Russland vs. USA: Im Frühjahr 2021 nahm die Eskalation ihren Lauf. Google weigert sich standhaft, russische Propaganda bei YouTube zuzulassen
Ring frei für den nächsten Level im Kräftemessen Russland vs. USA, oder was ist da eigentlich los? Fakt ist, das Theater fing schon vor mehreren Jahren an. Alphabet hat sich mit den Tochterfirmen Google als auch YouTube schon vor längerer Zeit aus Russland zurückgezogen. Von daher hatte man eh nicht mehr viel aufgrund irgendwelcher Gerichtsurteile zu verlieren. Wie es aussieht, ließ der US-Konzern es einfach mal darauf ankommen. In der Folge entstanden Verbindlichkeiten, die eine Höhe erreichten, die selbst Google nicht mehr bezahlen kann. Außerdem legte man im Urteil fest, dass sich die Höhe der Strafe jede Woche verdoppelt. So und nicht anders erklärt sich die Summe, die jetzt angeblich fällig sein soll.
Die Chefredaktion kommentiert das Kräftemessen diesmal nicht alleine. Wir telefonierten gestern zahlreiche Politiker in Berlin durch, ob jemand bereit ist, uns dazu einen zitierfähigen Dreizeiler zu spendieren. Doch dazu später mehr.
Russland kickt Google raus: die irrwitzig hohe Schadenssumme kam nicht über Nacht!
Ganz am Anfang standen die Klagen mehrerer russischer Medienhäuser, die sich bis heute benachteiligt fühlen. Ihre Chefs bemerkten, dass man ihre Kanäle auf YouTube blockiert. Die Google-Tochter YouTube tat dies mit Hinweis auf prorussische Kriegspropaganda, die die Videoplattform nicht tolerieren wollte. Oder folgten sie damit möglicherweise einer „dezent“ platzierten Anweisung einer US-Behörde, dass man den Desinformationskrieg auf diese Weise innerhalb Russlands beenden soll? Wer weiß schon, was wirklich hinter den Kulissen passiert ist.
Betroffen von der Sperre innerhalb Russlands war unter anderem der YouTube-Kanal vom Medienhaus „One Russia“. Dazu gesellte sich das EU-weit per Web-Sperre blockierte „Russia Today“ (RT). Die ersten in Moskau verhängten Geldstrafen vor Gericht fielen dennoch vergleichsweise gering aus, wie Spiegel Online berichtet. Doch natürlich forderte das Putin-Regime über die von ihnen kontrollierten Gerichte, YouTube müsse ihre Kriegspropaganda wieder freischalten. Kein Wunder. Putins Regierung hatte bei der Invasion der Ukraine bekanntlich nicht nur Waffen, sondern auch die Staatsmedien sprechen lassen, das ist bis heute so. Dementsprechend traten spätere „technische Probleme“ von YouTube und anderen Google-Diensten innerhalb Russlands auch wenig überraschend auf, wie Reuters im August dieses Jahres berichtete. Jede Seite tut halt, was sie in ihrem jeweils gerechten Krieg für das Richtige hält.
Doch um es kurz zu machen: Das Ganze eskaliert seit drei Jahren fröhlich, still und leise von Woche zu Woche vor sich hin. Und aufgrund der wöchentlichen Verdopplung der eh schon gigantischen Geldstrafe, kam man dann kürzlich bei 20 Quantilliarden US-Dollar an. „What the fuck„, dachte sich unser Redakteur Sunny, als er die Schlagzeile bei den Kollegen vom Register sah. Das kann ja wohl nicht wahr sein, doch der erste April ist schon lange vorbei.
20.000.000.000.000.000.000.000.000.000.000.000 US-Dollar: Hat jemand schon einmal so viele Nullen hinter einander gesehen?
Wir haben sie dann gesucht, teils nicht gefunden oder gar nicht erst erreicht. Gemeint sind die netzpolitischen Sprecher aller Parteien, die derzeit im Bundestag vertreten sind. Bei Konstantin von Notz hatten wir die Frist versehentlich zu kurz gesetzt. Die Mitarbeiter der netten Bundestagsabgeordneten von der FDP, SPD, CDU/CSU und BSW reagierten gar nicht erst auf unsere Anfrage. Telefonisch war auch niemand erreichbar. Entweder man nahm den Hörer nicht ab, rief auch nicht zurück. Oder aber es ertönte per Anrufbeantworter der Hinweis, man solle sich wegen der schlechten Erreichbarkeit lieber per Kontaktformular oder E-Mail an das jeweilige Büro wenden.
