Mit einer Berufungsverhandlung wurde das Auslieferungsverfahren gegen Julian Assange vor dem britischen High Court wieder aufgenommen.
Eine aktuelle Anhörung befasste sich mit einer Berufung der USA gegen eine Entscheidung eines britischen Gerichts im Januar, Julian Assange nicht auszuliefern. Anwälte der Vereinigten Staaten argumentierten, dass Bedenken hinsichtlich seiner psychischen Gesundheit ihn nicht davon abhalten sollten, vor einem amerikanischen Gericht zu erscheinen, berichtet TheNewYorkTimes.
Bei Auslieferung in die USA droht Julian Assange lebenslange Haft
Im Falle einer Auslieferung, könnte der 50-jährige Julian Assange vor ein US-Gericht gestellt werden. Er sieht sich dem Vorwurf der US-Justiz ausgesetzt, eine Vielzahl geheimer Dokumente geleakt zu haben. Man wirft ihm vor, er hätte der Whistleblowerin Chelsea Manning geholfen, geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan zu veröffentlichen.
In den USA droht ihm dementsprechend ein Strafverfahren. Gemäß dem Antispionagegesetz von 1917 würde das, bei einer Verurteilung in allen 18 Anklagepunkten, in einer lebenslangen Haftstrafe müden. Nach aktuellem Stand kommen 175 Jahre zusammen. Julian Assange dementiert die Vorwürfe allerdings. Durch die Wikileaks-Enthüllungen wurden auch Kriegsverbrechen durch amerikanische Soldaten aufgedeckt.
Julian Assange: Nach Botschaftsaufenthalt in Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh
Der WikiLeaks-Gründer wird nun schon seit zweieinhalb Jahren im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh festgehalten. Zuvor lebte der gebürtige Australier seit Juni 2012 in der ecuadorianischen Botschaft in London, seinem selbstgewählten Exil. Durch den Botschaftsaufenthalt wollte er einer Festnahme und der von ihm befürchteten Auslieferung an die USA entgehen.
Den Vorwurf bezüglich der Vergewaltigung mehrerer Frauen in Schweden hat die dortige Staatsanwaltschaft inzwischen eingestellt. Vor seiner Festnahme entzog die Regierung Ecuadors Assange das diplomatische Asyl, mit der Begründung, er habe gegen Regeln verstoßen. Britische Polizeieinheiten drangen daraufhin in die ecuadorianische Botschaft ein, um den Wikileaks-Mitgründer zu verhaften. Assange sitzt in Haft, weil er sich durch seine Flucht in die Londoner Botschaft der Haftstrafe wegen Verletzung der Kautionsauflagen entzogen hat. Er wurde zu einem knappen Jahr Gefängnis verurteilt.
Im Januar entschied ein britisches Gericht, dass Assange nicht ausgeliefert werden darf. Richterin Vanessa Baraitser verwies in der Entscheidung unter anderem auf seine verminderte psychische Gesundheit und sein Selbstmordrisiko. Auch sehe sie in einer Isolationshaft in den USA ein „bedrückendes“ Argument gegen die Auslieferung.
Jedoch legte die US-Regierung Berufung in einer zweitägigen Anhörung vor dem britischen High Court gegen das Urteil ein. Damit verlängerten sie einen internationalen Rechtsstreit, der bereits seit fast einem Jahrzehnt fortdauert.
Staatsanwälte der Vereinigten Staaten machen Zusicherungen zur Berufungsverhandlung
Während der am 27. Oktober beginnenden Berufungsverhandlung argumentierten dabei die Staatsanwälte der Vereinigten Staaten, sie hätten zugesichert, dass Herr Assange nicht in strikte Isolationshaft käme. Zudem könne er seine Strafe in Australien, seinem Heimatland, absitzen. Ferner sagten sie zu, dass er eine klinische und psychologische Behandlung erhalte und nicht im Hochsicherheitsgefängnis ADX Florence untergebracht würde.
Des Weiteren wiesen die Anwälte darauf hin, dass die Gesundheitsprobleme von Assange nicht so schwerwiegend seien, wie Assanges Anwaltsteam bei der ersten Anhörung über die Auslieferung behauptet hätten. James Lewis QC teilte dem Gericht mit, dass Assanges Psychiater im vorangegangenen Verfahren Assanges Beziehung zu Stella Moris nicht offengelegt habe. So hätte der Gutachter verschwiegen, dass Assange nach seiner Flucht in die ecuadorianische Botschaft in London mit seiner Verlobten Stella Morris zwei Söhne gezeugt habe. Die Verantwortung für seine Kinder würde das Suizidrisiko mutmaßlich reduzieren.
Assanges Rechtsteam hegt Zweifel an Zusagen
Zu Beginn des Verfahrens am Mittwochmorgen nahm Assange aus gesundheitlichen Gründen nicht daran teil, teilte sein Rechtsteam mit. Später erschien er über einen Videostream aus dem Gefängnis.
Als Vertreter von Assange hielt Edward Fitzgerald QC entgegen, dass aus einer, im September veröffentlichten Untersuchung von Yahoo News bekannt wurde, dass die CIA geplant hatte, Herrn Assange während der Trump-Administration zu entführen oder zu töten. Er äußerte weiterhin Befürchtungen, dass man Julian Assange harten Haftbedingungen aussetzen würde. Ferner sehen sie ein Hindernis bezüglich der USA-Auslieferung hinsichtlich seines psychischen Zustands. Sein Selbstmordrisiko sei nach wie vor beträchtlich.
Angesichts der Gefahr ständiger Überwachung der ecuadorianischen Botschaft, habe Assanges Psychiater Stella Moris‘ Beziehung zu Assange aus Sicherheitsgründen vorenthalten, argumentierte Fitzgerald vor Gericht. Er betonte, Australien habe noch nicht zugestimmt, Assange im Falle einer Verurteilung aufzunehmen. Fitzgerald sagte voraus, dass Assange „sobald er in Amerika ankommt“ in Einzelhaft kommen würde.
In einer Pressekonferenz Anfang dieser Woche sagte Moris gegenüber Reportern, dass Assange durch das Verfahren körperlich und seelisch gelitten habe. „Ich habe Julian im Belmarsh-Gefängnis gesehen. Er sah sehr unwohl aus … ich war ziemlich verblüfft, wie dünn er war.“
Assanges Unterstützer heben die Bedeutung des Falls für die globale Pressefreiheit vor. In Bezug auf die Yahoo News-Untersuchung verglich Kristinn Hrafnsson, derzeitige Chefredakteurin von WikiLeaks, die angebliche CIA-Verschwörung mit der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi durch Saudi-Arabien. „Die Absichten sind die gleichen und die Opfer sind die gleichen: Journalisten.“
Tarnkappe.info