterstützt. Spezialisiert auf Methoden zur Erkennung von Täuschungen, ist Professor Ray Bull überzeugt, dass so ein System nie zuverlässig funktionieren wird.

Es gebe derzeit keine Beweise dafür, dass die Erkennung von Mikrogesten eine genaue Methode zur Erkennung von Lügen sei. „Sie täuschen sich selbst, indem sie denken, dass es jemals im Wesentlichen effektiv sein wird, und sie verschwenden viel Geld“, sagte Bull. „Die Technologie basiert auf einem grundlegenden Missverständnis dessen, was Menschen tun, wenn sie ehrlich sind, oder lügen.“ Man investiert also offenbar mal wieder viel Geld in Pseudowissenschaften, deren reeller Nutzen mehr als fragwürdig ist. Man patentierte das System schon Anfang 2002. Der Name und das Projekt „Silent Talker“ hingegen existieren seit Beginn 2006.

Beitragsbild Phil Botha, thx! (unsplash licence)

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