Bei der Digitalpolitikerin von der Fraktion der Linken klappte es leider nicht mit dem Zeitplan gestern. Dafür hat uns der wissenschaftliche Mitarbeiter jetzt auf dem Schirm. Nun, was noch nicht ist, kann ja noch werden. Wäre ja nicht das erste Mal, dass wir Themen aufgreifen, die zwar von Politikern kommen, uns aber interessant erscheinen.
Russland kickt Google raus: Die Schnitzeljagd nach einem O.-Ton aus Berlin
Da wir uns grundsätzlich für eine möglichst ausgeglichene und neutrale Berichterstattung einsetzen, haben wir uns nach reiflicher Überlegung dazu entschlossen, doch auch die AfD zu kontaktieren. Ein Anruf später bei Klaus Baumdick, der in seiner Partei gut vernetzt ist, hatten wir den Pädagogen Norbert Kleinwächter höchst selbst am Telefon. Kurze Zeit später trudelte dann tatsächlich die erste und leider auch einzige Einordnung eines Bundestagsabgeordneten bei uns ein. Dabei ist Kleinwächter gar kein Spezialist für den Schwerpunkt Digital- bzw. Netzpolitik. So jemanden gibt es bei der AfD momentan gar nicht, wie es aussieht.
Der aus Bayern stammende Pädagoge Kleinwächter kommentiert das Moskauer Drama wie folgt:
Russland vs. USA: Höhepunkt der Auseinandersetzung ist hoffentlich schon erreicht
„Nachdem es bereits früher mehrere Verurteilungen gegen Russland gegeben hatte, wurde jetzt eine Klimax in der Auseinandersetzung erreicht: Russland verurteilte Google zu einer Strafzahlung, die weit höher ist als die Menge des weltweit existierenden Geldes.
Ein Krieg der Supermächte auf vielen unterschiedlichen Ebenen
Es ist ein politisches Urteil, das einerseits die US-Firma Alphabet aus Russland verdrängen möchte, auf der anderen Seite aber auch zeigt, wie tief wir bereits in einem neuen Kalten Krieg stecken, der auf Wirtschaftsebene mit voller Härte ausgefochten wird. Google wurde ja nicht wegen der Löschung eines Kanals so hoch bestraft, sondern weil es nie mehr wirtschaftlich in Russland arbeiten können soll. Die hohe Strafe gegen einen Westkonzern ist sicherlich auch eine Antwort auf das Einfrieren russischer Zentralbankreserven durch die Europäische Union und andere Sanktionen, die vornehmlich westliche Staaten gegen Russland ausgesprochen haben.
Russland kickt Google raus: Die Zeit ist überreif für eine Deeskalation
Der Vorfall zeigt, wie nötig es ist, endlich zu deeskalieren. Niemand profitiert von einer gegenseitigen Abschottung und ruinösen Vorgängen. Daher stehen wir als AfD weiterhin nachdrücklich für eine diplomatische Lösung des Ukraine-Kriegs ein, die ein Übergreifen in einen Wirtschaftskrieg verhindert.„
Dem haben wir nichts hinzuzufügen. Stattdessen halten wir weiter Ausschau nach Politikerinnen und Politikern, die auf Bundesebene Kompetenz im Bereich Digitalpolitik besitzen. Ansonsten auf Landesebene oder bei einer der Jugendorganisationen der Parteien, wenn gar nichts anderes mehr geht. ;-) Wer Ideen hat, her damit, schreibt sie als Kommentar in unserem Forum rein, danke!
Wir sind, wie gesagt, für alle als derzeit als demokratisch geltenden Parteien offen. Davon abgesehen dürfte die Suche nach weiteren guten Gesprächspartnern mühsam ausfallen. Wir haben heute weitergehend unsere Fühler ausgestreckt und halten euch natürlich auf dem Laufenden!